Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Die politische" Parteien und ihr Einfluß auf Justiz und Verwaltung. schauung sich eines Weltruhmes erfreut, bei der großen Wirkung, welche die Dies hat auch der frühere italienische Minister Minghetti erfahren, ein Den letztern verdanken wir eine gründliche Untersuchung über die politischen *) Auroo AlloKlwM, I xartiti poWvi o I" loro mgorolliü" nolln ßi>M/.i" o nött' am-
wittistnu'.mun. MxoU, 1881. 338 S. Die politische» Parteien und ihr Einfluß auf Justiz und Verwaltung. schauung sich eines Weltruhmes erfreut, bei der großen Wirkung, welche die Dies hat auch der frühere italienische Minister Minghetti erfahren, ein Den letztern verdanken wir eine gründliche Untersuchung über die politischen *) Auroo AlloKlwM, I xartiti poWvi o I» loro mgorolliü» nolln ßi>M/.i» o nött' am-
wittistnu'.mun. MxoU, 1881. 338 S. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0498" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151220"/> <fw type="header" place="top"> Die politische» Parteien und ihr Einfluß auf Justiz und Verwaltung.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1633" prev="#ID_1632"> schauung sich eines Weltruhmes erfreut, bei der großen Wirkung, welche die<lb/> Phrase in den Bezirksvereinen wie im Parlament auf die mehr und minder ge¬<lb/> bildete Hörerschaft hervorruft, glaubt man in Deutschland, daß constitutionelles<lb/> und parlamentarisches Regime einander vollständig decken. Diese Unwissenheit<lb/> ist um so weniger zu verwundern, als auf keinem Gebiete ein solcher Dilettan¬<lb/> tismus sich breit machen darf, wie auf dem politischen. Während der Kauf¬<lb/> mann und der Industrielle die Einmischung des Zeitungsschreibers in seine<lb/> technischen Gebiete mit Recht unwillig anhört, werden die Worte von Leuten,<lb/> die kaum eine Ghmuasicilbildung durchgemacht haben, über die schwierigsten und<lb/> heikelsten Fragen des innern Staatsrechts in der Presse als Orakel betrachtet.<lb/> Der berufsmäßige Parlamentarier würde natürlich seine eigne Existenz unter¬<lb/> graben, wollte er das Volk auf diese Irrthümer aufmerksam machen, der nicht<lb/> berufsmäßige aber ist zum Schweigen verurtheilt, sei es weil sich kein Organ<lb/> der liberalen Presse findet, welches ihm seine Spalten öffnet, sei es weil er die<lb/> Bekämpfung widerlichster Art befürchte» muß, wenn er in der conservativen<lb/> Presse seine Meinung äußert — abgesehen davon, daß auch diese ihm nach<lb/> andern Seiten ihrer Haltung, wie sie leider oft der Tageskampf rechtfertigen<lb/> mag, nicht immer sympathisch erscheint. Wer sich dennoch mit seiner Meinung<lb/> herauswagt, kommt ungestraft nicht weg.</p><lb/> <p xml:id="ID_1634"> Dies hat auch der frühere italienische Minister Minghetti erfahren, ein<lb/> Mann, dessen große Verdienste als Gehilfe Cavonrs um die Einheit Italiens<lb/> und als späterer Minister um die administrative und finanzielle Regelung des<lb/> neuen Königreichs, wenn auch nicht die Dankbarkeit seiner Zeitgenossen ihm<lb/> sichern — diese Tugend scheint aus dem politischen Codex nicht bloß in Italien<lb/> verbannt zu sein —, so doch wenigstens ihn vor Undankbarkeit und hämischen<lb/> Augriffen schützen sollten. Am 8. Januar 1880 machte er in öffentlicher Rede<lb/> auf die Schäden der parlamentarischen Herrschaft in Italien, ans den verderb¬<lb/> lichen Einfluß der politischen Parteien in Justiz und Verwaltung aufmerksam,<lb/> und obwohl der gegnerische Minister de Snuetis dieselben Uebel, wenngleich in<lb/> mehr gelinder Weise, angedeutet hatte, so erhob sich doch gegen Minghetti nicht<lb/> bloß ein Sturm in der Presse sondern auch im Parlament, in welchem es fast<lb/> zu skandalösen Auftritten kam.</p><lb/> <p xml:id="ID_1635" next="#ID_1636"> Den letztern verdanken wir eine gründliche Untersuchung über die politischen<lb/> Parteien und deren illegitimen Einflüsse ans Gerichte und Verwaltung*) ^ eine<lb/> Untersuchung, zu der Minghetti nicht bloß durch seine staatsmännische Thätig¬<lb/> keit, sondern auch dnrch seine persönlichen Studien im Auslande besonders be¬<lb/> fähigt ist. Im gegenwärtigen Zeitpunkt gewinnt aber die Schrift Minghettis<lb/> eine um so größere Bedeutung, als sie mit der Rede des Reichskanzlers vom</p><lb/> <note xml:id="FID_77" place="foot"> *) Auroo AlloKlwM, I xartiti poWvi o I» loro mgorolliü» nolln ßi>M/.i» o nött' am-<lb/> wittistnu'.mun. MxoU, 1881. 338 S.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0498]
Die politische» Parteien und ihr Einfluß auf Justiz und Verwaltung.
