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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Larus purs"

der tihti^ Lxtrg,ot ok usee oompsn^ gehörigen Etablissement zu Fray Bentos
125 000 Stück Rindvieh geschlachtet worden sind. Leider ist das Fleischextrakt
zu teuer, um regelmäßig in der Küche des Arbeiters Verwendung finden zu
können; es vermag aber auch das Fleisch nicht zu ersetzen, da ihm bei der Zu¬
bereitung der eigentliche Nährwert, das Eiweiß, ganz entzogen wird. Das
Fleischextrakt ist ein schmackhaftes Genuß- und Würzmittel für die Tafel des
Wohlhabenden, Wenn trotzdem der jährliche Verbrauch in Europa den erheb¬
lichen Wert von 10 Millionen Mark erreicht, wovon 7 Millionen allein auf
das Liebigsche Fleischextrakt fallen, so kann in der Höhe dieser Summe nur
ein erneuter Beweis für die Notwendigkeit überseeischer Fleischzufuhren er¬
kannt werden.

Neben dem Fleischextrakt ist vielfach Büchsenfleisch, dessen Nährwert erheb¬
lich höher steht als der des Fleischextrakts, in den Handel gebracht worden.
Eine ausgedehnte Benutzung desselben für die Volksküche mußte indeß ebenfalls
an der Höhe des Preises, sowie an dem Umstände scheitern, daß die einmal ge¬
öffnete und angebrochene Büchse leicht dem Verderben ausgesetzt ist. Dennoch
hat die Einfuhr von zubereitetem (und frisch geschlachteten) Fleische nach dem
deutschen Reiche sich während des Zeitraums von 1869 bis 1879 von 41054
auf 850 000 Zentner, also um mehr als das zwanzigfache, gehoben.

In bedeutendem Umfange hat man neuerdings lebendes Schlachtvieh von
überseeischen Ländern nach Europa übergeführt, im Jahre 1879 nach England
und Frankreich allein 136 700 Rinder. Selbst bei größter Sorgsamkeit in der
Behandlung und Fütterung erhöht sich aber der Preis des Fleisches durch
einzelne gefallene Tiere und deren allgemeine Abmagerung unverhältnismäßig,
während zugleich infolge der anzuführenden Fourage der Schiffsraum nicht ge¬
hörig ausgenutzt werden kann und damit auch die Frachtkosten sich erheblich
steigern. Von bedeutendem Einflüsse auf die Verwertung überseeischen Fleisches
war es daher, daß es gelang, frisch geschlachtetes Fleisch in abgekühlten Schiffs¬
räumen von eigens zu diesem Zwecke konstruirten Dampfern nach Europa zu
bringen. Fünfundvierzig große Schiffe mit zweiundsiebzig Kühlkammern ver¬
mitteln diesen Handel, der 1879 mehr als 56 Millionen Pfund frisches Fleisch
nach Glasgow geführt hat. Aber schon in diesem Hafenplatze beträgt der Markt¬
preis der mittleren Qualität solchen Fleisches 1 Mark 50 Pfennig für das
Kilogramm, würde also unter Hinzurechnung der erhöhten Transportkosten, des
Zolles und eines Preiszuschlages durch und für die Zwischenhändler den deutschen
Marktdurchschnittspreis nicht unwesentlich übersteigen, sodaß Deutschland die
Ausnutzung dieser Art von Fleischzufuhr dem reicheren Jnsellcmde überlassen muß.

Ist somit der überseeische Fleischüberschuß unserm Vaterlande nur in sehr
geringem Umfange und für die eigentliche Volksernährung eigentlich garnicht
zu Gute gekommen, so soll nun das "patentirte Fleischmehl" nicht nur durch
billigen Preis eine allgemeine Benutzung auch in den einfachsten Haushaltungen


Grenzboten I. 1333. 71
Larus purs»

der tihti^ Lxtrg,ot ok usee oompsn^ gehörigen Etablissement zu Fray Bentos
125 000 Stück Rindvieh geschlachtet worden sind. Leider ist das Fleischextrakt
zu teuer, um regelmäßig in der Küche des Arbeiters Verwendung finden zu
können; es vermag aber auch das Fleisch nicht zu ersetzen, da ihm bei der Zu¬
bereitung der eigentliche Nährwert, das Eiweiß, ganz entzogen wird. Das
Fleischextrakt ist ein schmackhaftes Genuß- und Würzmittel für die Tafel des
Wohlhabenden, Wenn trotzdem der jährliche Verbrauch in Europa den erheb¬
lichen Wert von 10 Millionen Mark erreicht, wovon 7 Millionen allein auf
das Liebigsche Fleischextrakt fallen, so kann in der Höhe dieser Summe nur
ein erneuter Beweis für die Notwendigkeit überseeischer Fleischzufuhren er¬
kannt werden.

Neben dem Fleischextrakt ist vielfach Büchsenfleisch, dessen Nährwert erheb¬
lich höher steht als der des Fleischextrakts, in den Handel gebracht worden.
Eine ausgedehnte Benutzung desselben für die Volksküche mußte indeß ebenfalls
an der Höhe des Preises, sowie an dem Umstände scheitern, daß die einmal ge¬
öffnete und angebrochene Büchse leicht dem Verderben ausgesetzt ist. Dennoch
hat die Einfuhr von zubereitetem (und frisch geschlachteten) Fleische nach dem
deutschen Reiche sich während des Zeitraums von 1869 bis 1879 von 41054
auf 850 000 Zentner, also um mehr als das zwanzigfache, gehoben.

