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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Die Bevölkerung Ungarns.

369,25 Qu.-M. 701 546 (1899 auf die Qu.-M.). In Ungarn sind mehr Weiber
als Männer: 141 518, in Finne: 794, in Kroatien-Slavonien: 7822, und in
der Militärgrenze überwiegt die Zahl der letztern um 15 224. Im ganzen leben
im Staate Ungarn auf 5884, 27 Qu.-M.oder 324 004,9 Qu.-Kilon. 15 695 184
Menschen, 2667 ans der Qu.-M. oder 48 auf dem Qu.-Kilon., 60,43 Prozent
Weiber. Hiervon waren in Österreich zuständig 67 762, in andern Ländern
10 050. Dem Glaubensbekenntnis nach kamen 47,20 Prozent auf Katholiken,
14,71 auf Evangelische helvetischer Konfession (Reformirte), 14,07 ans uicht-
unirte, 10,83 auf unirte Griechen, 8,16 anf Protestanten, 4,55 auf Juden, der
Nest auf Unitarier, armenisch-katholische Christen !e. Die Zahl der Griechen
und Armenier hat seit 1870 nicht unbeträchtlich abgenommen, dagegen sind ge¬
stiegen an Zahl die Reformirten um 0,12, die Protestanten um 2,11, die Uni-
tarier um 2,16, die Katholiken um 4,34 und die Juden um 13,20 Prozent.
Lesen und schreiben konnten 46,02, mir lesen 3,24, weder lesen noch schreiben
45,74. Hier werden mit Bedauern die Einzelzifferu vermißt; die Verteilung der
Gesammtmengen auf die verschiedenen Nationalitäten und Glaubensbekenntnisse
und insbesondre das Verhältnis in Siebenbürgen würde gewiß interessante
Lichter ausgestrahlt haben. Der Verfasser weist nach, daß sich seit 1870 der
Bildungsgrad der Bevölkerung, insofern er nach den Schulkenntnissen abzumessen
ist, gehoben hat; weiter zurückzugreifen lag nicht in seinein speziellen Zwecke,
uns würden authentische Daten über den Stand vor der Pazifikation und der
vernichten Germauisativn dnrch Gründung von Pnßtenschulcn u. s. w willkommen
gewesen sein.

Nun folgt die Muttersprache. Diese ist mich den Zusammenstellungen
Herichs bei 6 Millionen oder 44,91 Prozent die magyarische; zunächst folgt
walachisch mit 16,93, deutsch und slowakisch mit je 13, kroatisch-serbisch mit
4,41, rutheuisch mit 2,50 Prozent, zigennerisch, wendisch, "andre landesübliche"
und ausländische Sprachen mit kleinern Bruchteilen; 499 054 "können nicht
sprechen." An diesen Ziffern ist mancherlei wunderlich. Bei 76 000 Zigeunern
soll die Zahl der Kroaten nnr 605 725, die der Deutschen I 798 373 betragen.
Und wo sind die Juden? Offenbar ist deren Muttersprache das "Ungarische"!
Aber wie dem auch sei, nehmen wir diese Angaben, wie sie ohne Zweifel von
den Zählungstvinmissionen geliefert worden sind, und verteilen die halbe Million
Stumme wie billig nach dein Verhältnis der verschiedenen Sprachen, so erhalten
wir immer nnr eine Minorität von 46 Prozent mit "ungarischer" Mutter¬
sprache. Und neun wir ferner erfahren, daß 10,81 Prozent der nichtmagyarischen
Bevölkerung auch der "Staatssprache" kundig, dagegen 81,8 Prozent der Ma¬
gyaren nnr ihre Muttersprache verstehe", so ändert das nichts. Durch diese
offizielle Statistik werden die Ansprüche der Magyaren n"d Magyaronen ebenso
entschieden verurteilt, wie durch die Geschichte und das verbriefte Recht.




Die Bevölkerung Ungarns.

369,25 Qu.-M. 701 546 (1899 auf die Qu.-M.). In Ungarn sind mehr Weiber
als Männer: 141 518, in Finne: 794, in Kroatien-Slavonien: 7822, und in
der Militärgrenze überwiegt die Zahl der letztern um 15 224. Im ganzen leben
im Staate Ungarn auf 5884, 27 Qu.-M.oder 324 004,9 Qu.-Kilon. 15 695 184
Menschen, 2667 ans der Qu.-M. oder 48 auf dem Qu.-Kilon., 60,43 Prozent
Weiber. Hiervon waren in Österreich zuständig 67 762, in andern Ländern
10 050. Dem Glaubensbekenntnis nach kamen 47,20 Prozent auf Katholiken,
14,71 auf Evangelische helvetischer Konfession (Reformirte), 14,07 ans uicht-
unirte, 10,83 auf unirte Griechen, 8,16 anf Protestanten, 4,55 auf Juden, der
Nest auf Unitarier, armenisch-katholische Christen !e. Die Zahl der Griechen
und Armenier hat seit 1870 nicht unbeträchtlich abgenommen, dagegen sind ge¬
stiegen an Zahl die Reformirten um 0,12, die Protestanten um 2,11, die Uni-
tarier um 2,16, die Katholiken um 4,34 und die Juden um 13,20 Prozent.
Lesen und schreiben konnten 46,02, mir lesen 3,24, weder lesen noch schreiben
45,74. Hier werden mit Bedauern die Einzelzifferu vermißt; die Verteilung der
Gesammtmengen auf die verschiedenen Nationalitäten und Glaubensbekenntnisse
und insbesondre das Verhältnis in Siebenbürgen würde gewiß interessante
Lichter ausgestrahlt haben. Der Verfasser weist nach, daß sich seit 1870 der
Bildungsgrad der Bevölkerung, insofern er nach den Schulkenntnissen abzumessen
ist, gehoben hat; weiter zurückzugreifen lag nicht in seinein speziellen Zwecke,
uns würden authentische Daten über den Stand vor der Pazifikation und der
vernichten Germauisativn dnrch Gründung von Pnßtenschulcn u. s. w willkommen
gewesen sein.

