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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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dürften, sondern sie zu unterstützen hätten. Aber er bemerkte ausdrücklich, daß
sie dabei von unmittelbarer Geltendmachung des Gewichts ihres Amtes, also
von Versprechungen oder Androhung von Nachteile" abzusehen hätten, und diese
Schranke für ihre Einwirkung auf die Wühler genügt. Wenn Herr von Putt-
kamer hinzufügte, Beamte, die sich das Zustandekommen regierungsfreundlicher
Wahlen angelegen sein ließen, dürften sich des Dankes seitens des Königs ver¬
sichert halten, und wenn Oppvsitivusreducr dann klagten, er habe damit die
Person des Monarchen in den leidenschaftlichen Wahlkampf gezogen und
die Ncgierungspvlitik mit ihr zu decken versucht, so ergiebt sich aus dem
obigen, wer hier recht und wer unrecht hat. Wenn der König eine lebendige
Persönlichkeit mit einer Meinung, einem Willen und bestimmten Zwecken ist,
so darf ihm nicht verwehrt sein, für die Förderung dieser Zwecke zu danken.
Ferner aber, wenn jetzt der König den Standpunkt des Ministers zu dem seinigen
macht, "ach welchem alle Beamten sich bei den Wahlen jeder Agitation gegen
die Negierung zu enthalten, die aber, welche mit Ausführung der Negierungs-
akte beauftragt sind nud deshalb nach dem Disziplinnrgesetze ihres Dienstes
enthoben werden können, pflichtmäßig die Politik der Negierung zu vertreten
haben, so erinnert die "Provinzialkorrespoudeuz" mit Recht daran, daß die ent¬
schiedenste Opposition sich -- freilich zu einer Zeit, wo sie selbst die Regierung
in die Hand zu bekommen hoffte -- ganz unumwunden zu derartiger Auf¬
fassung bekannt hat. Als die Fortschrittspartei sich 1861 bildete, nahm sie in
ihr Programm im Hinblick darauf, daß das damalige liberale Ministerium zu
viele Gegner unter den Beamte" duldete, den Satz auf: "Für unsre inneren
Einrichtunge" verlange" wir ni"c feste liberale Regierung, welche ihre Stärke
in der Achtung der verfassungsmäßigen Rechte der Bürger sieht, es versteht,
ihren Grundsätzen in allen Schichten der Bcnmtenwelt unnachsichtlich Geltung
zu verschaffen, und uns auf diesem Wege die Achtung der übrigen deutschen
Stämme erringt und erhält." Nach diesem Programme, dem man nachrühmt,
es werde von der Partei noch jetzt unverändert festgehalten, hat die Regierung
das unbczweifelbare Recht, ihre Grundsätze in der ganzen Beamtenwelt unnach¬
sichtlich zur Geltung zu bringen, und man sollte meinen, daß es für dieses
Recht gleichgiltig sei, ob eine liberale oder eine konservative Regierung am Unter
steht. Oder machen etwa die Herren vom Fortschritt auch hier wie in andern
Fragen den Unterschied geltend, den der Junker Alexander zwischen seiner Kuh
und der des Bauern fand?

Schließlich ist die Pnttkamersche Äußerung und die mit ihr parallel gehende
Stelle im königlichen Manifeste vom 4. Januar keineswegs so unerhört, wie
man in den Lagern der "große" liberale!? Partei" behauptet. Im Jahre 187S
beschloß das Staatsministerium gegen die Beamte" einzuschreite", die sich de"
Elemente" angeschlossen hatten, welche die Opposition gegen die Maßregeln der
Regierung auf kirchenpolitischen Gebiete zum Gegenstände ihrer Bestrebungen


dürften, sondern sie zu unterstützen hätten. Aber er bemerkte ausdrücklich, daß
sie dabei von unmittelbarer Geltendmachung des Gewichts ihres Amtes, also
von Versprechungen oder Androhung von Nachteile» abzusehen hätten, und diese
Schranke für ihre Einwirkung auf die Wühler genügt. Wenn Herr von Putt-
kamer hinzufügte, Beamte, die sich das Zustandekommen regierungsfreundlicher
Wahlen angelegen sein ließen, dürften sich des Dankes seitens des Königs ver¬
sichert halten, und wenn Oppvsitivusreducr dann klagten, er habe damit die
Person des Monarchen in den leidenschaftlichen Wahlkampf gezogen und
die Ncgierungspvlitik mit ihr zu decken versucht, so ergiebt sich aus dem
obigen, wer hier recht und wer unrecht hat. Wenn der König eine lebendige
Persönlichkeit mit einer Meinung, einem Willen und bestimmten Zwecken ist,
so darf ihm nicht verwehrt sein, für die Förderung dieser Zwecke zu danken.
Ferner aber, wenn jetzt der König den Standpunkt des Ministers zu dem seinigen
macht, »ach welchem alle Beamten sich bei den Wahlen jeder Agitation gegen
die Negierung zu enthalten, die aber, welche mit Ausführung der Negierungs-
akte beauftragt sind nud deshalb nach dem Disziplinnrgesetze ihres Dienstes
enthoben werden können, pflichtmäßig die Politik der Negierung zu vertreten
haben, so erinnert die „Provinzialkorrespoudeuz" mit Recht daran, daß die ent¬
schiedenste Opposition sich — freilich zu einer Zeit, wo sie selbst die Regierung
in die Hand zu bekommen hoffte — ganz unumwunden zu derartiger Auf¬
fassung bekannt hat. Als die Fortschrittspartei sich 1861 bildete, nahm sie in
ihr Programm im Hinblick darauf, daß das damalige liberale Ministerium zu
viele Gegner unter den Beamte» duldete, den Satz auf: „Für unsre inneren
Einrichtunge» verlange» wir ni»c feste liberale Regierung, welche ihre Stärke
in der Achtung der verfassungsmäßigen Rechte der Bürger sieht, es versteht,
ihren Grundsätzen in allen Schichten der Bcnmtenwelt unnachsichtlich Geltung
zu verschaffen, und uns auf diesem Wege die Achtung der übrigen deutschen
Stämme erringt und erhält." Nach diesem Programme, dem man nachrühmt,
es werde von der Partei noch jetzt unverändert festgehalten, hat die Regierung
das unbczweifelbare Recht, ihre Grundsätze in der ganzen Beamtenwelt unnach¬
sichtlich zur Geltung zu bringen, und man sollte meinen, daß es für dieses
Recht gleichgiltig sei, ob eine liberale oder eine konservative Regierung am Unter
steht. Oder machen etwa die Herren vom Fortschritt auch hier wie in andern
Fragen den Unterschied geltend, den der Junker Alexander zwischen seiner Kuh
und der des Bauern fand?

Schließlich ist die Pnttkamersche Äußerung und die mit ihr parallel gehende
Stelle im königlichen Manifeste vom 4. Januar keineswegs so unerhört, wie
man in den Lagern der „große» liberale!? Partei" behauptet. Im Jahre 187S
beschloß das Staatsministerium gegen die Beamte» einzuschreite», die sich de»
Elemente» angeschlossen hatten, welche die Opposition gegen die Maßregeln der
Regierung auf kirchenpolitischen Gebiete zum Gegenstände ihrer Bestrebungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/212>, abgerufen am 24.08.2024.