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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Nochmals die Aohlenverlirauchssteuer.

Kohlenfeldern, die heute noch nicht gemuthet (aufgefunden) wurden, und von den
ungeahnten Kohlenablagerungen Amerikas, Asiens und Afrikas.

Ist nun bereits durch verbesserte Maschinen, Kessel in den letzten
zwanzig Jahren sehr viel geschehen, um die Heizwirkung der Kohlen möglichst
auszunutzen, so ist es unzweifelhaft, daß die Konsumenten in ihrem eignen Vor¬
teil sich selbst möglichst billig Dampf schaffen und die verbesserten Einrichtungen
zur Erzeugung von Dampf und Wärme sich zu Nutze machen werden, und
zwar auf viel angenehmere und zweckmäßigere Art, als wenn der Staat bei
jedem Dampf- oder Wärmeerzeuger einen Steuerschutzmann postiren wollte.
Die Art und Weise der von dem Einsender des Kohlensteuerprojekts gedachten
Kontrole würde so wenig durchführbar als gerecht sein, sie würde keine un¬
parteiische Kontrole für Steuerzahlung bilden, ganz davon zu schweigen, daß
die Kontrole selbst pekuniär zu dem erhofften Nutzen zu teuer sein und daher
in gar keinem Verhältnis zu ihm stehen würde.

Sind schon die Kohlen der verschiednen Ablagerungen hinsichtlich ihres
Heizwertes sehr verschieden, so sind andrerseits auch die Kohlen ein und der¬
selben Ablagerungsstelle je nach den verschiednen Flötzen nicht gleichwertig, ja
ein und dasselbe Flötz liefert nicht gleichmäßig gute Kohle. Wer soll hier und
ans welche Art und Weise den durchschnittlichen Heizwert der Kohle feststellen?
Derselbe müßte, streng genommen, von jeder Ladung Kohle besonders ermittelt
werden. Wie hat sich der Einsender die Kontrole des Verbrauchs gedacht?

Nehmen wir beispielsweise an, ein Konsument liege mit seiner Kohlenver¬
brauchsstelle entfernt von der Kohlenproduktionsstelle und erhalte durch die
Steuerbehörde vorgeschrieben, wieviel Dampf oder Wärme er ohne Steuer
unter Zugrundelegung des Kostenwertes der Kohle franko Verbrennungsstelle
mit der bis dato konsumirten Kohle verbrauchen dürfe. Wenn nun die ihm
bisher liefernde Grube sich einmal außer stände sieht, weiterzuliefern, oder der
Konsument von einer andern Grube seinen Bedarf beziehen will, oder von zwei
und mehr Gruben, und zwar von der einen Grube bald mehr, bald weniger,
oder wenn der Konsument erleichterten und billigeren Transport durch Sekundär¬
bahnen, Kanäle u s. w. erhält, auf welche Art und Weise sollen diese fast täglich
eintretenden Schwankungen korrekt geprüft und unparteiisch festgestellt werden?

Berücksichtigen wir ferner die lokale Lage der Verbrauchsstellen, widrige
Luftströmungen, atmosphärische Niederschlüge, eintretende Beengung der Ver¬
brauchsstellen durch Bedauem benachbarter Grundstücke, durch Aufforsten an¬
grenzender Flächen u. f. w., woraus sich ohne Schuld und Eingriff des Kon¬
sumenten erhebliche Verschlechterungen im Vrennprozeß seiner Feueranlage ergeben,
wer soll dann eine unparteiische Steuerkontrole darüber üben, ob der Konsument
ein öffentlicher Verschwender von Nationalvermögen sei?

Schon hierdurch dürfte der Beweis geliefert sein, daß die Durchführung
der Idee einer Kohlenverbrauchssteuer unmöglich ist, auch wen" jeder Konsument


Nochmals die Aohlenverlirauchssteuer.

Kohlenfeldern, die heute noch nicht gemuthet (aufgefunden) wurden, und von den
ungeahnten Kohlenablagerungen Amerikas, Asiens und Afrikas.

Ist nun bereits durch verbesserte Maschinen, Kessel in den letzten
zwanzig Jahren sehr viel geschehen, um die Heizwirkung der Kohlen möglichst
auszunutzen, so ist es unzweifelhaft, daß die Konsumenten in ihrem eignen Vor¬
teil sich selbst möglichst billig Dampf schaffen und die verbesserten Einrichtungen
zur Erzeugung von Dampf und Wärme sich zu Nutze machen werden, und
zwar auf viel angenehmere und zweckmäßigere Art, als wenn der Staat bei
jedem Dampf- oder Wärmeerzeuger einen Steuerschutzmann postiren wollte.
Die Art und Weise der von dem Einsender des Kohlensteuerprojekts gedachten
Kontrole würde so wenig durchführbar als gerecht sein, sie würde keine un¬
parteiische Kontrole für Steuerzahlung bilden, ganz davon zu schweigen, daß
die Kontrole selbst pekuniär zu dem erhofften Nutzen zu teuer sein und daher
in gar keinem Verhältnis zu ihm stehen würde.

Sind schon die Kohlen der verschiednen Ablagerungen hinsichtlich ihres
Heizwertes sehr verschieden, so sind andrerseits auch die Kohlen ein und der¬
selben Ablagerungsstelle je nach den verschiednen Flötzen nicht gleichwertig, ja
ein und dasselbe Flötz liefert nicht gleichmäßig gute Kohle. Wer soll hier und
ans welche Art und Weise den durchschnittlichen Heizwert der Kohle feststellen?
Derselbe müßte, streng genommen, von jeder Ladung Kohle besonders ermittelt
werden. Wie hat sich der Einsender die Kontrole des Verbrauchs gedacht?