Nun folgt die Muttersprache. Diese ist mich den Zusammenstellungen
Herichs bei 6 Millionen oder 44,91 Prozent die magyarische; zunächst folgt
walachisch mit 16,93, deutsch und slowakisch mit je 13, kroatisch-serbisch mit
4,41, rutheuisch mit 2,50 Prozent, zigennerisch, wendisch, „andre landesübliche"
und ausländische Sprachen mit kleinern Bruchteilen; 499 054 „können nicht
sprechen." An diesen Ziffern ist mancherlei wunderlich. Bei 76 000 Zigeunern
soll die Zahl der Kroaten nnr 605 725, die der Deutschen I 798 373 betragen.
Und wo sind die Juden? Offenbar ist deren Muttersprache das „Ungarische"!
Aber wie dem auch sei, nehmen wir diese Angaben, wie sie ohne Zweifel von
den Zählungstvinmissionen geliefert worden sind, und verteilen die halbe Million
Stumme wie billig nach dein Verhältnis der verschiedenen Sprachen, so erhalten
wir immer nnr eine Minorität von 46 Prozent mit „ungarischer" Mutter¬
sprache. Und neun wir ferner erfahren, daß 10,81 Prozent der nichtmagyarischen
Bevölkerung auch der „Staatssprache" kundig, dagegen 81,8 Prozent der Ma¬
gyaren nnr ihre Muttersprache verstehe», so ändert das nichts. Durch diese
offizielle Statistik werden die Ansprüche der Magyaren n»d Magyaronen ebenso
entschieden verurteilt, wie durch die Geschichte und das verbriefte Recht.




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[0246] Die Bevölkerung Ungarns. 369,25 Qu.-M. 701 546 (1899 auf die Qu.-M.). In Ungarn sind mehr Weiber als Männer: 141 518, in Finne: 794, in Kroatien-Slavonien: 7822, und in der Militärgrenze überwiegt die Zahl der letztern um 15 224. Im ganzen leben im Staate Ungarn auf 5884, 27 Qu.-M.oder 324 004,9 Qu.-Kilon. 15 695 184 Menschen, 2667 ans der Qu.-M. oder 48 auf dem Qu.-Kilon., 60,43 Prozent Weiber. Hiervon waren in Österreich zuständig 67 762, in andern Ländern 10 050. Dem Glaubensbekenntnis nach kamen 47,20 Prozent auf Katholiken, 14,71 auf Evangelische helvetischer Konfession (Reformirte), 14,07 ans uicht- unirte, 10,83 auf unirte Griechen, 8,16 anf Protestanten, 4,55 auf Juden, der Nest auf Unitarier, armenisch-katholische Christen !e. Die Zahl der Griechen und Armenier hat seit 1870 nicht unbeträchtlich abgenommen, dagegen sind ge¬ stiegen an Zahl die Reformirten um 0,12, die Protestanten um 2,11, die Uni- tarier um 2,16, die Katholiken um 4,34 und die Juden um 13,20 Prozent. Lesen und schreiben konnten 46,02, mir lesen 3,24, weder lesen noch schreiben 45,74. Hier werden mit Bedauern die Einzelzifferu vermißt; die Verteilung der Gesammtmengen auf die verschiedenen Nationalitäten und Glaubensbekenntnisse und insbesondre das Verhältnis in Siebenbürgen würde gewiß interessante Lichter ausgestrahlt haben. Der Verfasser weist nach, daß sich seit 1870 der Bildungsgrad der Bevölkerung, insofern er nach den Schulkenntnissen abzumessen ist, gehoben hat; weiter zurückzugreifen lag nicht in seinein speziellen Zwecke, uns würden authentische Daten über den Stand vor der Pazifikation und der vernichten Germauisativn dnrch Gründung von Pnßtenschulcn u. s. w willkommen gewesen sein. Nun folgt die Muttersprache. Diese ist mich den Zusammenstellungen Herichs bei 6 Millionen oder 44,91 Prozent die magyarische; zunächst folgt walachisch mit 16,93, deutsch und slowakisch mit je 13, kroatisch-serbisch mit 4,41, rutheuisch mit 2,50 Prozent, zigennerisch, wendisch, „andre landesübliche" und ausländische Sprachen mit kleinern Bruchteilen; 499 054 „können nicht sprechen." An diesen Ziffern ist mancherlei wunderlich. Bei 76 000 Zigeunern soll die Zahl der Kroaten nnr 605 725, die der Deutschen I 798 373 betragen. Und wo sind die Juden? Offenbar ist deren Muttersprache das „Ungarische"! Aber wie dem auch sei, nehmen wir diese Angaben, wie sie ohne Zweifel von den Zählungstvinmissionen geliefert worden sind, und verteilen die halbe Million Stumme wie billig nach dein Verhältnis der verschiedenen Sprachen, so erhalten wir immer nnr eine Minorität von 46 Prozent mit „ungarischer" Mutter¬ sprache. Und neun wir ferner erfahren, daß 10,81 Prozent der nichtmagyarischen Bevölkerung auch der „Staatssprache" kundig, dagegen 81,8 Prozent der Ma¬ gyaren nnr ihre Muttersprache verstehe», so ändert das nichts. Durch diese offizielle Statistik werden die Ansprüche der Magyaren n»d Magyaronen ebenso entschieden verurteilt, wie durch die Geschichte und das verbriefte Recht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/246>, abgerufen am 29.06.2024.