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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Die Theorie der sphärischen Kraterbccken.

man an seine Verwirklichung glauben könnte. Die Frage nach der Wirklichkeit
Gottes und des menschlichen Geistes würde verstummen, anstatt der Zweifel und
quälendem Bedenken würde in diesem Punkte die unerschütterlichste Gewißheit
treten, und der Materialismus würde nur noch als historische Merkwürdigkeit
betrachtet und bedauert werden. Die Philosophie würde ganz andre Aufgaben
zu lösen haben als die Beantwortung dieser Grundfragen, die noch soviel arme
schwitzende Menschenhäupter quälen. Sie würde für alle Wissenschaften die
Methode augeben, Wahrheit zu finden und Irrtümer abzuwehren, und so würde
der feindliche Gegensatz schwinden zwischen grübelnden Philosophen, die man
für unpraktische Menschen hält, und den eminent praktischen Talenten, die allein
heute Erfolge im Leben zu erringen scheinen, denn der Philosoph würde an
praktischer Fähigkeit alle einseitig gebildeten Fachmänner überragen, da er nur
solche Theorien verfolgen und ausbilden würde, die die einzelnen Fachwissen¬
schaften in ihrer praktischen Anwendung fördern. Es würden keine neuen philo¬
sophischen Systeme mehr erfunden, die gegenwärtig noch wie Pilze aus der
Erde schießen, und die Kritik hätte nicht nötig, immer von neuem die guten
Absichten strebsamer Forscher mit dein großen Bedauern anzuerkennen, daß sie
durch Mangel an Kenntnis der Kantschen Kritik es leider doch zu nichts Rechtem
gebracht haben.


A. Llassen.


Die Theorie der sphärischen Kraterbecken.
(Schluß.)

a bis zum Schluß der Tertiärzeit die Umgestaltungen der Erd¬
oberfläche, das Absetzen der sedimentären Formationen u. s. w. der
Hauptsache nach in den zwei Hemisphärenbecken vor sich gingen, wobei
der Einsturz des einen Kraters und das darauffolgende Einströmeil
des Weltmeeres aus dein andern Becken in das neu entstandene
die Hebung des andern Kraterbeckens begünstigte, wobei also ein Abwechseln der
ozeanischen und kontinentalen Beschaffenheit der zwei Hemisphären stattfand, so
konnten niemals so allgemeine und langanhaltende Ausbreitungen des Weltmeeres
entstehen, wie nach dem Einstürzen derposttertiüren Kngelerhebnngen oder Sphären-
erhebungskrater. Hieraus erklärt sich, warum wir erst aus der posttertiären
Zeit Spuren von Eiszeiten besitzen, zu deren Erklärung ein sehr ausgebreitetes
maritimes Klima angenommen werden muß.


Die Theorie der sphärischen Kraterbccken.

man an seine Verwirklichung glauben könnte. Die Frage nach der Wirklichkeit
Gottes und des menschlichen Geistes würde verstummen, anstatt der Zweifel und
quälendem Bedenken würde in diesem Punkte die unerschütterlichste Gewißheit
treten, und der Materialismus würde nur noch als historische Merkwürdigkeit
betrachtet und bedauert werden. Die Philosophie würde ganz andre Aufgaben
zu lösen haben als die Beantwortung dieser Grundfragen, die noch soviel arme
schwitzende Menschenhäupter quälen. Sie würde für alle Wissenschaften die
Methode augeben, Wahrheit zu finden und Irrtümer abzuwehren, und so würde
der feindliche Gegensatz schwinden zwischen grübelnden Philosophen, die man
für unpraktische Menschen hält, und den eminent praktischen Talenten, die allein
heute Erfolge im Leben zu erringen scheinen, denn der Philosoph würde an
praktischer Fähigkeit alle einseitig gebildeten Fachmänner überragen, da er nur
solche Theorien verfolgen und ausbilden würde, die die einzelnen Fachwissen¬
schaften in ihrer praktischen Anwendung fördern. Es würden keine neuen philo¬
sophischen Systeme mehr erfunden, die gegenwärtig noch wie Pilze aus der
Erde schießen, und die Kritik hätte nicht nötig, immer von neuem die guten
Absichten strebsamer Forscher mit dein großen Bedauern anzuerkennen, daß sie
durch Mangel an Kenntnis der Kantschen Kritik es leider doch zu nichts Rechtem
gebracht haben.


A. Llassen.


Die Theorie der sphärischen Kraterbecken.
(Schluß.)

a bis zum Schluß der Tertiärzeit die Umgestaltungen der Erd¬
oberfläche, das Absetzen der sedimentären Formationen u. s. w. der
Hauptsache nach in den zwei Hemisphärenbecken vor sich gingen, wobei
der Einsturz des einen Kraters und das darauffolgende Einströmeil
des Weltmeeres aus dein andern Becken in das neu entstandene
die Hebung des andern Kraterbeckens begünstigte, wobei also ein Abwechseln der
ozeanischen und kontinentalen Beschaffenheit der zwei Hemisphären stattfand, so
konnten niemals so allgemeine und langanhaltende Ausbreitungen des Weltmeeres
entstehen, wie nach dem Einstürzen derposttertiüren Kngelerhebnngen oder Sphären-
erhebungskrater. Hieraus erklärt sich, warum wir erst aus der posttertiären
Zeit Spuren von Eiszeiten besitzen, zu deren Erklärung ein sehr ausgebreitetes
maritimes Klima angenommen werden muß.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/412>, abgerufen am 25.08.2024.