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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Die Theorie der sphärischen Ararerbecken.

Lehre gewaltig modifiziren würde, denn man würde alsdann wohl seinen Ur¬
sachen zur Wandelbarkeit der Arten immer noch eine helfende, unterstützende
und feileudc Bedeutung bei Entwicklung der organischen Welt beimessen können,
die erste und wichtigste Ursache ihrer Gliederung aber im Einfluß der großen
Zerstörungen und Umwandlungen nach plötzlich veränderten terrestrischen Zu¬
ständen zu suchen haben.

Habenicht steht auf dem Standpunkte, die Erde als einen Stern zu betrachten,
der ebensowohl wie jene Sterne, bei denen wir ein plötzliches Aufleuchten und
Verdunkeln beobachten, großartige und allgemeine Veränderungen seiner Erschei¬
nung durchgemacht habe, und er giebt von diesen Katastrophen folgendes Bild:

In dem Bau der Erdkruste zeigt sich eine auffallende Gesetzmäßigkeit. Die
sedimentären Formationen finden sich in größeren und kleineren Becken von sehr
flacher Form, wie das russische Becken, das Pariser Becken, das Bvrdeaux-
Vecken, ähnlich den Rändern von konzentrisch übereinander geschichteten Tellern,
die ältesten und dicksten zu unterst, die jüngeren und weniger mächtigen darüber
gelagert. Eine analoge Gesetzmäßigkeit bekundet sich im Bau der großen Ketten¬
gebirge, sowie in ihrer Lage, Richtung und Anordnung. Ein sorgfältiges Studium
der besten Detailkarten zeigt, daß die großen Kettengebirge Bündel von Parallel-
fällen darstellen, welche ebensowohl wie die sedimentären Formationen in den
Becken in konzentrischen Ringen gelagert erscheinen, daß sie, soweit bekannt,
alle an der dem Zentrum des Ringes zugekehrten also inneren Seite eingesunken,
an der peripherischen oder äußeren Seite aber aufgestaut sind, daß ihre Ent¬
stehung also die Wirkung einer großen zentrifugalen Kraft sein muß.

Die Verteilung der großen Kettengebirge läßt zwei große Systeme von
Ringfalten erkennen: erstens das der westlichen Hemisphäre in den das Becken
des großen Ozeans umsäumenden Cordilleren und Felsengebirgen von Amerika
und in den sich daran ringförmig anschließenden, den Ostküsten von Asien und
Australien vorgelagerten Inselreihen; zweitens das der östlichen Halbkugel,
welches sich zu erkennen giebt in der zwar stark verbogenen aber noch deutlich
die konzentrische Anordnung aufweisenden großen Gebirgsaxe des europäisch¬
asiatisch-afrikanischen Kontinentalkomplexes mit den konzentrisch darum gelagerten
Vorbergen.

Auf der östliche" Halbkugel lassen sich drei mehr oder weniger deutlich aus¬
geprägte konzentrische Riugfalteiisysteme erkennen. Der äußere Ring setzt sich
aus folgenden Kettengebirgen zusammen: Cantabrisches Gebirge, Pyrenäen, west¬
liche Voralpen, Jura, nördliche Kalkalpen, Karpathen, Transsylvcmische Alpen,
Balkan, Krimgebirge, Kaukasus, Großer Valkcm, Kvpet-tag, nördliche Vorberge
des Kuy-i-Kann und Hindu-Kusch, Alai-tag, Ala-lau, Altai, Sajcmisches Gebirge,
Baikalgebirge, Werchojanische Gebirge, die von Nord nach Süd streichenden
Kettengebirge des östliche" China und Altans, Muni-Pahar, Himalaya, Suli-
man-Kette, Brahuigebirge, die Persischen Küstengebirge, die Vorberge der süd-


Die Theorie der sphärischen Ararerbecken.

Lehre gewaltig modifiziren würde, denn man würde alsdann wohl seinen Ur¬
sachen zur Wandelbarkeit der Arten immer noch eine helfende, unterstützende
und feileudc Bedeutung bei Entwicklung der organischen Welt beimessen können,
die erste und wichtigste Ursache ihrer Gliederung aber im Einfluß der großen
Zerstörungen und Umwandlungen nach plötzlich veränderten terrestrischen Zu¬
ständen zu suchen haben.

Habenicht steht auf dem Standpunkte, die Erde als einen Stern zu betrachten,
der ebensowohl wie jene Sterne, bei denen wir ein plötzliches Aufleuchten und
Verdunkeln beobachten, großartige und allgemeine Veränderungen seiner Erschei¬
nung durchgemacht habe, und er giebt von diesen Katastrophen folgendes Bild:

In dem Bau der Erdkruste zeigt sich eine auffallende Gesetzmäßigkeit. Die
sedimentären Formationen finden sich in größeren und kleineren Becken von sehr
flacher Form, wie das russische Becken, das Pariser Becken, das Bvrdeaux-
Vecken, ähnlich den Rändern von konzentrisch übereinander geschichteten Tellern,
die ältesten und dicksten zu unterst, die jüngeren und weniger mächtigen darüber
gelagert. Eine analoge Gesetzmäßigkeit bekundet sich im Bau der großen Ketten¬
gebirge, sowie in ihrer Lage, Richtung und Anordnung. Ein sorgfältiges Studium
der besten Detailkarten zeigt, daß die großen Kettengebirge Bündel von Parallel-
fällen darstellen, welche ebensowohl wie die sedimentären Formationen in den
Becken in konzentrischen Ringen gelagert erscheinen, daß sie, soweit bekannt,
alle an der dem Zentrum des Ringes zugekehrten also inneren Seite eingesunken,
an der peripherischen oder äußeren Seite aber aufgestaut sind, daß ihre Ent¬
stehung also die Wirkung einer großen zentrifugalen Kraft sein muß.

