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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Zu Goethes Leipziger Studentenzeit.

Von Spreu doch auch eine beträchtliche Meuge wertvoller Mitteilungen enthält,
ist bisher sogut wie uicht benutzt worden. Die wenigen, die etwas von ihrem
Vorhandensein gewußt und in früherer Zeit gelegentlich die eine oder andre Notiz
aus ihr geschöpft und veröffentlicht haben, haben stets (absichtlich oder unabsichtlich)
unterlassen, ihren Aufbewahrungsort anzugeben, und so konnte es z. B. kommen, daß
Spitta, als er vor einigen Jahren mit der Abfassung des zweiten Bandes seiner
Biographie Johann Sebastian Bachs beschäftigt war und dabei auch durch ver¬
schiedene Spuren auf diese ooutinuÄtio ÄunMuin Iüp8i6N8iunci hingewiesen wurde,
trotz wochenlanger Nachforschungen die gesuchte Quelle uicht auffand. Die vor-
handenen Zitate schienen ans ein Druckwerk zu deuten. Als aller Bemühungen
ungeachtet sich keines dergleichen nachweisen ließ, lag es am nächsten, an den
auf der Leipziger Stadtbibliothek befindlichen Vogelscheu Nachlaß zu denken.
Aber auch hier war alles Suchen vergebens. Wo die Quelle in Wahrheit ver¬
borgen war, konnte niemand ahnen.*)

In dieser handschriftlichen Chronik nun ist unter dem 10. Oktober 1766
aufgezeichnet: "An eben diesem Tage wurde zum erstenmale Lomirweclik auf dem
"euer l^vittLr am Ranuischeu Thore auf der Pastey gehalten, die Ooinovcl. wurde
bediente HörirmQn."

Aber noch eine zweite, bessere Quelle liegt vor. Das Leipziger Natsarchiv
verwahrt auch zwei Aktenstücke aus den Jahren 1764 und 1765, das eine re-
gistrirt als: ^vo, die von Hrn. Obristen George Rudolph von Felsch gesuchte
Uberlaßuug eines Platzes am Eingange des Schloßes alhier zu Anlegung eines
^onovrt-Saales betr., das andre als: ^.ota, die gnädigst anbefohlene Über¬
gebung der Ranstädter Bastey zu Anlegung eines vonokrt-Saales an Herrn
Jug'snioru-8-Obristen George Rudolph Fahnden, und was dein anhängig, betr.
Was nach den Aufschriften schwerlich jemand vermuten wird: diese beiden Akten¬
stücke enthalten die Entstehungsgeschichte des alten Leipziger Theatergcbüudcs.

Schon im Angust 1764 wandte sich der Oberst Fasch an den damaligen
Administrator Kursachsens, den Prinzen Xaver, mit der Bitte, ihm den vor dem
Eingange in die Pleißenburg nach der Stadt zu gelegenen freien Platz zur Er¬
richtung eines Konzerthauses zu schenken.**) Das Leipziger Kreisamt und der
Leipzigs Rat, die zur Begutachtung dieses Gesundes aufgefordert wurden, sprachen
gegen die Bebauung dieses Platzes mancherlei Bedenken ans, namentlich fürch¬
teten sie, daß, wenn auch bei dem beabsichtigten Bau ein Durchgang nach dem
Burgthore gelassen würde, dennoch Verkehrsstörungen entstehen könnten, und so
lehnte die Regierung das Gesuch Fcischs ab, forderte ihn aber auf, andre in




*) Der Verfasser dieser Mitteilungen ist damit beschäftigt, eine Auswahl der wertvollsten
Notizen aus dem umfänglichen Werke durch den Druck zu veröffentlichen.
**) Die Bitte hat nichts auffälliges. Schon der verstorbene Kurfürst hatte alles an der
Pleis^nburg ^ge,, die Stadt zu gelegene Areal zur Bebauung verschenkt. Nur dieses Stück
'our noch übrig.
Zu Goethes Leipziger Studentenzeit.

