Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

bindendes in der Hand zu haben, aus dem doch später kein Richter eine ver¬
bindliche Zusage herauszulesen vermöchte.

Um die internationalen Schuldverbindlichkeiten von allen nationalen Be¬
sonderheiten und von den Einflüssen aller nationalen Gesetzgebungen und Währungs¬
reformen abzulösen, lag es nahe, sie nicht auf bestimmten Summen geprägten
Geldes, sondern auf Gewichtseinheiten Goldes oder Silbers auszustellen. Ein
Thaler kann durch eine Münzreform zu etwas ganz anderem werden, nämlich
zu drei Mark in Gold, für einen Silbergulden muß ich vielleicht später einen
Papiergulden auf Grund des Gesetzes annehmen. Hat mir aber der Schuldner
ein Kilo Gold, das Gold gleichsam als Waare, versprochen, so ist der Inhalt
der Schuld dem Einfluß der Gesetzgebung entzogen. Das scheint wohl Bekkers
Gedankengang gewesen zu sein, und er kommt folgerichtig dazu, Obligationen,
ausgestellt auf so und so viel Gramm Feingold, als die beste Verwirklichung
des Gedankens der internationalen Schuldverschreibung zu empfehlen. Größere
Stücke müßten auf ein Kilogramm oder Mehrheiten desselben lauten; kleinere ans
500 oder 200 oder 100 Gramm Feingold. Entsprechend würden die Jahres-
tupous auf 50, 25, 10 oder 5 Gramm Gold, bei niederen Procenten auf 4V,
20, 8 oder 4 Gramm gehen. Die Emittenten hätten sich außerdem zu verpflichten,
an den von ihnen bestimmten Zahlstellen die Einlösung, wie der Kupons, so
dereinst der Obligationen, in der Währung des Platzes auszuführen.

Diesen Schuldverschreibungen würden als Vorzüge nachzurühmen sein: 1) Die
Beseitigung aller nationalen Singularitäten ermöglicht den Absatz auf all den
Plätzen, wo überhaupt in Papieren gehandelt wird. 2) Diese Ubiquitüt, ver¬
bunden mit der Gemeinverständlichkeit der zu Grunde liegenden Normaleinheit
(des Grammes reines Goldes) sind geeignet, in deu weitesten Kreisen Vertraue"
zu erwecken. 3) Der juristische Grundgedanke ist ein so einfacher, daß eine klar
alle Mißdeutungen ausschließende Fassung des ans die Papiere zu setzenden Textes
keinen Schwierigkeiten begegnet. 4) Der Gläubiger hat die juristische Gewißheit
(welche die neuen österreichischen Gvldprioritäten nicht geben) nie weniger zu er¬
halten als das Äquivalent einer bestimmten Quantität Goldes in Landeswährung,
andrerseits hat der Schuldner dieselbe Gewißheit -- die, wie der Erfolg gezeigt
hat, die Silberprivritäten ihm nicht gaben -- ans nicht mehr als eben dies Äqui¬
valent des Gvldquantums in den Landeswährungen, auf die seine Zusage geht,
belangt werden zu können. 5) Auch Währungsivcchsel, sei es am Orte der
Emission oder der einzelnen Zahlstelle, vermögen -- wenigstens nach Bekker --
weder eine Minderberechtigung des Gläubigers noch eine Mehrbelastung des
Schuldners herbeizuführen.

Die letztere Behauptung zeigt jedoch einen gewissen Maugel in der ganzen
Betrachtungsweise des Verfassers. Seiner Stellung gemäß ist diese zu einseitig
Mistisch, Juristische Vorzüge würden sich diesen Obligationen gewiß nachrühmen
lassen, z" Zank und Streit vor den Gerichten würden sie viel weniger Anlaß


bindendes in der Hand zu haben, aus dem doch später kein Richter eine ver¬
bindliche Zusage herauszulesen vermöchte.

