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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die deutschen Anegervereiue.

geHörigkeit, dem Streben nach gleichen Zielen, auch äußern unzweifelhaften Aus¬
druck zu verleihen.

Aber der betrübenden und beschämenden Thatsache gegenüber, daß es bei
der Gestaltung des Reichs nicht einmal hat gelingen wollen, eine völlige Einheit
in Bezug auf die deutscheu Heereseinrichtungen herzustellen, kann es kaum Wunder
nehmen, daß auch die Einigungsbestrebuugen der Kriegervereine nicht zum Ziele
führten. Bekanntlich hat der deutsche Kaiser durch Zusätze und besondere Ver¬
träge auf einen erheblichen Teil der Gerechtsame Verzicht geleistet, welche die
Reichsverfassung dem obersten Bnndesfeldherrn gewährleistete, und wie wir jetzt
statt von dem "deutschen Heere" von der preußischen Armee und den mit ihr
verbundenen Kontingenten, von einer bairischen, würtembergischen und sächsischen
Armee sprechen, so hat sich auch in Sachen der Kriegervereine von neuem der
alte Satz bewahrheitet, wie schwierig, um nicht zu sagen unmöglich es ist, die
Deutschen unter einen Hut zu bringen. So erscheint die Entwicklung des
Kriegervereinswesens während der letzten zehn Jahre schon deshalb anch für
weitere Kreise nicht ohne Interesse, weil sie die Zähigkeit partiknlaristischer
Bestrebungen scharf hervortreten läßt auch in Angelegenheiten, die mit der
innern politischen Gestaltung des deutschen Reiches in keinem Zusammenhange
stehen.

Im Frühjahre 1872 gab ein sächsischer Kamerad die erste Anregung für
den Zusammenschluß der bestehenden Kriegervereine. Seine Zeitschrift, der
"Deutsche Kriegerbund," fand in den beteiligten Kreisen allgemeinen Anklang.
Gleich eine der ersten Nummern konnte auch von den Wünschen berichten, mit
denen der Kaiser eine gedeihliche Fortentwicklung des Kriegcrvereinswesens be¬
gleitete, und aus allen Teilen des Reichs meldeten sich bestehende Vereine, welche
sich an der Bildung eines großen Bundes zur Vereinigung aller Wasfengenossen
beteiligen wollten.

Auf einer Zusammenkunft in Weißenfels am 14. April 1873 gelang denn
anch die Stiftung des "Deutschen Kriegcrbundcs," nachdem vierzig Vereine
ihren Beitritt sofort erklärt, mehr als hundert denselben in Aussicht gestellt hatten.
Ein preußischer höherer Offizier z. D. führte den Vorsitz, und abgesehen davon,
daß derselbe General noch heute Ehrenvorsitzender des Bundes ist, legt auch
der Umstand von der stetigen Weiterentwicklung des Bundes Zeugnis ab, daß
ihm der Kaiser als König von Preußen in neuerer Zeit die Rechte einer
juristischen Person verliehen hat.

Die Satzungen des Deutschen Kriegerbundes verbieten bei den Versammlungen
und Verhandlungen jede Erörterung politischer und religiöser Angelegenheiten.
Dagegen will der Bund, welcher sich aus Vereinen zusammensetzt, deren Be¬
stehen sich auf das ehemalige Militärverhältnis ihrer Mitglieder gründet, das
Band der Kameradschaft auch im bürgerlichen Leben unter seinen Mitgliedern
erhalten und Pflegen, wie das Nationalbewußtsein und die Liebe zu Kaiser


Die deutschen Anegervereiue.

geHörigkeit, dem Streben nach gleichen Zielen, auch äußern unzweifelhaften Aus¬
druck zu verleihen.

Aber der betrübenden und beschämenden Thatsache gegenüber, daß es bei
der Gestaltung des Reichs nicht einmal hat gelingen wollen, eine völlige Einheit
in Bezug auf die deutscheu Heereseinrichtungen herzustellen, kann es kaum Wunder
nehmen, daß auch die Einigungsbestrebuugen der Kriegervereine nicht zum Ziele
führten. Bekanntlich hat der deutsche Kaiser durch Zusätze und besondere Ver¬
träge auf einen erheblichen Teil der Gerechtsame Verzicht geleistet, welche die
Reichsverfassung dem obersten Bnndesfeldherrn gewährleistete, und wie wir jetzt
statt von dem „deutschen Heere" von der preußischen Armee und den mit ihr
verbundenen Kontingenten, von einer bairischen, würtembergischen und sächsischen
Armee sprechen, so hat sich auch in Sachen der Kriegervereine von neuem der
alte Satz bewahrheitet, wie schwierig, um nicht zu sagen unmöglich es ist, die
Deutschen unter einen Hut zu bringen. So erscheint die Entwicklung des
Kriegervereinswesens während der letzten zehn Jahre schon deshalb anch für
weitere Kreise nicht ohne Interesse, weil sie die Zähigkeit partiknlaristischer
Bestrebungen scharf hervortreten läßt auch in Angelegenheiten, die mit der
innern politischen Gestaltung des deutschen Reiches in keinem Zusammenhange
stehen.