Nehmen wir beispielsweise an, ein Konsument liege mit seiner Kohlenver¬
brauchsstelle entfernt von der Kohlenproduktionsstelle und erhalte durch die
Steuerbehörde vorgeschrieben, wieviel Dampf oder Wärme er ohne Steuer
unter Zugrundelegung des Kostenwertes der Kohle franko Verbrennungsstelle
mit der bis dato konsumirten Kohle verbrauchen dürfe. Wenn nun die ihm
bisher liefernde Grube sich einmal außer stände sieht, weiterzuliefern, oder der
Konsument von einer andern Grube seinen Bedarf beziehen will, oder von zwei
und mehr Gruben, und zwar von der einen Grube bald mehr, bald weniger,
oder wenn der Konsument erleichterten und billigeren Transport durch Sekundär¬
bahnen, Kanäle u s. w. erhält, auf welche Art und Weise sollen diese fast täglich
eintretenden Schwankungen korrekt geprüft und unparteiisch festgestellt werden?

Berücksichtigen wir ferner die lokale Lage der Verbrauchsstellen, widrige
Luftströmungen, atmosphärische Niederschlüge, eintretende Beengung der Ver¬
brauchsstellen durch Bedauem benachbarter Grundstücke, durch Aufforsten an¬
grenzender Flächen u. f. w., woraus sich ohne Schuld und Eingriff des Kon¬
sumenten erhebliche Verschlechterungen im Vrennprozeß seiner Feueranlage ergeben,
wer soll dann eine unparteiische Steuerkontrole darüber üben, ob der Konsument
ein öffentlicher Verschwender von Nationalvermögen sei?

Schon hierdurch dürfte der Beweis geliefert sein, daß die Durchführung
der Idee einer Kohlenverbrauchssteuer unmöglich ist, auch wen» jeder Konsument


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[0468] Nochmals die Aohlenverlirauchssteuer. Kohlenfeldern, die heute noch nicht gemuthet (aufgefunden) wurden, und von den ungeahnten Kohlenablagerungen Amerikas, Asiens und Afrikas. Ist nun bereits durch verbesserte Maschinen, Kessel in den letzten zwanzig Jahren sehr viel geschehen, um die Heizwirkung der Kohlen möglichst auszunutzen, so ist es unzweifelhaft, daß die Konsumenten in ihrem eignen Vor¬ teil sich selbst möglichst billig Dampf schaffen und die verbesserten Einrichtungen zur Erzeugung von Dampf und Wärme sich zu Nutze machen werden, und zwar auf viel angenehmere und zweckmäßigere Art, als wenn der Staat bei jedem Dampf- oder Wärmeerzeuger einen Steuerschutzmann postiren wollte. Die Art und Weise der von dem Einsender des Kohlensteuerprojekts gedachten Kontrole würde so wenig durchführbar als gerecht sein, sie würde keine un¬ parteiische Kontrole für Steuerzahlung bilden, ganz davon zu schweigen, daß die Kontrole selbst pekuniär zu dem erhofften Nutzen zu teuer sein und daher in gar keinem Verhältnis zu ihm stehen würde. Sind schon die Kohlen der verschiednen Ablagerungen hinsichtlich ihres Heizwertes sehr verschieden, so sind andrerseits auch die Kohlen ein und der¬ selben Ablagerungsstelle je nach den verschiednen Flötzen nicht gleichwertig, ja ein und dasselbe Flötz liefert nicht gleichmäßig gute Kohle. Wer soll hier und ans welche Art und Weise den durchschnittlichen Heizwert der Kohle feststellen? Derselbe müßte, streng genommen, von jeder Ladung Kohle besonders ermittelt werden. Wie hat sich der Einsender die Kontrole des Verbrauchs gedacht? Nehmen wir beispielsweise an, ein Konsument liege mit seiner Kohlenver¬ brauchsstelle entfernt von der Kohlenproduktionsstelle und erhalte durch die Steuerbehörde vorgeschrieben, wieviel Dampf oder Wärme er ohne Steuer unter Zugrundelegung des Kostenwertes der Kohle franko Verbrennungsstelle mit der bis dato konsumirten Kohle verbrauchen dürfe. Wenn nun die ihm bisher liefernde Grube sich einmal außer stände sieht, weiterzuliefern, oder der Konsument von einer andern Grube seinen Bedarf beziehen will, oder von zwei und mehr Gruben, und zwar von der einen Grube bald mehr, bald weniger, oder wenn der Konsument erleichterten und billigeren Transport durch Sekundär¬ bahnen, Kanäle u s. w. erhält, auf welche Art und Weise sollen diese fast täglich eintretenden Schwankungen korrekt geprüft und unparteiisch festgestellt werden? Berücksichtigen wir ferner die lokale Lage der Verbrauchsstellen, widrige Luftströmungen, atmosphärische Niederschlüge, eintretende Beengung der Ver¬ brauchsstellen durch Bedauem benachbarter Grundstücke, durch Aufforsten an¬ grenzender Flächen u. f. w., woraus sich ohne Schuld und Eingriff des Kon¬ sumenten erhebliche Verschlechterungen im Vrennprozeß seiner Feueranlage ergeben, wer soll dann eine unparteiische Steuerkontrole darüber üben, ob der Konsument ein öffentlicher Verschwender von Nationalvermögen sei? Schon hierdurch dürfte der Beweis geliefert sein, daß die Durchführung der Idee einer Kohlenverbrauchssteuer unmöglich ist, auch wen» jeder Konsument

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/468>, abgerufen am 23.07.2024.