Um die internationalen Schuldverbindlichkeiten von allen nationalen Be¬
sonderheiten und von den Einflüssen aller nationalen Gesetzgebungen und Währungs¬
reformen abzulösen, lag es nahe, sie nicht auf bestimmten Summen geprägten
Geldes, sondern auf Gewichtseinheiten Goldes oder Silbers auszustellen. Ein
Thaler kann durch eine Münzreform zu etwas ganz anderem werden, nämlich
zu drei Mark in Gold, für einen Silbergulden muß ich vielleicht später einen
Papiergulden auf Grund des Gesetzes annehmen. Hat mir aber der Schuldner
ein Kilo Gold, das Gold gleichsam als Waare, versprochen, so ist der Inhalt
der Schuld dem Einfluß der Gesetzgebung entzogen. Das scheint wohl Bekkers
Gedankengang gewesen zu sein, und er kommt folgerichtig dazu, Obligationen,
ausgestellt auf so und so viel Gramm Feingold, als die beste Verwirklichung
des Gedankens der internationalen Schuldverschreibung zu empfehlen. Größere
Stücke müßten auf ein Kilogramm oder Mehrheiten desselben lauten; kleinere ans
500 oder 200 oder 100 Gramm Feingold. Entsprechend würden die Jahres-
tupous auf 50, 25, 10 oder 5 Gramm Gold, bei niederen Procenten auf 4V,
20, 8 oder 4 Gramm gehen. Die Emittenten hätten sich außerdem zu verpflichten,
an den von ihnen bestimmten Zahlstellen die Einlösung, wie der Kupons, so
dereinst der Obligationen, in der Währung des Platzes auszuführen.

Diesen Schuldverschreibungen würden als Vorzüge nachzurühmen sein: 1) Die
Beseitigung aller nationalen Singularitäten ermöglicht den Absatz auf all den
Plätzen, wo überhaupt in Papieren gehandelt wird. 2) Diese Ubiquitüt, ver¬
bunden mit der Gemeinverständlichkeit der zu Grunde liegenden Normaleinheit
(des Grammes reines Goldes) sind geeignet, in deu weitesten Kreisen Vertraue»
zu erwecken. 3) Der juristische Grundgedanke ist ein so einfacher, daß eine klar
alle Mißdeutungen ausschließende Fassung des ans die Papiere zu setzenden Textes
keinen Schwierigkeiten begegnet. 4) Der Gläubiger hat die juristische Gewißheit
(welche die neuen österreichischen Gvldprioritäten nicht geben) nie weniger zu er¬
halten als das Äquivalent einer bestimmten Quantität Goldes in Landeswährung,
andrerseits hat der Schuldner dieselbe Gewißheit — die, wie der Erfolg gezeigt
hat, die Silberprivritäten ihm nicht gaben — ans nicht mehr als eben dies Äqui¬
valent des Gvldquantums in den Landeswährungen, auf die seine Zusage geht,
belangt werden zu können. 5) Auch Währungsivcchsel, sei es am Orte der
Emission oder der einzelnen Zahlstelle, vermögen — wenigstens nach Bekker —
weder eine Minderberechtigung des Gläubigers noch eine Mehrbelastung des
Schuldners herbeizuführen.

Die letztere Behauptung zeigt jedoch einen gewissen Maugel in der ganzen
Betrachtungsweise des Verfassers. Seiner Stellung gemäß ist diese zu einseitig
Mistisch, Juristische Vorzüge würden sich diesen Obligationen gewiß nachrühmen
lassen, z» Zank und Streit vor den Gerichten würden sie viel weniger Anlaß


