Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.Der Regen. Die federigcn Wolkengebilde, Cirri genannt, gehören den hohen Luftschichten Haben die sich dichter und dichter gruppirenden Wnsserbläschen eine gewisse Daß der Hagel nicht in den bekannten großen Stücken längere Zeit von Der Regen. Die federigcn Wolkengebilde, Cirri genannt, gehören den hohen Luftschichten Haben die sich dichter und dichter gruppirenden Wnsserbläschen eine gewisse Daß der Hagel nicht in den bekannten großen Stücken längere Zeit von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0525" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193866"/> <fw type="header" place="top"> Der Regen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1781"> Die federigcn Wolkengebilde, Cirri genannt, gehören den hohen Luftschichten<lb/> an. Von den höchsten Bergen aus hat man sie ebenso unerreichbar hoch über<lb/> sich gesehen, wie vom Thale aus. Sie bestehen, wie schon gesagt, aus Eis-<lb/> nadeln. Eine besondre Art sind die sogenannten Polarbanden, parallele Wolken-<lb/> streifen, die sich über den ganzen Himmelsbogen hinwegziehen und in der Richtung<lb/> des magnetischen Meridians liegen. Wenn sie aus einem Punkte auszustrahlen<lb/> scheinen, so ist das nur die Wirkung der Perspektive. Ihr Auftreten soll mit<lb/> magnetischen Störungen zusammenhängen, doch ist die Sache noch zu wenig<lb/> aufgeklärt, um eine einigermaßen sichere Meinung aussprechen zu können. Diese<lb/> Cirruswolken haben in der neuern Meteorologie eine große Bedeutuug gewonnen,<lb/> da sie durch ihre Gestalt und Bewegung den Zug der obern Luftschicht ver¬<lb/> raten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1782"> Haben die sich dichter und dichter gruppirenden Wnsserbläschen eine gewisse<lb/> Schwere erlangt, so daß sie von der Luft nicht mehr getragen werden können,<lb/> so füllt das Wasser als Regen, Schnee, schloßen oder Hagel zu Boden. Die<lb/> letztere Niederschlngsform müssen wir näher ins Auge süssen, wobei allerdings<lb/> bemerkt werden muß, daß eine völlig befriedigende Erklärung noch nicht gegeben<lb/> werden kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1783" next="#ID_1784"> Daß der Hagel nicht in den bekannten großen Stücken längere Zeit von<lb/> der Luft getragen werden kann —- auch uicht mit Hilfe der Elektrizität —, ist<lb/> einleuchtend. Auch kaun er nicht ans Schnee oder kleinen Eiskörneru zusammen¬<lb/> geballt sein, da sich feste, konzentrisch gefrorene Eisschichten deutlich nachweisen<lb/> lassen. Bemerkenswert ist, daß sich im Innern des Hagelstückcs ein undurch¬<lb/> sichtiger Kern, ein sogenanntes Grnupelkorn, zu befinde» pflegt, und wir irren<lb/> wohl nicht, wenn wir in diesem Korne eine Veranlassung der Erscheinung suchen.<lb/> Denke ich mir einen stark mit Wasser beladenen, kräftig aufsteigenden Luftstrom,<lb/> so muß dieser bei einer gewissen Hohe die Eisgrenze überschreiten. Hier würde<lb/> also das Wasser gefrieren müssen. Doch kann auch diese Grenze unter Um¬<lb/> ständen überschritten werden, ohne daß es geschieht. Die wasserhaltige Luft<lb/> wäre hier aus dem thermischen Gleichgewichte, wie sie durch lokale Erhitzung<lb/> anch aus dem statischen Gleichgewichte kommen kaun. Um letzteres wieder her¬<lb/> zustellen, entstehen Strömungen, welche Trombeu, Wirbel, Cykloue bilden; um<lb/> ersteres wieder herzustellen, findet ein momentanes Gefrieren statt. Man kann<lb/> das Experiment im Winter mit einem Waschbecken voll Wasser machen, welches<lb/> sich, ruhig beiseite gestellt, bis weit unter Null abkühlt, ohne zu frieren. Läßt<lb/> Ulan auch mir ein Fädchen hineinfallen, so gefriert das Wasser sofort, und zwar<lb/> derart, daß die Nadeln sich zuerst an dem Fädchen ansetzen. Ähnlich würde<lb/> die Erscheinung des Hagels zu erklären sein. Die mit reichlichem Wasserdampf<lb/> angefüllte Luft schießt mit großer Gewalt bis über die Eisgrenze hinaus und<lb/> kommt aus dem thermischen Gleichgewichte. Aus den höhern Teilen der Wolke<lb/> fallen z u gleicher Zeit Graupelkörner — Eisuadelbällchen — herab, welche dem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0525]
Der Regen.