Im Frühjahre 1872 gab ein sächsischer Kamerad die erste Anregung für
den Zusammenschluß der bestehenden Kriegervereine. Seine Zeitschrift, der
„Deutsche Kriegerbund," fand in den beteiligten Kreisen allgemeinen Anklang.
Gleich eine der ersten Nummern konnte auch von den Wünschen berichten, mit
denen der Kaiser eine gedeihliche Fortentwicklung des Kriegcrvereinswesens be¬
gleitete, und aus allen Teilen des Reichs meldeten sich bestehende Vereine, welche
sich an der Bildung eines großen Bundes zur Vereinigung aller Wasfengenossen
beteiligen wollten.

Auf einer Zusammenkunft in Weißenfels am 14. April 1873 gelang denn
anch die Stiftung des „Deutschen Kriegcrbundcs," nachdem vierzig Vereine
ihren Beitritt sofort erklärt, mehr als hundert denselben in Aussicht gestellt hatten.
Ein preußischer höherer Offizier z. D. führte den Vorsitz, und abgesehen davon,
daß derselbe General noch heute Ehrenvorsitzender des Bundes ist, legt auch
der Umstand von der stetigen Weiterentwicklung des Bundes Zeugnis ab, daß
ihm der Kaiser als König von Preußen in neuerer Zeit die Rechte einer
juristischen Person verliehen hat.

Die Satzungen des Deutschen Kriegerbundes verbieten bei den Versammlungen
und Verhandlungen jede Erörterung politischer und religiöser Angelegenheiten.
Dagegen will der Bund, welcher sich aus Vereinen zusammensetzt, deren Be¬
stehen sich auf das ehemalige Militärverhältnis ihrer Mitglieder gründet, das
Band der Kameradschaft auch im bürgerlichen Leben unter seinen Mitgliedern
erhalten und Pflegen, wie das Nationalbewußtsein und die Liebe zu Kaiser


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[0202] Die deutschen Anegervereiue. geHörigkeit, dem Streben nach gleichen Zielen, auch äußern unzweifelhaften Aus¬ druck zu verleihen. Aber der betrübenden und beschämenden Thatsache gegenüber, daß es bei der Gestaltung des Reichs nicht einmal hat gelingen wollen, eine völlige Einheit in Bezug auf die deutscheu Heereseinrichtungen herzustellen, kann es kaum Wunder nehmen, daß auch die Einigungsbestrebuugen der Kriegervereine nicht zum Ziele führten. Bekanntlich hat der deutsche Kaiser durch Zusätze und besondere Ver¬ träge auf einen erheblichen Teil der Gerechtsame Verzicht geleistet, welche die Reichsverfassung dem obersten Bnndesfeldherrn gewährleistete, und wie wir jetzt statt von dem „deutschen Heere" von der preußischen Armee und den mit ihr verbundenen Kontingenten, von einer bairischen, würtembergischen und sächsischen Armee sprechen, so hat sich auch in Sachen der Kriegervereine von neuem der alte Satz bewahrheitet, wie schwierig, um nicht zu sagen unmöglich es ist, die Deutschen unter einen Hut zu bringen. So erscheint die Entwicklung des Kriegervereinswesens während der letzten zehn Jahre schon deshalb anch für weitere Kreise nicht ohne Interesse, weil sie die Zähigkeit partiknlaristischer Bestrebungen scharf hervortreten läßt auch in Angelegenheiten, die mit der innern politischen Gestaltung des deutschen Reiches in keinem Zusammenhange stehen. Im Frühjahre 1872 gab ein sächsischer Kamerad die erste Anregung für den Zusammenschluß der bestehenden Kriegervereine. Seine Zeitschrift, der „Deutsche Kriegerbund," fand in den beteiligten Kreisen allgemeinen Anklang. Gleich eine der ersten Nummern konnte auch von den Wünschen berichten, mit denen der Kaiser eine gedeihliche Fortentwicklung des Kriegcrvereinswesens be¬ gleitete, und aus allen Teilen des Reichs meldeten sich bestehende Vereine, welche sich an der Bildung eines großen Bundes zur Vereinigung aller Wasfengenossen beteiligen wollten. Auf einer Zusammenkunft in Weißenfels am 14. April 1873 gelang denn anch die Stiftung des „Deutschen Kriegcrbundcs," nachdem vierzig Vereine ihren Beitritt sofort erklärt, mehr als hundert denselben in Aussicht gestellt hatten. Ein preußischer höherer Offizier z. D. führte den Vorsitz, und abgesehen davon, daß derselbe General noch heute Ehrenvorsitzender des Bundes ist, legt auch der Umstand von der stetigen Weiterentwicklung des Bundes Zeugnis ab, daß ihm der Kaiser als König von Preußen in neuerer Zeit die Rechte einer juristischen Person verliehen hat. Die Satzungen des Deutschen Kriegerbundes verbieten bei den Versammlungen und Verhandlungen jede Erörterung politischer und religiöser Angelegenheiten. Dagegen will der Bund, welcher sich aus Vereinen zusammensetzt, deren Be¬ stehen sich auf das ehemalige Militärverhältnis ihrer Mitglieder gründet, das Band der Kameradschaft auch im bürgerlichen Leben unter seinen Mitgliedern erhalten und Pflegen, wie das Nationalbewußtsein und die Liebe zu Kaiser

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/202>, abgerufen am 23.07.2024.