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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Bakchen und Thyrsosträger.

Hyazinth lehnte sich ein die Schulter des Grafen, und ihre Augen füllten
sich mit Thränen, als sie hinaussah über die Fluten hin, die im Licht der
tiefstehenden Sonne goldig glühten, und uach der fernen Insel Corsica, die wie
ein leichtes Wölkchen von Amethyst auf dem Wasser ruhte.

Es ist zu schön, mein Geliebter, sagte sie, die Hände faltend. Ich vermag
dies Glück nicht zu begreifen, mit dir vereint so im Mittelpunkte eines Para¬
dieses zu sein. Mir ist, als müßte ich Hemd in Hand mit dir auffliegen in
den Himmel.

Der Graf küßte sie auf die Stiru, und auch in seinem männlichen Ange
zeigte sich eine Freudenthräne.

Weißt dn, was ich nicht begreife? fragte Hyazinth nach einer langen
stummen Pause.

Was denn, mein liebes Herz?

Ich begreife deinen Freund nicht, Viktor. Wenn ich mir denken könnte,
du würdest mir entrissen, da wäre das für mich die Vernichtung. Ich kann
es mir ja gottlob gar nicht denken, aber ich stelle mir vor, daß die Welt zu
Grnnde gehen müßte, wenn ich von dir verlassen wäre. Und der Prinz kann
über ein solches Unglück sprechen, kann Gründe anführen, kann sich trösten!

Meine süße Hyazinth, das ist ganz einfach. Wir lieben uns. Meriadec
aber und Chcpa haben sich nie geliebt. Ich bin sogar der Meinung, er ist froh,
daß er sie los ist.

Der Prinz ist mir lucheimlich geworden, sagte Hyazinth schaudernd. Er
mag noch so liebenswürdig, und dies Laud mag noch so schön sein, wir wollen
doch lieber bald abreisen, Viktor.

Es sollte diesen Abend Konzert lind I^Ils ämisimt im Kasino sein, und der
Prinz hatte seinen Wagen bestellt, um vom Schlosse uach seiner Villa in Monte
Carlo zurückzufahren. Mau nahm den Weg um die felsige Halbinsel herum,
auf welcher sich Monaco erhebt und fuhr am Gestade hin, die ^vsuus 3t. Mu-tin
und die ^vcznue als ig. ?ort,e eutlnng, mir dann über den Loulev^rei et<z 1u
(üonäÄminö hin die Bucht zu umkreisen.

Die Sonue verschwand am Horizont und schien von unten herauf das
Wasser zu dnrchglühen, die kleinen Schiffe der Küstenbewohner lagen gleich
phantastischen dunkeln Gestalten oben auf einer feurigen Masse, mit dumpfem
Rauschen schlugen die Wogen an die Felsen an, und ein kühlender Ostwind trieb
feuchte Luftwellen in das Land hinein.

Wunderbar schön! rief Hyazinth und sog mit voller Brust die erquickende
Seeluft, mit träumenden Blick die Lichtspiele des Meeres und des Himmels ein,
die an Glanz mit einander wetteiferten.

Da zeigte sich in der Nähe der Bäder, am.Hafendamm, eine Ansammlung
von Menschen, welche etwas Ungewöhnliches zu beobachten schienen. Man hörte
laute Rufe und sah eiliges Laufen.


Bakchen und Thyrsosträger.

Hyazinth lehnte sich ein die Schulter des Grafen, und ihre Augen füllten
sich mit Thränen, als sie hinaussah über die Fluten hin, die im Licht der
tiefstehenden Sonne goldig glühten, und uach der fernen Insel Corsica, die wie
ein leichtes Wölkchen von Amethyst auf dem Wasser ruhte.

Es ist zu schön, mein Geliebter, sagte sie, die Hände faltend. Ich vermag
dies Glück nicht zu begreifen, mit dir vereint so im Mittelpunkte eines Para¬
dieses zu sein. Mir ist, als müßte ich Hemd in Hand mit dir auffliegen in
den Himmel.

Der Graf küßte sie auf die Stiru, und auch in seinem männlichen Ange
zeigte sich eine Freudenthräne.

Weißt dn, was ich nicht begreife? fragte Hyazinth nach einer langen
stummen Pause.

Was denn, mein liebes Herz?

Ich begreife deinen Freund nicht, Viktor. Wenn ich mir denken könnte,
du würdest mir entrissen, da wäre das für mich die Vernichtung. Ich kann
es mir ja gottlob gar nicht denken, aber ich stelle mir vor, daß die Welt zu
Grnnde gehen müßte, wenn ich von dir verlassen wäre. Und der Prinz kann
über ein solches Unglück sprechen, kann Gründe anführen, kann sich trösten!

Meine süße Hyazinth, das ist ganz einfach. Wir lieben uns. Meriadec
aber und Chcpa haben sich nie geliebt. Ich bin sogar der Meinung, er ist froh,
daß er sie los ist.