In bedeutendem Umfange hat man neuerdings lebendes Schlachtvieh von
überseeischen Ländern nach Europa übergeführt, im Jahre 1879 nach England
und Frankreich allein 136 700 Rinder. Selbst bei größter Sorgsamkeit in der
Behandlung und Fütterung erhöht sich aber der Preis des Fleisches durch
einzelne gefallene Tiere und deren allgemeine Abmagerung unverhältnismäßig,
während zugleich infolge der anzuführenden Fourage der Schiffsraum nicht ge¬
hörig ausgenutzt werden kann und damit auch die Frachtkosten sich erheblich
steigern. Von bedeutendem Einflüsse auf die Verwertung überseeischen Fleisches
war es daher, daß es gelang, frisch geschlachtetes Fleisch in abgekühlten Schiffs¬
räumen von eigens zu diesem Zwecke konstruirten Dampfern nach Europa zu
bringen. Fünfundvierzig große Schiffe mit zweiundsiebzig Kühlkammern ver¬
mitteln diesen Handel, der 1879 mehr als 56 Millionen Pfund frisches Fleisch
nach Glasgow geführt hat. Aber schon in diesem Hafenplatze beträgt der Markt¬
preis der mittleren Qualität solchen Fleisches 1 Mark 50 Pfennig für das
Kilogramm, würde also unter Hinzurechnung der erhöhten Transportkosten, des
Zolles und eines Preiszuschlages durch und für die Zwischenhändler den deutschen
Marktdurchschnittspreis nicht unwesentlich übersteigen, sodaß Deutschland die
Ausnutzung dieser Art von Fleischzufuhr dem reicheren Jnsellcmde überlassen muß.

Ist somit der überseeische Fleischüberschuß unserm Vaterlande nur in sehr
geringem Umfange und für die eigentliche Volksernährung eigentlich garnicht
zu Gute gekommen, so soll nun das „patentirte Fleischmehl" nicht nur durch
billigen Preis eine allgemeine Benutzung auch in den einfachsten Haushaltungen


Grenzboten I. 1333. 71
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[0569] Larus purs» der tihti^ Lxtrg,ot ok usee oompsn^ gehörigen Etablissement zu Fray Bentos 125 000 Stück Rindvieh geschlachtet worden sind. Leider ist das Fleischextrakt zu teuer, um regelmäßig in der Küche des Arbeiters Verwendung finden zu können; es vermag aber auch das Fleisch nicht zu ersetzen, da ihm bei der Zu¬ bereitung der eigentliche Nährwert, das Eiweiß, ganz entzogen wird. Das Fleischextrakt ist ein schmackhaftes Genuß- und Würzmittel für die Tafel des Wohlhabenden, Wenn trotzdem der jährliche Verbrauch in Europa den erheb¬ lichen Wert von 10 Millionen Mark erreicht, wovon 7 Millionen allein auf das Liebigsche Fleischextrakt fallen, so kann in der Höhe dieser Summe nur ein erneuter Beweis für die Notwendigkeit überseeischer Fleischzufuhren er¬ kannt werden. Neben dem Fleischextrakt ist vielfach Büchsenfleisch, dessen Nährwert erheb¬ lich höher steht als der des Fleischextrakts, in den Handel gebracht worden. Eine ausgedehnte Benutzung desselben für die Volksküche mußte indeß ebenfalls an der Höhe des Preises, sowie an dem Umstände scheitern, daß die einmal ge¬ öffnete und angebrochene Büchse leicht dem Verderben ausgesetzt ist. Dennoch hat die Einfuhr von zubereitetem (und frisch geschlachteten) Fleische nach dem deutschen Reiche sich während des Zeitraums von 1869 bis 1879 von 41054 auf 850 000 Zentner, also um mehr als das zwanzigfache, gehoben. In bedeutendem Umfange hat man neuerdings lebendes Schlachtvieh von überseeischen Ländern nach Europa übergeführt, im Jahre 1879 nach England und Frankreich allein 136 700 Rinder. Selbst bei größter Sorgsamkeit in der Behandlung und Fütterung erhöht sich aber der Preis des Fleisches durch einzelne gefallene Tiere und deren allgemeine Abmagerung unverhältnismäßig, während zugleich infolge der anzuführenden Fourage der Schiffsraum nicht ge¬ hörig ausgenutzt werden kann und damit auch die Frachtkosten sich erheblich steigern. Von bedeutendem Einflüsse auf die Verwertung überseeischen Fleisches war es daher, daß es gelang, frisch geschlachtetes Fleisch in abgekühlten Schiffs¬ räumen von eigens zu diesem Zwecke konstruirten Dampfern nach Europa zu bringen. Fünfundvierzig große Schiffe mit zweiundsiebzig Kühlkammern ver¬ mitteln diesen Handel, der 1879 mehr als 56 Millionen Pfund frisches Fleisch nach Glasgow geführt hat. Aber schon in diesem Hafenplatze beträgt der Markt¬ preis der mittleren Qualität solchen Fleisches 1 Mark 50 Pfennig für das Kilogramm, würde also unter Hinzurechnung der erhöhten Transportkosten, des Zolles und eines Preiszuschlages durch und für die Zwischenhändler den deutschen Marktdurchschnittspreis nicht unwesentlich übersteigen, sodaß Deutschland die Ausnutzung dieser Art von Fleischzufuhr dem reicheren Jnsellcmde überlassen muß. Ist somit der überseeische Fleischüberschuß unserm Vaterlande nur in sehr geringem Umfange und für die eigentliche Volksernährung eigentlich garnicht zu Gute gekommen, so soll nun das „patentirte Fleischmehl" nicht nur durch billigen Preis eine allgemeine Benutzung auch in den einfachsten Haushaltungen Grenzboten I. 1333. 71

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/569>, abgerufen am 23.07.2024.