Die federigcn Wolkengebilde, Cirri genannt, gehören den hohen Luftschichten
an. Von den höchsten Bergen aus hat man sie ebenso unerreichbar hoch über
sich gesehen, wie vom Thale aus. Sie bestehen, wie schon gesagt, aus Eis-
nadeln. Eine besondre Art sind die sogenannten Polarbanden, parallele Wolken-
streifen, die sich über den ganzen Himmelsbogen hinwegziehen und in der Richtung
des magnetischen Meridians liegen. Wenn sie aus einem Punkte auszustrahlen
scheinen, so ist das nur die Wirkung der Perspektive. Ihr Auftreten soll mit
magnetischen Störungen zusammenhängen, doch ist die Sache noch zu wenig
aufgeklärt, um eine einigermaßen sichere Meinung aussprechen zu können. Diese
Cirruswolken haben in der neuern Meteorologie eine große Bedeutuug gewonnen,
da sie durch ihre Gestalt und Bewegung den Zug der obern Luftschicht ver¬
raten.
Haben die sich dichter und dichter gruppirenden Wnsserbläschen eine gewisse
Schwere erlangt, so daß sie von der Luft nicht mehr getragen werden können,
so füllt das Wasser als Regen, Schnee, schloßen oder Hagel zu Boden. Die
letztere Niederschlngsform müssen wir näher ins Auge süssen, wobei allerdings
bemerkt werden muß, daß eine völlig befriedigende Erklärung noch nicht gegeben
werden kann.
Daß der Hagel nicht in den bekannten großen Stücken längere Zeit von
der Luft getragen werden kann —- auch uicht mit Hilfe der Elektrizität —, ist
einleuchtend. Auch kaun er nicht ans Schnee oder kleinen Eiskörneru zusammen¬
geballt sein, da sich feste, konzentrisch gefrorene Eisschichten deutlich nachweisen
lassen. Bemerkenswert ist, daß sich im Innern des Hagelstückcs ein undurch¬
sichtiger Kern, ein sogenanntes Grnupelkorn, zu befinde» pflegt, und wir irren
wohl nicht, wenn wir in diesem Korne eine Veranlassung der Erscheinung suchen.
Denke ich mir einen stark mit Wasser beladenen, kräftig aufsteigenden Luftstrom,
so muß dieser bei einer gewissen Hohe die Eisgrenze überschreiten. Hier würde
also das Wasser gefrieren müssen. Doch kann auch diese Grenze unter Um¬
ständen überschritten werden, ohne daß es geschieht. Die wasserhaltige Luft
wäre hier aus dem thermischen Gleichgewichte, wie sie durch lokale Erhitzung
anch aus dem statischen Gleichgewichte kommen kaun. Um letzteres wieder her¬
zustellen, entstehen Strömungen, welche Trombeu, Wirbel, Cykloue bilden; um
ersteres wieder herzustellen, findet ein momentanes Gefrieren statt. Man kann
das Experiment im Winter mit einem Waschbecken voll Wasser machen, welches
sich, ruhig beiseite gestellt, bis weit unter Null abkühlt, ohne zu frieren. Läßt
Ulan auch mir ein Fädchen hineinfallen, so gefriert das Wasser sofort, und zwar
derart, daß die Nadeln sich zuerst an dem Fädchen ansetzen. Ähnlich würde
die Erscheinung des Hagels zu erklären sein. Die mit reichlichem Wasserdampf
angefüllte Luft schießt mit großer Gewalt bis über die Eisgrenze hinaus und
kommt aus dem thermischen Gleichgewichte. Aus den höhern Teilen der Wolke
fallen z u gleicher Zeit Graupelkörner — Eisuadelbällchen — herab, welche dem
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