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0029" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86150"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_68" prev="#ID_67"> bindendes in der Hand zu haben, aus dem doch später kein Richter eine ver¬<lb/>
bindliche Zusage herauszulesen vermöchte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_69"> Um die internationalen Schuldverbindlichkeiten von allen nationalen Be¬<lb/>
sonderheiten und von den Einflüssen aller nationalen Gesetzgebungen und Währungs¬<lb/>
reformen abzulösen, lag es nahe, sie nicht auf bestimmten Summen geprägten<lb/>
Geldes, sondern auf Gewichtseinheiten Goldes oder Silbers auszustellen. Ein<lb/>
Thaler kann durch eine Münzreform zu etwas ganz anderem werden, nämlich<lb/>
zu drei Mark in Gold, für einen Silbergulden muß ich vielleicht später einen<lb/>
Papiergulden auf Grund des Gesetzes annehmen. Hat mir aber der Schuldner<lb/>
ein Kilo Gold, das Gold gleichsam als Waare, versprochen, so ist der Inhalt<lb/>
der Schuld dem Einfluß der Gesetzgebung entzogen. Das scheint wohl Bekkers<lb/>
Gedankengang gewesen zu sein, und er kommt folgerichtig dazu, Obligationen,<lb/>
ausgestellt auf so und so viel Gramm Feingold, als die beste Verwirklichung<lb/>
des Gedankens der internationalen Schuldverschreibung zu empfehlen. Größere<lb/>
Stücke müßten auf ein Kilogramm oder Mehrheiten desselben lauten; kleinere ans<lb/>
500 oder 200 oder 100 Gramm Feingold. Entsprechend würden die Jahres-<lb/>
tupous auf 50, 25, 10 oder 5 Gramm Gold, bei niederen Procenten auf 4V,<lb/>
20, 8 oder 4 Gramm gehen. Die Emittenten hätten sich außerdem zu verpflichten,<lb/>
an den von ihnen bestimmten Zahlstellen die Einlösung, wie der Kupons, so<lb/>
dereinst der Obligationen, in der Währung des Platzes auszuführen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_70"> Diesen Schuldverschreibungen würden als Vorzüge nachzurühmen sein: 1) Die<lb/>
Beseitigung aller nationalen Singularitäten ermöglicht den Absatz auf all den<lb/>
Plätzen, wo überhaupt in Papieren gehandelt wird. 2) Diese Ubiquitüt, ver¬<lb/>
bunden mit der Gemeinverständlichkeit der zu Grunde liegenden Normaleinheit<lb/>
(des Grammes reines Goldes) sind geeignet, in deu weitesten Kreisen Vertraue»<lb/>
zu erwecken. 3) Der juristische Grundgedanke ist ein so einfacher, daß eine klar<lb/>
alle Mißdeutungen ausschließende Fassung des ans die Papiere zu setzenden Textes<lb/>
keinen Schwierigkeiten begegnet. 4) Der Gläubiger hat die juristische Gewißheit<lb/>
(welche die neuen österreichischen Gvldprioritäten nicht geben) nie weniger zu er¬<lb/>
halten als das Äquivalent einer bestimmten Quantität Goldes in Landeswährung,<lb/>
andrerseits hat der Schuldner dieselbe Gewißheit &#x2014; die, wie der Erfolg gezeigt<lb/>
hat, die Silberprivritäten ihm nicht gaben &#x2014; ans nicht mehr als eben dies Äqui¬<lb/>
valent des Gvldquantums in den Landeswährungen, auf die seine Zusage geht,<lb/>
belangt werden zu können. 5) Auch Währungsivcchsel, sei es am Orte der<lb/>
Emission oder der einzelnen Zahlstelle, vermögen &#x2014; wenigstens nach Bekker &#x2014;<lb/>
weder eine Minderberechtigung des Gläubigers noch eine Mehrbelastung des<lb/>
Schuldners herbeizuführen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_71" next="#ID_72"> Die letztere Behauptung zeigt jedoch einen gewissen Maugel in der ganzen<lb/>
Betrachtungsweise des Verfassers. Seiner Stellung gemäß ist diese zu einseitig<lb/>