Die Verteilung der großen Kettengebirge läßt zwei große Systeme von
Ringfalten erkennen: erstens das der westlichen Hemisphäre in den das Becken
des großen Ozeans umsäumenden Cordilleren und Felsengebirgen von Amerika
und in den sich daran ringförmig anschließenden, den Ostküsten von Asien und
Australien vorgelagerten Inselreihen; zweitens das der östlichen Halbkugel,
welches sich zu erkennen giebt in der zwar stark verbogenen aber noch deutlich
die konzentrische Anordnung aufweisenden großen Gebirgsaxe des europäisch¬
asiatisch-afrikanischen Kontinentalkomplexes mit den konzentrisch darum gelagerten
Vorbergen.

Auf der östliche» Halbkugel lassen sich drei mehr oder weniger deutlich aus¬
geprägte konzentrische Riugfalteiisysteme erkennen. Der äußere Ring setzt sich
aus folgenden Kettengebirgen zusammen: Cantabrisches Gebirge, Pyrenäen, west¬
liche Voralpen, Jura, nördliche Kalkalpen, Karpathen, Transsylvcmische Alpen,
Balkan, Krimgebirge, Kaukasus, Großer Valkcm, Kvpet-tag, nördliche Vorberge
des Kuy-i-Kann und Hindu-Kusch, Alai-tag, Ala-lau, Altai, Sajcmisches Gebirge,
Baikalgebirge, Werchojanische Gebirge, die von Nord nach Süd streichenden
Kettengebirge des östliche» China und Altans, Muni-Pahar, Himalaya, Suli-
man-Kette, Brahuigebirge, die Persischen Küstengebirge, die Vorberge der süd-


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[0358] Die Theorie der sphärischen Ararerbecken. Lehre gewaltig modifiziren würde, denn man würde alsdann wohl seinen Ur¬ sachen zur Wandelbarkeit der Arten immer noch eine helfende, unterstützende und feileudc Bedeutung bei Entwicklung der organischen Welt beimessen können, die erste und wichtigste Ursache ihrer Gliederung aber im Einfluß der großen Zerstörungen und Umwandlungen nach plötzlich veränderten terrestrischen Zu¬ ständen zu suchen haben. Habenicht steht auf dem Standpunkte, die Erde als einen Stern zu betrachten, der ebensowohl wie jene Sterne, bei denen wir ein plötzliches Aufleuchten und Verdunkeln beobachten, großartige und allgemeine Veränderungen seiner Erschei¬ nung durchgemacht habe, und er giebt von diesen Katastrophen folgendes Bild: In dem Bau der Erdkruste zeigt sich eine auffallende Gesetzmäßigkeit. Die sedimentären Formationen finden sich in größeren und kleineren Becken von sehr flacher Form, wie das russische Becken, das Pariser Becken, das Bvrdeaux- Vecken, ähnlich den Rändern von konzentrisch übereinander geschichteten Tellern, die ältesten und dicksten zu unterst, die jüngeren und weniger mächtigen darüber gelagert. Eine analoge Gesetzmäßigkeit bekundet sich im Bau der großen Ketten¬ gebirge, sowie in ihrer Lage, Richtung und Anordnung. Ein sorgfältiges Studium der besten Detailkarten zeigt, daß die großen Kettengebirge Bündel von Parallel- fällen darstellen, welche ebensowohl wie die sedimentären Formationen in den Becken in konzentrischen Ringen gelagert erscheinen, daß sie, soweit bekannt, alle an der dem Zentrum des Ringes zugekehrten also inneren Seite eingesunken, an der peripherischen oder äußeren Seite aber aufgestaut sind, daß ihre Ent¬ stehung also die Wirkung einer großen zentrifugalen Kraft sein muß. Die Verteilung der großen Kettengebirge läßt zwei große Systeme von Ringfalten erkennen: erstens das der westlichen Hemisphäre in den das Becken des großen Ozeans umsäumenden Cordilleren und Felsengebirgen von Amerika und in den sich daran ringförmig anschließenden, den Ostküsten von Asien und Australien vorgelagerten Inselreihen; zweitens das der östlichen Halbkugel, welches sich zu erkennen giebt in der zwar stark verbogenen aber noch deutlich die konzentrische Anordnung aufweisenden großen Gebirgsaxe des europäisch¬ asiatisch-afrikanischen Kontinentalkomplexes mit den konzentrisch darum gelagerten Vorbergen. Auf der östliche» Halbkugel lassen sich drei mehr oder weniger deutlich aus¬ geprägte konzentrische Riugfalteiisysteme erkennen. Der äußere Ring setzt sich aus folgenden Kettengebirgen zusammen: Cantabrisches Gebirge, Pyrenäen, west¬ liche Voralpen, Jura, nördliche Kalkalpen, Karpathen, Transsylvcmische Alpen, Balkan, Krimgebirge, Kaukasus, Großer Valkcm, Kvpet-tag, nördliche Vorberge des Kuy-i-Kann und Hindu-Kusch, Alai-tag, Ala-lau, Altai, Sajcmisches Gebirge, Baikalgebirge, Werchojanische Gebirge, die von Nord nach Süd streichenden Kettengebirge des östliche» China und Altans, Muni-Pahar, Himalaya, Suli- man-Kette, Brahuigebirge, die Persischen Küstengebirge, die Vorberge der süd-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/358>, abgerufen am 01.07.2024.