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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die Pflege der Monumentalmalerei in Preuße".

Bestürzung und Überraschung auf diese beispiellosen Erfolge sah, der Ankauf der
Hamiltonschen Manuskripten und Mmiaturensammlnng, des Silberschatzes des
Fürsten von Fürstenberg-Herdringen und der Gierkeschen Sammlung altjapa-
nischer Malereien. Da Preußen allmählich zum Zentralpunkt aller künstlerischen
Bestrebungen und sozusagen zum Stapelplatz unermeßlicher Kunstschätze alter und
neuer Zeit wurde, glaubte auch Dr. Schliemmm, daß seine wertvolle Sammlung
trojanischer Altertümer, die Überreste einer uralten Kultur, nirgends besser auf¬
gehoben sein könnte als unter dein mächtigen Schutze des deutschen Reiches,
welches seine hohe Kulturaufgabe darin erblickt, alle die gesammelten Schätze
in würdigen Gebäuden, in stolzen Palästen jedermann, welcher Nation er auch
angehören mag, zu freiem Studium und zu unbeschränktem Genusse zugänglich
zu machen.

Und damit kommen wir zu einer zweiten Gruppe von Verdiensten, welche
sich der preußische Staat während des Jahrzehnts nach dem großen Kriege um
die Förderung der Kunst erworben hat. Für die Sitze der neuen Neichsümtcr
und für die preußischen Staatsbehörden, deren Räume zu eng geworden, für
die Zwecke der Kunst und der Wissenschaft sind in Berlin zahlreiche Monumental¬
bauten errichtet worden, die eines plastischen und malerischen Schmuckes bedurften.
Und uicht bloß in Berlin. Die Hauptstädte der Provinzen sind in entsprechend
gleichem Maße bedacht worden. Wir erinnern nur an Düsseldorf und Breslau,
wo prächtige Museen, ein Ständehaus n. s. w. entstanden sind. Die Notwendig¬
keit nun, an diesen Werken der Architektur auch den Schwesterkünsten, der Malerei
und der Skulptur, einen Anteil zu geben, bot der Staatsregierung die erwünschte
Handhabe, an eine systematische Förderung der monumentalen Malerei und
Plastik zu gehen. Die letztere war in Berlin wenigstens niemals ganz unter¬
gegangen, da von Zeit zu Zeit immer noch ein Bedürfnis an öffentlichen Denk¬
mälern vorhanden war, welches auch befriedigt wurde. Die monumentale Malerei
aber war seit dem Anfang der fünfziger Jahre, wo die Wandmalereien in der
Schlvszkapelle und im Neuen Museum ausgeführt wurden, in den tiefsten Fall
geraten, für welchen einige an den obern Wänden der Vorhalle des alten
Museums ausgeführte Fresken Zeugnis ablegen. Die Berufung von Cornelius
nach Berlin, an welche speziell in Bezug auf die monumentale Malerei so hohe
Erwartungen geknüpft worden waren, hatte nicht den gewünschten Erfolg gehabt.
Die hochfliegenden Pläne Friedrich Wilhelms IV. kamen nicht zur Ausführung,
der neue Dom und mit ihm der (Änrxo Sö-illo blieben eine Ruine, und Cornelius
selbst hatte längst den Gedanken aufgegeben, seine Kartons ausgeführt zu sehen,
weshalb ihm diese, anstatt bloße Hilfsmittel zum Zweck zu sein, Haupt- und
Endzweck wurden.

Aber mit Cornelius stehen die in unsrer Zeit auf die Wiederbelebung
Und Hebung der Monumentalmalerei gerichteten Bestrebungen doch in Ver¬
bindung. Gerade jene Männer, welchen das Verdienst gebührt, die Aufmerk-


Grcuzbuten I. IsW. 4
Die Pflege der Monumentalmalerei in Preuße».

Bestürzung und Überraschung auf diese beispiellosen Erfolge sah, der Ankauf der
Hamiltonschen Manuskripten und Mmiaturensammlnng, des Silberschatzes des
Fürsten von Fürstenberg-Herdringen und der Gierkeschen Sammlung altjapa-
nischer Malereien. Da Preußen allmählich zum Zentralpunkt aller künstlerischen
Bestrebungen und sozusagen zum Stapelplatz unermeßlicher Kunstschätze alter und
neuer Zeit wurde, glaubte auch Dr. Schliemmm, daß seine wertvolle Sammlung
trojanischer Altertümer, die Überreste einer uralten Kultur, nirgends besser auf¬
gehoben sein könnte als unter dein mächtigen Schutze des deutschen Reiches,
welches seine hohe Kulturaufgabe darin erblickt, alle die gesammelten Schätze
in würdigen Gebäuden, in stolzen Palästen jedermann, welcher Nation er auch
angehören mag, zu freiem Studium und zu unbeschränktem Genusse zugänglich
zu machen.

Und damit kommen wir zu einer zweiten Gruppe von Verdiensten, welche
sich der preußische Staat während des Jahrzehnts nach dem großen Kriege um
die Förderung der Kunst erworben hat. Für die Sitze der neuen Neichsümtcr
und für die preußischen Staatsbehörden, deren Räume zu eng geworden, für
die Zwecke der Kunst und der Wissenschaft sind in Berlin zahlreiche Monumental¬
bauten errichtet worden, die eines plastischen und malerischen Schmuckes bedurften.
Und uicht bloß in Berlin. Die Hauptstädte der Provinzen sind in entsprechend
gleichem Maße bedacht worden. Wir erinnern nur an Düsseldorf und Breslau,
wo prächtige Museen, ein Ständehaus n. s. w. entstanden sind. Die Notwendig¬
keit nun, an diesen Werken der Architektur auch den Schwesterkünsten, der Malerei
und der Skulptur, einen Anteil zu geben, bot der Staatsregierung die erwünschte
Handhabe, an eine systematische Förderung der monumentalen Malerei und
Plastik zu gehen. Die letztere war in Berlin wenigstens niemals ganz unter¬
gegangen, da von Zeit zu Zeit immer noch ein Bedürfnis an öffentlichen Denk¬
mälern vorhanden war, welches auch befriedigt wurde. Die monumentale Malerei
aber war seit dem Anfang der fünfziger Jahre, wo die Wandmalereien in der
Schlvszkapelle und im Neuen Museum ausgeführt wurden, in den tiefsten Fall
geraten, für welchen einige an den obern Wänden der Vorhalle des alten
Museums ausgeführte Fresken Zeugnis ablegen. Die Berufung von Cornelius
nach Berlin, an welche speziell in Bezug auf die monumentale Malerei so hohe
Erwartungen geknüpft worden waren, hatte nicht den gewünschten Erfolg gehabt.
Die hochfliegenden Pläne Friedrich Wilhelms IV. kamen nicht zur Ausführung,
der neue Dom und mit ihm der (Änrxo Sö-illo blieben eine Ruine, und Cornelius
selbst hatte längst den Gedanken aufgegeben, seine Kartons ausgeführt zu sehen,
weshalb ihm diese, anstatt bloße Hilfsmittel zum Zweck zu sein, Haupt- und
Endzweck wurden.

Aber mit Cornelius stehen die in unsrer Zeit auf die Wiederbelebung
Und Hebung der Monumentalmalerei gerichteten Bestrebungen doch in Ver¬
bindung. Gerade jene Männer, welchen das Verdienst gebührt, die Aufmerk-


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[0033] Die Pflege der Monumentalmalerei in Preuße». Bestürzung und Überraschung auf diese beispiellosen Erfolge sah, der Ankauf der Hamiltonschen Manuskripten und Mmiaturensammlnng, des Silberschatzes des Fürsten von Fürstenberg-Herdringen und der Gierkeschen Sammlung altjapa- nischer Malereien. Da Preußen allmählich zum Zentralpunkt aller künstlerischen Bestrebungen und sozusagen zum Stapelplatz unermeßlicher Kunstschätze alter und neuer Zeit wurde, glaubte auch Dr. Schliemmm, daß seine wertvolle Sammlung trojanischer Altertümer, die Überreste einer uralten Kultur, nirgends besser auf¬ gehoben sein könnte als unter dein mächtigen Schutze des deutschen Reiches, welches seine hohe Kulturaufgabe darin erblickt, alle die gesammelten Schätze in würdigen Gebäuden, in stolzen Palästen jedermann, welcher Nation er auch angehören mag, zu freiem Studium und zu unbeschränktem Genusse zugänglich zu machen. Und damit kommen wir zu einer zweiten Gruppe von Verdiensten, welche sich der preußische Staat während des Jahrzehnts nach dem großen Kriege um die Förderung der Kunst erworben hat. Für die Sitze der neuen Neichsümtcr und für die preußischen Staatsbehörden, deren Räume zu eng geworden, für die Zwecke der Kunst und der Wissenschaft sind in Berlin zahlreiche Monumental¬ bauten errichtet worden, die eines plastischen und malerischen Schmuckes bedurften. Und uicht bloß in Berlin. Die Hauptstädte der Provinzen sind in entsprechend gleichem Maße bedacht worden. Wir erinnern nur an Düsseldorf und Breslau, wo prächtige Museen, ein Ständehaus n. s. w. entstanden sind. Die Notwendig¬ keit nun, an diesen Werken der Architektur auch den Schwesterkünsten, der Malerei und der Skulptur, einen Anteil zu geben, bot der Staatsregierung die erwünschte Handhabe, an eine systematische Förderung der monumentalen Malerei und Plastik zu gehen. Die letztere war in Berlin wenigstens niemals ganz unter¬ gegangen, da von Zeit zu Zeit immer noch ein Bedürfnis an öffentlichen Denk¬ mälern vorhanden war, welches auch befriedigt wurde. Die monumentale Malerei aber war seit dem Anfang der fünfziger Jahre, wo die Wandmalereien in der Schlvszkapelle und im Neuen Museum ausgeführt wurden, in den tiefsten Fall geraten, für welchen einige an den obern Wänden der Vorhalle des alten Museums ausgeführte Fresken Zeugnis ablegen. Die Berufung von Cornelius nach Berlin, an welche speziell in Bezug auf die monumentale Malerei so hohe Erwartungen geknüpft worden waren, hatte nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Die hochfliegenden Pläne Friedrich Wilhelms IV. kamen nicht zur Ausführung, der neue Dom und mit ihm der (Änrxo Sö-illo blieben eine Ruine, und Cornelius selbst hatte längst den Gedanken aufgegeben, seine Kartons ausgeführt zu sehen, weshalb ihm diese, anstatt bloße Hilfsmittel zum Zweck zu sein, Haupt- und Endzweck wurden. Aber mit Cornelius stehen die in unsrer Zeit auf die Wiederbelebung Und Hebung der Monumentalmalerei gerichteten Bestrebungen doch in Ver¬ bindung. Gerade jene Männer, welchen das Verdienst gebührt, die Aufmerk- Grcuzbuten I. IsW. 4

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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/33>, abgerufen am 03.07.2024.