Der Prinz ist mir lucheimlich geworden, sagte Hyazinth schaudernd. Er
mag noch so liebenswürdig, und dies Laud mag noch so schön sein, wir wollen
doch lieber bald abreisen, Viktor.

Es sollte diesen Abend Konzert lind I^Ils ämisimt im Kasino sein, und der
Prinz hatte seinen Wagen bestellt, um vom Schlosse uach seiner Villa in Monte
Carlo zurückzufahren. Mau nahm den Weg um die felsige Halbinsel herum,
auf welcher sich Monaco erhebt und fuhr am Gestade hin, die ^vsuus 3t. Mu-tin
und die ^vcznue als ig. ?ort,e eutlnng, mir dann über den Loulev^rei et<z 1u
(üonäÄminö hin die Bucht zu umkreisen.

Die Sonue verschwand am Horizont und schien von unten herauf das
Wasser zu dnrchglühen, die kleinen Schiffe der Küstenbewohner lagen gleich
phantastischen dunkeln Gestalten oben auf einer feurigen Masse, mit dumpfem
Rauschen schlugen die Wogen an die Felsen an, und ein kühlender Ostwind trieb
feuchte Luftwellen in das Land hinein.

Wunderbar schön! rief Hyazinth und sog mit voller Brust die erquickende
Seeluft, mit träumenden Blick die Lichtspiele des Meeres und des Himmels ein,
die an Glanz mit einander wetteiferten.

Da zeigte sich in der Nähe der Bäder, am.Hafendamm, eine Ansammlung
von Menschen, welche etwas Ungewöhnliches zu beobachten schienen. Man hörte
laute Rufe und sah eiliges Laufen.


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[0050] Bakchen und Thyrsosträger. Hyazinth lehnte sich ein die Schulter des Grafen, und ihre Augen füllten sich mit Thränen, als sie hinaussah über die Fluten hin, die im Licht der tiefstehenden Sonne goldig glühten, und uach der fernen Insel Corsica, die wie ein leichtes Wölkchen von Amethyst auf dem Wasser ruhte. Es ist zu schön, mein Geliebter, sagte sie, die Hände faltend. Ich vermag dies Glück nicht zu begreifen, mit dir vereint so im Mittelpunkte eines Para¬ dieses zu sein. Mir ist, als müßte ich Hemd in Hand mit dir auffliegen in den Himmel. Der Graf küßte sie auf die Stiru, und auch in seinem männlichen Ange zeigte sich eine Freudenthräne. Weißt dn, was ich nicht begreife? fragte Hyazinth nach einer langen stummen Pause. Was denn, mein liebes Herz? Ich begreife deinen Freund nicht, Viktor. Wenn ich mir denken könnte, du würdest mir entrissen, da wäre das für mich die Vernichtung. Ich kann es mir ja gottlob gar nicht denken, aber ich stelle mir vor, daß die Welt zu Grnnde gehen müßte, wenn ich von dir verlassen wäre. Und der Prinz kann über ein solches Unglück sprechen, kann Gründe anführen, kann sich trösten! Meine süße Hyazinth, das ist ganz einfach. Wir lieben uns. Meriadec aber und Chcpa haben sich nie geliebt. Ich bin sogar der Meinung, er ist froh, daß er sie los ist. Der Prinz ist mir lucheimlich geworden, sagte Hyazinth schaudernd. Er mag noch so liebenswürdig, und dies Laud mag noch so schön sein, wir wollen doch lieber bald abreisen, Viktor. Es sollte diesen Abend Konzert lind I^Ils ämisimt im Kasino sein, und der Prinz hatte seinen Wagen bestellt, um vom Schlosse uach seiner Villa in Monte Carlo zurückzufahren. Mau nahm den Weg um die felsige Halbinsel herum, auf welcher sich Monaco erhebt und fuhr am Gestade hin, die ^vsuus 3t. Mu-tin und die ^vcznue als ig. ?ort,e eutlnng, mir dann über den Loulev^rei et<z 1u (üonäÄminö hin die Bucht zu umkreisen. Die Sonue verschwand am Horizont und schien von unten herauf das Wasser zu dnrchglühen, die kleinen Schiffe der Küstenbewohner lagen gleich phantastischen dunkeln Gestalten oben auf einer feurigen Masse, mit dumpfem Rauschen schlugen die Wogen an die Felsen an, und ein kühlender Ostwind trieb feuchte Luftwellen in das Land hinein. Wunderbar schön! rief Hyazinth und sog mit voller Brust die erquickende Seeluft, mit träumenden Blick die Lichtspiele des Meeres und des Himmels ein, die an Glanz mit einander wetteiferten. Da zeigte sich in der Nähe der Bäder, am.Hafendamm, eine Ansammlung von Menschen, welche etwas Ungewöhnliches zu beobachten schienen. Man hörte laute Rufe und sah eiliges Laufen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/50>, abgerufen am 24.08.2024.