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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die tonischen Ariegervereine.

Vermögensvorteilc zu sichern, und eine neueste Stiftung aus Anlaß der silbernen
Hochzeit des kronprinzlichen Paares, die allerdings noch nicht ins Leben ge¬
treten ist, bezweckt die Errichtung eines Waisenhauses, bez. die Ansammlung
eines Fonds für elternlose Kinder ehemaliger deutscher Soldaten.

Die Tendenzen des Deutschen Kriegerbnndes erscheinen somit vom reinsten
Pcitriotismns getragen, sein Ziel hoch und weit gesteckt, und aus der ziffer¬
mäßigen Höhe der erzielten Erfolge geht aufs neue deutlich hervor, in welchem
Umfange selbst schwache Kräfte in ihrer Vereinigung großes zu vollbringen im¬
stande find. Man Hütte deshalb annehmen können, daß sich die überwiegende
Mehrzahl bestehender und etwa noch sich bildender Kriegervereinigungen dem
so gewonnenen festen Kern umso lieber und vertrauensvoller anschließen würden,
als, wie bereits angedeutet, Vereine aus allen dentschen Gauen dem Vnnde
angehören, und als neben der kaiserlichen Familie zahlreiche deutsche Fürsten
den Bnndesbestrebungen die wärmste Förderung angedeihen lassen.

Das ist aber keineswegs der Fall. Schon auf dem oben erwähnten Krieger¬
tage in Weißenfels machten sich die Anfänge einer völlig bewußt vorgehenden
Gegnerschaft geltend und führten zunächst zu einem Kartellbündnis einer Minder¬
zahl der Erschienenen, ohne daß doch sämtliche dem Kriegerbnnd nicht beitretende
Kriegervereine nun Platz innerhalb dieses zweiten Verbandes gefunden hätten.
Vielleicht erschienen die maßgebenden Anschauungen innerhalb des Kriegerbundes
als zu preußisch gefärbt, die ganze Gliederung desselben zu stramm zentralistisch,
vielleicht trat der persönliche Ehrgeiz eines oder des andern Führers hier, wie
so oft, einer Vereinigung hindernd in den Weg, oder das alte deutsche Erbübel
der vorwiegenden Kirchthnrmsinteressen drängte sich abermals in den Vorder¬
grund; genug, trotz des allseitig und wiederholt ausgesprochenen Wunsches
konnten die verschiednen Kriegertage in Leipzig 1874, Berlin 1875 und München
1876 keine Einigung erzielen, und auch die Auflösung des Kartellbündnisscs wie
die darauf folgende Bildung einer Kriegerkameradschaft waren nicht imstande,
an diesem Ergebnis etwas zu ändern.

Im Jahre 1878 konnte der General der Infanterie z. D. von Glümer
den verschiednen Verbänden die Mitteilung machen, daß der Kaiser in Aussicht
gestellt habe, unter bestimmten Voraussetzungen das vielseitig erbetene Protektorat
über sämtliche Kriegervereine Deutschlands zu übernehmen, sofern diese letztern
zu einem allgemeinen Verbände sich vereinigen würden. Unter dein Eindrucke
dieser Botschaft schien der am 8. Mai 1881 im alten historischen Römersaale
zu Frankfurt, gerade zehn Jahre nach dem dort abgeschlossenen Friedensverträge,
zusammentretende Kriegerkongreß, auf der äußerlich von allen Seiten erstrebten
Bahn einen Schritt vorwärts kommen zu sollen. Zwar fehlten die großen
Verbände Baierns und Sachsens, und auch der Rücktritt des würtember-
gischen Vereinsvertreters brachte die bestehenden Sonderbestrebungen zum
Ausdruck, doch wurde eine vorläufige Organisation angenommen und dem


Die tonischen Ariegervereine.

Vermögensvorteilc zu sichern, und eine neueste Stiftung aus Anlaß der silbernen
Hochzeit des kronprinzlichen Paares, die allerdings noch nicht ins Leben ge¬
treten ist, bezweckt die Errichtung eines Waisenhauses, bez. die Ansammlung
eines Fonds für elternlose Kinder ehemaliger deutscher Soldaten.

Die Tendenzen des Deutschen Kriegerbnndes erscheinen somit vom reinsten
Pcitriotismns getragen, sein Ziel hoch und weit gesteckt, und aus der ziffer¬
mäßigen Höhe der erzielten Erfolge geht aufs neue deutlich hervor, in welchem
Umfange selbst schwache Kräfte in ihrer Vereinigung großes zu vollbringen im¬
stande find. Man Hütte deshalb annehmen können, daß sich die überwiegende
Mehrzahl bestehender und etwa noch sich bildender Kriegervereinigungen dem
so gewonnenen festen Kern umso lieber und vertrauensvoller anschließen würden,
als, wie bereits angedeutet, Vereine aus allen dentschen Gauen dem Vnnde
angehören, und als neben der kaiserlichen Familie zahlreiche deutsche Fürsten
den Bnndesbestrebungen die wärmste Förderung angedeihen lassen.

