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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die Harmonie der Farben und der Töne.

kalten) Farben sprechen. Dadurch teilt sich nun der Farbenkreis in zwei
Doppelhalbkreise, welche, da Gelb die höchste Helligkeit, Orange die höchste
Wärme repräsentirt, leicht dadurch zu konstruiren sind, daß man auf dem Durch¬
messer Gelb-Violett, der das Maximum und Minimum der Helligkeit darstellt,
einen ihn rechtwinklig schneidenden Durchmesser errichtet, also Rvtorange-
Blangrün, welcher als Helligkeitsdurchmesser die helle Kreishälfte von der
dunkeln scheidet, während der auf dem Durchmesser Orange-Blan, welcher das
Maximum und Minimum der Wärme repräsentirt, errichtete Durchmesser Not¬
violett-Gelbgrün als Wärmedurchmcsser die warme Kreishälfte von der kalten
trennt. In beiden Durchmessern findet natürlich ein Ausgleich, und zwar in dem
erste" zwischen Helligkeit und Dunkelheit bei verschiedner Wärmeintensitüt, in
dem zweiten zwischen Wärme und Kälte bei verschiedner Helligkeitsintcnsität
statt; denn Notorange ist zwar ebenso hell wie Blaugrün, dieses aber kälter als
jenes, Notviolett zwar ebenso warm wie Gelbgrün, dieses aber Heller als jenes.
In diesen verschiednen Beziehungen liegt nun überhaupt die Möglichkeit eiues
Unterschiedes der Farben als solcher, da, wenn Helligkeits- und Wärmeiutensität
zusammenfielen oder überhaupt nur, wie Goethe wollte, die Helligkeitsunterschiede
im wesentlichen die Natur der Farbe bestimmten, garnicht abzusehen wäre,
weshalb die ganze Skala sich nicht auf eine einfache und monotone Abstufung
von Grau, d. h.' von Helligkeitsgraden zwischen Weiß und Schwarz, beschränkte.
Nur die durch die verschiedne Wärmeintensität in Verbindung mit der Hellig¬
keitsskala bewirkte Differenz zwischen Helligkeit und Wärme jeder Farbe macht
der Ursprung der Farben als solcher überhaupt erklärlich.

Wenn sich dies aber so verhält, d. h. wenn die Natur der Farben, als
dieser besondern Modifikationen des reinen, farblosen Lichts, wesentlich durch
den Hinzutritt der verschiednen Wärmcqualität zur Helligkeitsskala bedingt ist,
so kann -- abgesehen von den andern, oben betrachteten Thatsachen -- schon
im Prinzip von einer Parallelisirung zwischen Farben und Tönen keine Rede
sein, da für den Unterschied des Wärmegrades jede Ähnlichkeit im Bereich der
Töne mangelt.




Die Harmonie der Farben und der Töne.

kalten) Farben sprechen. Dadurch teilt sich nun der Farbenkreis in zwei
Doppelhalbkreise, welche, da Gelb die höchste Helligkeit, Orange die höchste
Wärme repräsentirt, leicht dadurch zu konstruiren sind, daß man auf dem Durch¬
messer Gelb-Violett, der das Maximum und Minimum der Helligkeit darstellt,
einen ihn rechtwinklig schneidenden Durchmesser errichtet, also Rvtorange-
Blangrün, welcher als Helligkeitsdurchmesser die helle Kreishälfte von der
dunkeln scheidet, während der auf dem Durchmesser Orange-Blan, welcher das
Maximum und Minimum der Wärme repräsentirt, errichtete Durchmesser Not¬
violett-Gelbgrün als Wärmedurchmcsser die warme Kreishälfte von der kalten
trennt. In beiden Durchmessern findet natürlich ein Ausgleich, und zwar in dem
erste» zwischen Helligkeit und Dunkelheit bei verschiedner Wärmeintensitüt, in
dem zweiten zwischen Wärme und Kälte bei verschiedner Helligkeitsintcnsität
statt; denn Notorange ist zwar ebenso hell wie Blaugrün, dieses aber kälter als
jenes, Notviolett zwar ebenso warm wie Gelbgrün, dieses aber Heller als jenes.
In diesen verschiednen Beziehungen liegt nun überhaupt die Möglichkeit eiues
Unterschiedes der Farben als solcher, da, wenn Helligkeits- und Wärmeiutensität
zusammenfielen oder überhaupt nur, wie Goethe wollte, die Helligkeitsunterschiede
im wesentlichen die Natur der Farbe bestimmten, garnicht abzusehen wäre,
weshalb die ganze Skala sich nicht auf eine einfache und monotone Abstufung
von Grau, d. h.' von Helligkeitsgraden zwischen Weiß und Schwarz, beschränkte.
Nur die durch die verschiedne Wärmeintensität in Verbindung mit der Hellig¬
keitsskala bewirkte Differenz zwischen Helligkeit und Wärme jeder Farbe macht
der Ursprung der Farben als solcher überhaupt erklärlich.

