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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Der jüngste Tag.

braten, nicht gedämpft, es war kein Rührei, kein Eierkuchen, sie wurden nicht
in der halben Schale gebacken, sie wurden nicht mit Knoblauch gefüllt und mit
Moosbeeren servirt, sie wurden nicht gesotten und mit Auchovisscmee aufge¬
tragen, sie wurden nicht 8cünii verspeist. Ich glaube, ich thue klüger, hier
Halt zu machen, damit ich nicht meine Kenntnis der Kochkunst verrate. Es genügt,
wenn ich sage, sie waren nach keiner der obenerwähnten Methoden und auch nach
keiner von denjenigen zubereitet, deren in Catharine Berchers und Marion
Harlands Kochbuche gedacht wird. Sie wurden 1-i uioäo Hinterwald gebacken.
Es schickt sich schwerlich, daß ich an dieser Stelle ein Rezept mitteile, das
Passender in der Abteilung der Zeitungen seinen Platz hemde, die mit "Haus-
wirtschaftliches" bezeichnet ist. Aber um die Neugier zu befriedigen und etwas
über Kochkunst zu erzählen, was Professor I)r. Vive nicht weiß, darf ich wohl
sagen, daß die Eier zerschlagen und auf ein Stück Löschpapier geschüttet wurden,
welches mau auf die oberste Platte eines alten Kastenofens hingebreitet hatte.
Während der Zeit, wo das El sich hart but, verbrannte das Papier zu Asche,
das El aber kam sauber und nett von dem Ofen und bildete einen so wohl¬
schmeckenden und so verdaulichen Bestandteil eines späten Soupers, als man
sich nur wünschen konnte. Es fehlte dazu nur noch Mandluffs besondre Sorte
Whisky, um es zu einer Schwelgerei der ausgesuchtesten Art zu machen. Denn
je mehr eine Schwelgerei an Leben und Gesundheit kostet, desto verlockender ist sie.

Es gab also im Kramladen Mnndlufss ein Eicressen. Es sollte eine
"Lagerversammlung" abgehalten werden zu Ehren der erfolgreichen Heimkehr
Norman Andersvns zur Freiheit und seinen Kameraden. Es machte Norman
das größte Vergnügen, zu einer Gesellschaft zurückzukehren, wo es ihm eher
zur Ehre als zu etwas anderen gereichte, daß er einen schlechten Streich be¬
gangen hatte, dabei erwischt worden war und von dem alten Bücherwurm, der
versucht hatte, ihm Latein beizubringen, den Laufpaß bekommen hatte.

Die Eier wurden im hergebrachten Stile gebacken, der Whisky wurde ge¬
trunken, und die Gesellschaft war gründlich bezecht. Bill Days ziemlich rote
Augen wurden röter, und seine Nase glänzte vor Vergnügen, als er das fettige
Packet Spielkarten mischte. Das Lächeln des weinerlich betrunkenen zog über die
gewöhnlich melancholischen Linien seines Gesichts in einer Weise, daß seine Züge
in eine seltsam im Gegensatz zu einander stehende Anzahl von Gefühlsausdrücken
zerspalten und zersplittert wurden.

Er begann mit einem lauten Schlucken. Dann brüllte er, indem er die
Karten über die Köpfe seiner Genossen weg auf den Boden warf: Holla, Jun-
gens, das ist großartig! Hoho! (Schlucken.) Ich sage, 's ist großartig. Laßt
uns was loslassen.

Hier hörte man ein Stimmengewirr, in dem man verstand, "es wäre wirk¬
lich großartig," und daß es "gut sein würde, was loszulassen oder auch was
anderes."


Der jüngste Tag.

braten, nicht gedämpft, es war kein Rührei, kein Eierkuchen, sie wurden nicht
in der halben Schale gebacken, sie wurden nicht mit Knoblauch gefüllt und mit
Moosbeeren servirt, sie wurden nicht gesotten und mit Auchovisscmee aufge¬
tragen, sie wurden nicht 8cünii verspeist. Ich glaube, ich thue klüger, hier
Halt zu machen, damit ich nicht meine Kenntnis der Kochkunst verrate. Es genügt,
wenn ich sage, sie waren nach keiner der obenerwähnten Methoden und auch nach
keiner von denjenigen zubereitet, deren in Catharine Berchers und Marion
Harlands Kochbuche gedacht wird. Sie wurden 1-i uioäo Hinterwald gebacken.
Es schickt sich schwerlich, daß ich an dieser Stelle ein Rezept mitteile, das
Passender in der Abteilung der Zeitungen seinen Platz hemde, die mit „Haus-
wirtschaftliches" bezeichnet ist. Aber um die Neugier zu befriedigen und etwas
über Kochkunst zu erzählen, was Professor I)r. Vive nicht weiß, darf ich wohl
sagen, daß die Eier zerschlagen und auf ein Stück Löschpapier geschüttet wurden,
welches mau auf die oberste Platte eines alten Kastenofens hingebreitet hatte.
Während der Zeit, wo das El sich hart but, verbrannte das Papier zu Asche,
das El aber kam sauber und nett von dem Ofen und bildete einen so wohl¬
schmeckenden und so verdaulichen Bestandteil eines späten Soupers, als man
sich nur wünschen konnte. Es fehlte dazu nur noch Mandluffs besondre Sorte
Whisky, um es zu einer Schwelgerei der ausgesuchtesten Art zu machen. Denn
je mehr eine Schwelgerei an Leben und Gesundheit kostet, desto verlockender ist sie.