Das ist aber keineswegs der Fall. Schon auf dem oben erwähnten Krieger¬
tage in Weißenfels machten sich die Anfänge einer völlig bewußt vorgehenden
Gegnerschaft geltend und führten zunächst zu einem Kartellbündnis einer Minder¬
zahl der Erschienenen, ohne daß doch sämtliche dem Kriegerbnnd nicht beitretende
Kriegervereine nun Platz innerhalb dieses zweiten Verbandes gefunden hätten.
Vielleicht erschienen die maßgebenden Anschauungen innerhalb des Kriegerbundes
als zu preußisch gefärbt, die ganze Gliederung desselben zu stramm zentralistisch,
vielleicht trat der persönliche Ehrgeiz eines oder des andern Führers hier, wie
so oft, einer Vereinigung hindernd in den Weg, oder das alte deutsche Erbübel
der vorwiegenden Kirchthnrmsinteressen drängte sich abermals in den Vorder¬
grund; genug, trotz des allseitig und wiederholt ausgesprochenen Wunsches
konnten die verschiednen Kriegertage in Leipzig 1874, Berlin 1875 und München
1876 keine Einigung erzielen, und auch die Auflösung des Kartellbündnisscs wie
die darauf folgende Bildung einer Kriegerkameradschaft waren nicht imstande,
an diesem Ergebnis etwas zu ändern.

Im Jahre 1878 konnte der General der Infanterie z. D. von Glümer
den verschiednen Verbänden die Mitteilung machen, daß der Kaiser in Aussicht
gestellt habe, unter bestimmten Voraussetzungen das vielseitig erbetene Protektorat
über sämtliche Kriegervereine Deutschlands zu übernehmen, sofern diese letztern
zu einem allgemeinen Verbände sich vereinigen würden. Unter dein Eindrucke
dieser Botschaft schien der am 8. Mai 1881 im alten historischen Römersaale
zu Frankfurt, gerade zehn Jahre nach dem dort abgeschlossenen Friedensverträge,
zusammentretende Kriegerkongreß, auf der äußerlich von allen Seiten erstrebten
Bahn einen Schritt vorwärts kommen zu sollen. Zwar fehlten die großen
Verbände Baierns und Sachsens, und auch der Rücktritt des würtember-
gischen Vereinsvertreters brachte die bestehenden Sonderbestrebungen zum
Ausdruck, doch wurde eine vorläufige Organisation angenommen und dem


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[0204] Die tonischen Ariegervereine. Vermögensvorteilc zu sichern, und eine neueste Stiftung aus Anlaß der silbernen Hochzeit des kronprinzlichen Paares, die allerdings noch nicht ins Leben ge¬ treten ist, bezweckt die Errichtung eines Waisenhauses, bez. die Ansammlung eines Fonds für elternlose Kinder ehemaliger deutscher Soldaten. Die Tendenzen des Deutschen Kriegerbnndes erscheinen somit vom reinsten Pcitriotismns getragen, sein Ziel hoch und weit gesteckt, und aus der ziffer¬ mäßigen Höhe der erzielten Erfolge geht aufs neue deutlich hervor, in welchem Umfange selbst schwache Kräfte in ihrer Vereinigung großes zu vollbringen im¬ stande find. Man Hütte deshalb annehmen können, daß sich die überwiegende Mehrzahl bestehender und etwa noch sich bildender Kriegervereinigungen dem so gewonnenen festen Kern umso lieber und vertrauensvoller anschließen würden, als, wie bereits angedeutet, Vereine aus allen dentschen Gauen dem Vnnde angehören, und als neben der kaiserlichen Familie zahlreiche deutsche Fürsten den Bnndesbestrebungen die wärmste Förderung angedeihen lassen. Das ist aber keineswegs der Fall. Schon auf dem oben erwähnten Krieger¬ tage in Weißenfels machten sich die Anfänge einer völlig bewußt vorgehenden Gegnerschaft geltend und führten zunächst zu einem Kartellbündnis einer Minder¬ zahl der Erschienenen, ohne daß doch sämtliche dem Kriegerbnnd nicht beitretende Kriegervereine nun Platz innerhalb dieses zweiten Verbandes gefunden hätten. Vielleicht erschienen die maßgebenden Anschauungen innerhalb des Kriegerbundes als zu preußisch gefärbt, die ganze Gliederung desselben zu stramm zentralistisch, vielleicht trat der persönliche Ehrgeiz eines oder des andern Führers hier, wie so oft, einer Vereinigung hindernd in den Weg, oder das alte deutsche Erbübel der vorwiegenden Kirchthnrmsinteressen drängte sich abermals in den Vorder¬ grund; genug, trotz des allseitig und wiederholt ausgesprochenen Wunsches konnten die verschiednen Kriegertage in Leipzig 1874, Berlin 1875 und München 1876 keine Einigung erzielen, und auch die Auflösung des Kartellbündnisscs wie die darauf folgende Bildung einer Kriegerkameradschaft waren nicht imstande, an diesem Ergebnis etwas zu ändern. Im Jahre 1878 konnte der General der Infanterie z. D. von Glümer den verschiednen Verbänden die Mitteilung machen, daß der Kaiser in Aussicht gestellt habe, unter bestimmten Voraussetzungen das vielseitig erbetene Protektorat über sämtliche Kriegervereine Deutschlands zu übernehmen, sofern diese letztern zu einem allgemeinen Verbände sich vereinigen würden. Unter dein Eindrucke dieser Botschaft schien der am 8. Mai 1881 im alten historischen Römersaale zu Frankfurt, gerade zehn Jahre nach dem dort abgeschlossenen Friedensverträge, zusammentretende Kriegerkongreß, auf der äußerlich von allen Seiten erstrebten Bahn einen Schritt vorwärts kommen zu sollen. Zwar fehlten die großen Verbände Baierns und Sachsens, und auch der Rücktritt des würtember- gischen Vereinsvertreters brachte die bestehenden Sonderbestrebungen zum Ausdruck, doch wurde eine vorläufige Organisation angenommen und dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/204>, abgerufen am 25.08.2024.