Von Spreu doch auch eine beträchtliche Meuge wertvoller Mitteilungen enthält,
ist bisher sogut wie uicht benutzt worden. Die wenigen, die etwas von ihrem
Vorhandensein gewußt und in früherer Zeit gelegentlich die eine oder andre Notiz
aus ihr geschöpft und veröffentlicht haben, haben stets (absichtlich oder unabsichtlich)
unterlassen, ihren Aufbewahrungsort anzugeben, und so konnte es z. B. kommen, daß
Spitta, als er vor einigen Jahren mit der Abfassung des zweiten Bandes seiner
Biographie Johann Sebastian Bachs beschäftigt war und dabei auch durch ver¬
schiedene Spuren auf diese ooutinuÄtio ÄunMuin Iüp8i6N8iunci hingewiesen wurde,
trotz wochenlanger Nachforschungen die gesuchte Quelle uicht auffand. Die vor-
handenen Zitate schienen ans ein Druckwerk zu deuten. Als aller Bemühungen
ungeachtet sich keines dergleichen nachweisen ließ, lag es am nächsten, an den
auf der Leipziger Stadtbibliothek befindlichen Vogelscheu Nachlaß zu denken.
Aber auch hier war alles Suchen vergebens. Wo die Quelle in Wahrheit ver¬
borgen war, konnte niemand ahnen.*)

In dieser handschriftlichen Chronik nun ist unter dem 10. Oktober 1766
aufgezeichnet: „An eben diesem Tage wurde zum erstenmale Lomirweclik auf dem
»euer l^vittLr am Ranuischeu Thore auf der Pastey gehalten, die Ooinovcl. wurde
bediente HörirmQn."

Aber noch eine zweite, bessere Quelle liegt vor. Das Leipziger Natsarchiv
verwahrt auch zwei Aktenstücke aus den Jahren 1764 und 1765, das eine re-
gistrirt als: ^vo, die von Hrn. Obristen George Rudolph von Felsch gesuchte
Uberlaßuug eines Platzes am Eingange des Schloßes alhier zu Anlegung eines
^onovrt-Saales betr., das andre als: ^.ota, die gnädigst anbefohlene Über¬
gebung der Ranstädter Bastey zu Anlegung eines vonokrt-Saales an Herrn
Jug'snioru-8-Obristen George Rudolph Fahnden, und was dein anhängig, betr.
Was nach den Aufschriften schwerlich jemand vermuten wird: diese beiden Akten¬
stücke enthalten die Entstehungsgeschichte des alten Leipziger Theatergcbüudcs.

Schon im Angust 1764 wandte sich der Oberst Fasch an den damaligen
Administrator Kursachsens, den Prinzen Xaver, mit der Bitte, ihm den vor dem
Eingange in die Pleißenburg nach der Stadt zu gelegenen freien Platz zur Er¬
richtung eines Konzerthauses zu schenken.**) Das Leipziger Kreisamt und der
Leipzigs Rat, die zur Begutachtung dieses Gesundes aufgefordert wurden, sprachen
gegen die Bebauung dieses Platzes mancherlei Bedenken ans, namentlich fürch¬
teten sie, daß, wenn auch bei dem beabsichtigten Bau ein Durchgang nach dem
Burgthore gelassen würde, dennoch Verkehrsstörungen entstehen könnten, und so
lehnte die Regierung das Gesuch Fcischs ab, forderte ihn aber auf, andre in