schauung sich eines Weltruhmes erfreut, bei der großen Wirkung, welche die
Phrase in den Bezirksvereinen wie im Parlament auf die mehr und minder ge¬
bildete Hörerschaft hervorruft, glaubt man in Deutschland, daß constitutionelles
und parlamentarisches Regime einander vollständig decken. Diese Unwissenheit
ist um so weniger zu verwundern, als auf keinem Gebiete ein solcher Dilettan¬
tismus sich breit machen darf, wie auf dem politischen. Während der Kauf¬
mann und der Industrielle die Einmischung des Zeitungsschreibers in seine
technischen Gebiete mit Recht unwillig anhört, werden die Worte von Leuten,
die kaum eine Ghmuasicilbildung durchgemacht haben, über die schwierigsten und
heikelsten Fragen des innern Staatsrechts in der Presse als Orakel betrachtet.
Der berufsmäßige Parlamentarier würde natürlich seine eigne Existenz unter¬
graben, wollte er das Volk auf diese Irrthümer aufmerksam machen, der nicht
berufsmäßige aber ist zum Schweigen verurtheilt, sei es weil sich kein Organ
der liberalen Presse findet, welches ihm seine Spalten öffnet, sei es weil er die
Bekämpfung widerlichster Art befürchte» muß, wenn er in der conservativen
Presse seine Meinung äußert — abgesehen davon, daß auch diese ihm nach
andern Seiten ihrer Haltung, wie sie leider oft der Tageskampf rechtfertigen
mag, nicht immer sympathisch erscheint. Wer sich dennoch mit seiner Meinung
herauswagt, kommt ungestraft nicht weg.
Dies hat auch der frühere italienische Minister Minghetti erfahren, ein
Mann, dessen große Verdienste als Gehilfe Cavonrs um die Einheit Italiens
und als späterer Minister um die administrative und finanzielle Regelung des
neuen Königreichs, wenn auch nicht die Dankbarkeit seiner Zeitgenossen ihm
sichern — diese Tugend scheint aus dem politischen Codex nicht bloß in Italien
verbannt zu sein —, so doch wenigstens ihn vor Undankbarkeit und hämischen
Augriffen schützen sollten. Am 8. Januar 1880 machte er in öffentlicher Rede
auf die Schäden der parlamentarischen Herrschaft in Italien, ans den verderb¬
lichen Einfluß der politischen Parteien in Justiz und Verwaltung aufmerksam,
und obwohl der gegnerische Minister de Snuetis dieselben Uebel, wenngleich in
mehr gelinder Weise, angedeutet hatte, so erhob sich doch gegen Minghetti nicht
bloß ein Sturm in der Presse sondern auch im Parlament, in welchem es fast
zu skandalösen Auftritten kam.
Den letztern verdanken wir eine gründliche Untersuchung über die politischen
Parteien und deren illegitimen Einflüsse ans Gerichte und Verwaltung*) ^ eine
Untersuchung, zu der Minghetti nicht bloß durch seine staatsmännische Thätig¬
keit, sondern auch dnrch seine persönlichen Studien im Auslande besonders be¬
fähigt ist. Im gegenwärtigen Zeitpunkt gewinnt aber die Schrift Minghettis
eine um so größere Bedeutung, als sie mit der Rede des Reichskanzlers vom
*) Auroo AlloKlwM, I xartiti poWvi o I» loro mgorolliü» nolln ßi>M/.i» o nött' am-
wittistnu'.mun. MxoU, 1881. 338 S.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |