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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die Pflege der Nonumentalmalerei in Preußen.
von Adolf Rosenberg. (Schluß.)

is Peter Janssen von feiten der königlichen Staatsregierung den
Auftrag erhielt, den Festsaal des neuerbauten Rathauses in Er¬
furt mit Gemälden historischen Inhalts ans den wechselvollen
Schicksalen der Stadt auszuschmücken, hatte er sich bereits durch
mehrere monumentale Arbeiten einen geachteten Namen erworben.
Wie sehr man aber auch den Reichtum und die Harmonie der Komposition, die
realistische Lebendigkeit der Auffassung, die tiefe Charakteristik und den gro߬
artigen Ausdruck der Figuren bewunderte, so fanden diese Lobeserhebungen immer
ihre Grenze an dem matten und wohl auch etwas trockenen Kolorit. Der
Grund dieses Mangels lag jedoch, wie wir durch die letzte Arbeit des Künst¬
lers erfahren haben, nicht an der Beschränktheit seines Farbengefühls und seines
koloristischen Könnens, sondern er war einerseits in der von Janssen gewählten
Technik, der Malerei in matten Wa/Hsfarben, andrerseits darin zu suchen, daß
der Künstler sich noch nicht so schnell von der Tradition losringen konnte, in
welcher er aufgewachsen und erzogen worden war.

Geboren an: 12. Dezember 1844 in Düsseldorf, machte er seine ersten Vor¬
studien in der Kunst bei seinem Vater, dem Kupferstecher T. W. Th. Janssen
und trat dann in die Düsseldorfer Akademie ein, wo er später ein Schüler
Bendemcmns wurde. Führte ihn dieser frühzeitig auf eine stilvolle Behandlung
historischer Stoffe und auf Größe der Auffassung und Charakteristik, so gewann
er auch einen lange Zeit nachwirkender Einfluß auf seine Ausbildung des
Kolorits. Bendemann war zu tief mit den Anfängen der Düsseldorfer Schule
verwachsen, als daß er dem Kolorit eine andre Stellung hätte einräumen können
als die eines untergeordneten Gliedes innerhalb des Organismus eines Ge¬
mäldes. Auch in seinen spätern Bildern, namentlich in der großen Komposition
von 1872 "Wegführung der Juden in die babylonische Gefangenschaft," wo er
deu Versuch machte, mit dem modernen Farbenrealismus zu wetteifern, gelang
es ihm nicht, den Eindruck unharmonischer Buntheit und süßlicher Färbung zu
überwinden und starke, einheitlich' wirkende Farbenakkorde anzuschlagen. In
monumentalen Arbeiten trat dieser Zug ängstlicher Zurückhaltung, welchen man
im Gegensatz zu der energischen koloristischen Ausdrucksweise unsrer Zeit einen
kontemplativer nennen möchte, noch mehr in den Vordergrund. Diese Zurück¬
haltung ist nur die Folge des Cvrnelianischen Systems, welches auch sein Nach-


Die Pflege der Nonumentalmalerei in Preußen.
von Adolf Rosenberg. (Schluß.)

is Peter Janssen von feiten der königlichen Staatsregierung den
Auftrag erhielt, den Festsaal des neuerbauten Rathauses in Er¬
furt mit Gemälden historischen Inhalts ans den wechselvollen
Schicksalen der Stadt auszuschmücken, hatte er sich bereits durch
mehrere monumentale Arbeiten einen geachteten Namen erworben.
Wie sehr man aber auch den Reichtum und die Harmonie der Komposition, die
realistische Lebendigkeit der Auffassung, die tiefe Charakteristik und den gro߬
artigen Ausdruck der Figuren bewunderte, so fanden diese Lobeserhebungen immer
ihre Grenze an dem matten und wohl auch etwas trockenen Kolorit. Der
Grund dieses Mangels lag jedoch, wie wir durch die letzte Arbeit des Künst¬
lers erfahren haben, nicht an der Beschränktheit seines Farbengefühls und seines
koloristischen Könnens, sondern er war einerseits in der von Janssen gewählten
Technik, der Malerei in matten Wa/Hsfarben, andrerseits darin zu suchen, daß
der Künstler sich noch nicht so schnell von der Tradition losringen konnte, in
welcher er aufgewachsen und erzogen worden war.

Geboren an: 12. Dezember 1844 in Düsseldorf, machte er seine ersten Vor¬
studien in der Kunst bei seinem Vater, dem Kupferstecher T. W. Th. Janssen
und trat dann in die Düsseldorfer Akademie ein, wo er später ein Schüler
Bendemcmns wurde. Führte ihn dieser frühzeitig auf eine stilvolle Behandlung
historischer Stoffe und auf Größe der Auffassung und Charakteristik, so gewann
er auch einen lange Zeit nachwirkender Einfluß auf seine Ausbildung des
Kolorits. Bendemann war zu tief mit den Anfängen der Düsseldorfer Schule
verwachsen, als daß er dem Kolorit eine andre Stellung hätte einräumen können
als die eines untergeordneten Gliedes innerhalb des Organismus eines Ge¬
mäldes. Auch in seinen spätern Bildern, namentlich in der großen Komposition
von 1872 „Wegführung der Juden in die babylonische Gefangenschaft," wo er
deu Versuch machte, mit dem modernen Farbenrealismus zu wetteifern, gelang
es ihm nicht, den Eindruck unharmonischer Buntheit und süßlicher Färbung zu
überwinden und starke, einheitlich' wirkende Farbenakkorde anzuschlagen. In
monumentalen Arbeiten trat dieser Zug ängstlicher Zurückhaltung, welchen man
im Gegensatz zu der energischen koloristischen Ausdrucksweise unsrer Zeit einen
kontemplativer nennen möchte, noch mehr in den Vordergrund. Diese Zurück¬
haltung ist nur die Folge des Cvrnelianischen Systems, welches auch sein Nach-


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[0207] Die Pflege der Nonumentalmalerei in Preußen. von Adolf Rosenberg. (Schluß.) is Peter Janssen von feiten der königlichen Staatsregierung den Auftrag erhielt, den Festsaal des neuerbauten Rathauses in Er¬ furt mit Gemälden historischen Inhalts ans den wechselvollen Schicksalen der Stadt auszuschmücken, hatte er sich bereits durch mehrere monumentale Arbeiten einen geachteten Namen erworben. Wie sehr man aber auch den Reichtum und die Harmonie der Komposition, die realistische Lebendigkeit der Auffassung, die tiefe Charakteristik und den gro߬ artigen Ausdruck der Figuren bewunderte, so fanden diese Lobeserhebungen immer ihre Grenze an dem matten und wohl auch etwas trockenen Kolorit. Der Grund dieses Mangels lag jedoch, wie wir durch die letzte Arbeit des Künst¬ lers erfahren haben, nicht an der Beschränktheit seines Farbengefühls und seines koloristischen Könnens, sondern er war einerseits in der von Janssen gewählten Technik, der Malerei in matten Wa/Hsfarben, andrerseits darin zu suchen, daß der Künstler sich noch nicht so schnell von der Tradition losringen konnte, in welcher er aufgewachsen und erzogen worden war. Geboren an: 12. Dezember 1844 in Düsseldorf, machte er seine ersten Vor¬ studien in der Kunst bei seinem Vater, dem Kupferstecher T. W. Th. Janssen und trat dann in die Düsseldorfer Akademie ein, wo er später ein Schüler Bendemcmns wurde. Führte ihn dieser frühzeitig auf eine stilvolle Behandlung historischer Stoffe und auf Größe der Auffassung und Charakteristik, so gewann er auch einen lange Zeit nachwirkender Einfluß auf seine Ausbildung des Kolorits. Bendemann war zu tief mit den Anfängen der Düsseldorfer Schule verwachsen, als daß er dem Kolorit eine andre Stellung hätte einräumen können als die eines untergeordneten Gliedes innerhalb des Organismus eines Ge¬ mäldes. Auch in seinen spätern Bildern, namentlich in der großen Komposition von 1872 „Wegführung der Juden in die babylonische Gefangenschaft," wo er deu Versuch machte, mit dem modernen Farbenrealismus zu wetteifern, gelang es ihm nicht, den Eindruck unharmonischer Buntheit und süßlicher Färbung zu überwinden und starke, einheitlich' wirkende Farbenakkorde anzuschlagen. In monumentalen Arbeiten trat dieser Zug ängstlicher Zurückhaltung, welchen man im Gegensatz zu der energischen koloristischen Ausdrucksweise unsrer Zeit einen kontemplativer nennen möchte, noch mehr in den Vordergrund. Diese Zurück¬ haltung ist nur die Folge des Cvrnelianischen Systems, welches auch sein Nach-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/207>, abgerufen am 23.07.2024.