Mistisch, Juristische Vorzüge würden sich diesen Obligationen gewiß nachrühmen<lb/>
lassen, z» Zank und Streit vor den Gerichten würden sie viel weniger Anlaß</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0029] bindendes in der Hand zu haben, aus dem doch später kein Richter eine ver¬ bindliche Zusage herauszulesen vermöchte. Um die internationalen Schuldverbindlichkeiten von allen nationalen Be¬ sonderheiten und von den Einflüssen aller nationalen Gesetzgebungen und Währungs¬ reformen abzulösen, lag es nahe, sie nicht auf bestimmten Summen geprägten Geldes, sondern auf Gewichtseinheiten Goldes oder Silbers auszustellen. Ein Thaler kann durch eine Münzreform zu etwas ganz anderem werden, nämlich zu drei Mark in Gold, für einen Silbergulden muß ich vielleicht später einen Papiergulden auf Grund des Gesetzes annehmen. Hat mir aber der Schuldner ein Kilo Gold, das Gold gleichsam als Waare, versprochen, so ist der Inhalt der Schuld dem Einfluß der Gesetzgebung entzogen. Das scheint wohl Bekkers Gedankengang gewesen zu sein, und er kommt folgerichtig dazu, Obligationen, ausgestellt auf so und so viel Gramm Feingold, als die beste Verwirklichung des Gedankens der internationalen Schuldverschreibung zu empfehlen. Größere Stücke müßten auf ein Kilogramm oder Mehrheiten desselben lauten; kleinere ans 500 oder 200 oder 100 Gramm Feingold. Entsprechend würden die Jahres- tupous auf 50, 25, 10 oder 5 Gramm Gold, bei niederen Procenten auf 4V, 20, 8 oder 4 Gramm gehen. Die Emittenten hätten sich außerdem zu verpflichten, an den von ihnen bestimmten Zahlstellen die Einlösung, wie der Kupons, so dereinst der Obligationen, in der Währung des Platzes auszuführen. Diesen Schuldverschreibungen würden als Vorzüge nachzurühmen sein: 1) Die Beseitigung aller nationalen Singularitäten ermöglicht den Absatz auf all den Plätzen, wo überhaupt in Papieren gehandelt wird. 2) Diese Ubiquitüt, ver¬ bunden mit der Gemeinverständlichkeit der zu Grunde liegenden Normaleinheit (des Grammes reines Goldes) sind geeignet, in deu weitesten Kreisen Vertraue» zu erwecken. 3) Der juristische Grundgedanke ist ein so einfacher, daß eine klar alle Mißdeutungen ausschließende Fassung des ans die Papiere zu setzenden Textes keinen Schwierigkeiten begegnet. 4) Der Gläubiger hat die juristische Gewißheit (welche die neuen österreichischen Gvldprioritäten nicht geben) nie weniger zu er¬ halten als das Äquivalent einer bestimmten Quantität Goldes in Landeswährung, andrerseits hat der Schuldner dieselbe Gewißheit — die, wie der Erfolg gezeigt hat, die Silberprivritäten ihm nicht gaben — ans nicht mehr als eben dies Äqui¬ valent des Gvldquantums in den Landeswährungen, auf die seine Zusage geht, belangt werden zu können. 5) Auch Währungsivcchsel, sei es am Orte der Emission oder der einzelnen Zahlstelle, vermögen — wenigstens nach Bekker — weder eine Minderberechtigung des Gläubigers noch eine Mehrbelastung des Schuldners herbeizuführen. Die letztere Behauptung zeigt jedoch einen gewissen Maugel in der ganzen Betrachtungsweise des Verfassers. Seiner Stellung gemäß ist diese zu einseitig Mistisch, Juristische Vorzüge würden sich diesen Obligationen gewiß nachrühmen lassen, z» Zank und Streit vor den Gerichten würden sie viel weniger Anlaß

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/29
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/29>, abgerufen am 03.07.2024.