Es gab also im Kramladen Mnndlufss ein Eicressen. Es sollte eine
„Lagerversammlung" abgehalten werden zu Ehren der erfolgreichen Heimkehr
Norman Andersvns zur Freiheit und seinen Kameraden. Es machte Norman
das größte Vergnügen, zu einer Gesellschaft zurückzukehren, wo es ihm eher
zur Ehre als zu etwas anderen gereichte, daß er einen schlechten Streich be¬
gangen hatte, dabei erwischt worden war und von dem alten Bücherwurm, der
versucht hatte, ihm Latein beizubringen, den Laufpaß bekommen hatte.

Die Eier wurden im hergebrachten Stile gebacken, der Whisky wurde ge¬
trunken, und die Gesellschaft war gründlich bezecht. Bill Days ziemlich rote
Augen wurden röter, und seine Nase glänzte vor Vergnügen, als er das fettige
Packet Spielkarten mischte. Das Lächeln des weinerlich betrunkenen zog über die
gewöhnlich melancholischen Linien seines Gesichts in einer Weise, daß seine Züge
in eine seltsam im Gegensatz zu einander stehende Anzahl von Gefühlsausdrücken
zerspalten und zersplittert wurden.

Er begann mit einem lauten Schlucken. Dann brüllte er, indem er die
Karten über die Köpfe seiner Genossen weg auf den Boden warf: Holla, Jun-
gens, das ist großartig! Hoho! (Schlucken.) Ich sage, 's ist großartig. Laßt
uns was loslassen.

Hier hörte man ein Stimmengewirr, in dem man verstand, „es wäre wirk¬
lich großartig," und daß es „gut sein würde, was loszulassen oder auch was
anderes."


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[0629] Der jüngste Tag. braten, nicht gedämpft, es war kein Rührei, kein Eierkuchen, sie wurden nicht in der halben Schale gebacken, sie wurden nicht mit Knoblauch gefüllt und mit Moosbeeren servirt, sie wurden nicht gesotten und mit Auchovisscmee aufge¬ tragen, sie wurden nicht 8cünii verspeist. Ich glaube, ich thue klüger, hier Halt zu machen, damit ich nicht meine Kenntnis der Kochkunst verrate. Es genügt, wenn ich sage, sie waren nach keiner der obenerwähnten Methoden und auch nach keiner von denjenigen zubereitet, deren in Catharine Berchers und Marion Harlands Kochbuche gedacht wird. Sie wurden 1-i uioäo Hinterwald gebacken. Es schickt sich schwerlich, daß ich an dieser Stelle ein Rezept mitteile, das Passender in der Abteilung der Zeitungen seinen Platz hemde, die mit „Haus- wirtschaftliches" bezeichnet ist. Aber um die Neugier zu befriedigen und etwas über Kochkunst zu erzählen, was Professor I)r. Vive nicht weiß, darf ich wohl sagen, daß die Eier zerschlagen und auf ein Stück Löschpapier geschüttet wurden, welches mau auf die oberste Platte eines alten Kastenofens hingebreitet hatte. Während der Zeit, wo das El sich hart but, verbrannte das Papier zu Asche, das El aber kam sauber und nett von dem Ofen und bildete einen so wohl¬ schmeckenden und so verdaulichen Bestandteil eines späten Soupers, als man sich nur wünschen konnte. Es fehlte dazu nur noch Mandluffs besondre Sorte Whisky, um es zu einer Schwelgerei der ausgesuchtesten Art zu machen. Denn je mehr eine Schwelgerei an Leben und Gesundheit kostet, desto verlockender ist sie. Es gab also im Kramladen Mnndlufss ein Eicressen. Es sollte eine „Lagerversammlung" abgehalten werden zu Ehren der erfolgreichen Heimkehr Norman Andersvns zur Freiheit und seinen Kameraden. Es machte Norman das größte Vergnügen, zu einer Gesellschaft zurückzukehren, wo es ihm eher zur Ehre als zu etwas anderen gereichte, daß er einen schlechten Streich be¬ gangen hatte, dabei erwischt worden war und von dem alten Bücherwurm, der versucht hatte, ihm Latein beizubringen, den Laufpaß bekommen hatte. Die Eier wurden im hergebrachten Stile gebacken, der Whisky wurde ge¬ trunken, und die Gesellschaft war gründlich bezecht. Bill Days ziemlich rote Augen wurden röter, und seine Nase glänzte vor Vergnügen, als er das fettige Packet Spielkarten mischte. Das Lächeln des weinerlich betrunkenen zog über die gewöhnlich melancholischen Linien seines Gesichts in einer Weise, daß seine Züge in eine seltsam im Gegensatz zu einander stehende Anzahl von Gefühlsausdrücken zerspalten und zersplittert wurden. Er begann mit einem lauten Schlucken. Dann brüllte er, indem er die Karten über die Köpfe seiner Genossen weg auf den Boden warf: Holla, Jun- gens, das ist großartig! Hoho! (Schlucken.) Ich sage, 's ist großartig. Laßt uns was loslassen. Hier hörte man ein Stimmengewirr, in dem man verstand, „es wäre wirk¬ lich großartig," und daß es „gut sein würde, was loszulassen oder auch was anderes."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/629>, abgerufen am 25.08.2024.