*) Der Verfasser dieser Mitteilungen ist damit beschäftigt, eine Auswahl der wertvollsten
Notizen aus dem umfänglichen Werke durch den Druck zu veröffentlichen.
**) Die Bitte hat nichts auffälliges. Schon der verstorbene Kurfürst hatte alles an der
Pleis^nburg ^ge,, die Stadt zu gelegene Areal zur Bebauung verschenkt. Nur dieses Stück
'our noch übrig.
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[0127] Zu Goethes Leipziger Studentenzeit. Von Spreu doch auch eine beträchtliche Meuge wertvoller Mitteilungen enthält, ist bisher sogut wie uicht benutzt worden. Die wenigen, die etwas von ihrem Vorhandensein gewußt und in früherer Zeit gelegentlich die eine oder andre Notiz aus ihr geschöpft und veröffentlicht haben, haben stets (absichtlich oder unabsichtlich) unterlassen, ihren Aufbewahrungsort anzugeben, und so konnte es z. B. kommen, daß Spitta, als er vor einigen Jahren mit der Abfassung des zweiten Bandes seiner Biographie Johann Sebastian Bachs beschäftigt war und dabei auch durch ver¬ schiedene Spuren auf diese ooutinuÄtio ÄunMuin Iüp8i6N8iunci hingewiesen wurde, trotz wochenlanger Nachforschungen die gesuchte Quelle uicht auffand. Die vor- handenen Zitate schienen ans ein Druckwerk zu deuten. Als aller Bemühungen ungeachtet sich keines dergleichen nachweisen ließ, lag es am nächsten, an den auf der Leipziger Stadtbibliothek befindlichen Vogelscheu Nachlaß zu denken. Aber auch hier war alles Suchen vergebens. Wo die Quelle in Wahrheit ver¬ borgen war, konnte niemand ahnen.*) In dieser handschriftlichen Chronik nun ist unter dem 10. Oktober 1766 aufgezeichnet: „An eben diesem Tage wurde zum erstenmale Lomirweclik auf dem »euer l^vittLr am Ranuischeu Thore auf der Pastey gehalten, die Ooinovcl. wurde bediente HörirmQn." Aber noch eine zweite, bessere Quelle liegt vor. Das Leipziger Natsarchiv verwahrt auch zwei Aktenstücke aus den Jahren 1764 und 1765, das eine re- gistrirt als: ^vo, die von Hrn. Obristen George Rudolph von Felsch gesuchte Uberlaßuug eines Platzes am Eingange des Schloßes alhier zu Anlegung eines ^onovrt-Saales betr., das andre als: ^.ota, die gnädigst anbefohlene Über¬ gebung der Ranstädter Bastey zu Anlegung eines vonokrt-Saales an Herrn Jug'snioru-8-Obristen George Rudolph Fahnden, und was dein anhängig, betr. Was nach den Aufschriften schwerlich jemand vermuten wird: diese beiden Akten¬ stücke enthalten die Entstehungsgeschichte des alten Leipziger Theatergcbüudcs. Schon im Angust 1764 wandte sich der Oberst Fasch an den damaligen Administrator Kursachsens, den Prinzen Xaver, mit der Bitte, ihm den vor dem Eingange in die Pleißenburg nach der Stadt zu gelegenen freien Platz zur Er¬ richtung eines Konzerthauses zu schenken.**) Das Leipziger Kreisamt und der Leipzigs Rat, die zur Begutachtung dieses Gesundes aufgefordert wurden, sprachen gegen die Bebauung dieses Platzes mancherlei Bedenken ans, namentlich fürch¬ teten sie, daß, wenn auch bei dem beabsichtigten Bau ein Durchgang nach dem Burgthore gelassen würde, dennoch Verkehrsstörungen entstehen könnten, und so lehnte die Regierung das Gesuch Fcischs ab, forderte ihn aber auf, andre in *) Der Verfasser dieser Mitteilungen ist damit beschäftigt, eine Auswahl der wertvollsten Notizen aus dem umfänglichen Werke durch den Druck zu veröffentlichen. **) Die Bitte hat nichts auffälliges. Schon der verstorbene Kurfürst hatte alles an der Pleis^nburg ^ge,, die Stadt zu gelegene Areal zur Bebauung verschenkt. Nur dieses Stück 'our noch übrig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/127>, abgerufen am 26.06.2024.