Wenn sich dies aber so verhält, d. h. wenn die Natur der Farben, als
dieser besondern Modifikationen des reinen, farblosen Lichts, wesentlich durch
den Hinzutritt der verschiednen Wärmcqualität zur Helligkeitsskala bedingt ist,
so kann — abgesehen von den andern, oben betrachteten Thatsachen — schon
im Prinzip von einer Parallelisirung zwischen Farben und Tönen keine Rede
sein, da für den Unterschied des Wärmegrades jede Ähnlichkeit im Bereich der
Töne mangelt.




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[0274] Die Harmonie der Farben und der Töne. kalten) Farben sprechen. Dadurch teilt sich nun der Farbenkreis in zwei Doppelhalbkreise, welche, da Gelb die höchste Helligkeit, Orange die höchste Wärme repräsentirt, leicht dadurch zu konstruiren sind, daß man auf dem Durch¬ messer Gelb-Violett, der das Maximum und Minimum der Helligkeit darstellt, einen ihn rechtwinklig schneidenden Durchmesser errichtet, also Rvtorange- Blangrün, welcher als Helligkeitsdurchmesser die helle Kreishälfte von der dunkeln scheidet, während der auf dem Durchmesser Orange-Blan, welcher das Maximum und Minimum der Wärme repräsentirt, errichtete Durchmesser Not¬ violett-Gelbgrün als Wärmedurchmcsser die warme Kreishälfte von der kalten trennt. In beiden Durchmessern findet natürlich ein Ausgleich, und zwar in dem erste» zwischen Helligkeit und Dunkelheit bei verschiedner Wärmeintensitüt, in dem zweiten zwischen Wärme und Kälte bei verschiedner Helligkeitsintcnsität statt; denn Notorange ist zwar ebenso hell wie Blaugrün, dieses aber kälter als jenes, Notviolett zwar ebenso warm wie Gelbgrün, dieses aber Heller als jenes. In diesen verschiednen Beziehungen liegt nun überhaupt die Möglichkeit eiues Unterschiedes der Farben als solcher, da, wenn Helligkeits- und Wärmeiutensität zusammenfielen oder überhaupt nur, wie Goethe wollte, die Helligkeitsunterschiede im wesentlichen die Natur der Farbe bestimmten, garnicht abzusehen wäre, weshalb die ganze Skala sich nicht auf eine einfache und monotone Abstufung von Grau, d. h.' von Helligkeitsgraden zwischen Weiß und Schwarz, beschränkte. Nur die durch die verschiedne Wärmeintensität in Verbindung mit der Hellig¬ keitsskala bewirkte Differenz zwischen Helligkeit und Wärme jeder Farbe macht der Ursprung der Farben als solcher überhaupt erklärlich. Wenn sich dies aber so verhält, d. h. wenn die Natur der Farben, als dieser besondern Modifikationen des reinen, farblosen Lichts, wesentlich durch den Hinzutritt der verschiednen Wärmcqualität zur Helligkeitsskala bedingt ist, so kann — abgesehen von den andern, oben betrachteten Thatsachen — schon im Prinzip von einer Parallelisirung zwischen Farben und Tönen keine Rede sein, da für den Unterschied des Wärmegrades jede Ähnlichkeit im Bereich der Töne mangelt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/274>, abgerufen am 23.07.2024.