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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Rubens in Italien.

der Breite --, um die Uebertragung der Zeichnung auf die Leinwand zu er¬
leichtern, eine Methode übrigens, die Rubens ebenfalls von der Freskotechnik
überkommen hat. Die Zeichnung ist, wie gesagt, sehr sorgsam ausgeführt und
läßt die italienischen Studien in der kräftigen, ungemein liebevollen Mvdellirung
und in der Charakteristik der Köpfe noch deutlicher erkennen als das stellenweise
vollkommen geschundene Oelgemälde.

Die Bilder scheinen den vollen Beifall des Herzogs gefunden zu haben,
da derselbe dem Künstler dafür 1300 Doppelducatcn bezahlt haben soll. Im
Archive findet sich allerdings nichts über eine so hohe Zahlung, wohl aber die
Mittheilung, daß Rubens um dieselbe Zeit zwei Kopien nach Correggio malte,
welche der Herzog dem Kaiser Rudolph II. zum Geschenk machte. Man weiß
nicht, was aus diesen Copien geworden ist. Doch liegt ein Zeugniß vor, daß
auch diese Beschäftign"!", mit Correggio nicht ohne Einfluß auf den empfänglichen
Geist des Künstlers geblieben ist. Ans dem Hochaltar von San Ambrogio in
Genua steht ein großes Bild "Die Beschneidung Christi," mit colossalen Fi¬
guren, welche den Typen der Caracci nachgebildet sind, während die Composition
von Correggios "Nacht" beeinflußt worden ist, die sich damals in der Kirche
San Prosperv in Reggio in Modena befand.

Gegen den Schluß des Jahres 1605 begab sich Rubens zum zweitenmale
nach Rom, um von neuem aus dem bewegten Künstlerleben der Stadt An¬
regungen zu empfangen. Daß dies der ausgesprochene Zweck seiner Reise war,
geht aus einem Briefe vom 29. Juli 1606 hervor, in welchem er seinen Gönner,
Annibale Chieppio, bittet, veranlassen zu wollen, daß ihm sein für vier Monate
rückständiger Gehalt baldigst bezahlt iverde. Der Herzog war also großmüthig
genug, ihm seinen Jahresgehalt zu lassen, obwohl er in Rom seine eignen In¬
teressen verfolgte. Zu den Malern, mit welchen Rubens während dieses zweiten
Aufenthalts in Rom in Berührung kam, gehörte auch Adam Elsheimer ans
Frankfurt am Main. Der Verkehr mit diesem muß ein ziemlich enger gewesen
sein, da Rubens sich noch nach sechzehn Jahren seiner erinnerte. In dem schon
erwähnten Briefe an Peter van Veer vom 19. Juni 1622 gedenkt er eines
eigenthümlichen Verfahrens, die Kupferplatte für deu Stich oder die Rndirung
vorzubereiten, welches ihm Elsheimer mitgetheilt hätte. In Rubens' Nachlasse
befanden sich vier Bilder Elshcimers, ein Beweis, wie hoch er den deutschen
Maler schätzte. Auch hatte er eines seiner Bilder, ein "Opfer," copirt und war
überhaupt durch seine Manier, namentlich durch die eigenthümliche Art seiner
Lichteffectc, so sehr gefesselt worden, daß er sich selbst in diesem kleinen Genre
versuchte. Die Gemäldegalerie in Kassel besitzt die Darstellung einer Flucht nach
Aegypten, eines Nachtstücks unter der Beleuchtung des Mondes, der rechts am
Himmel steht. Links reitet die Madonna mit dem Kinde, von welchem eben¬
falls ein Lichtschein ausgeht. Ein Engel geht als Wegweiser durch eine Furth
voran, ein andrer, der in der Luft schwebt, treibt den Esel zur Eile. Joseph


Rubens in Italien.

der Breite —, um die Uebertragung der Zeichnung auf die Leinwand zu er¬
leichtern, eine Methode übrigens, die Rubens ebenfalls von der Freskotechnik
überkommen hat. Die Zeichnung ist, wie gesagt, sehr sorgsam ausgeführt und
läßt die italienischen Studien in der kräftigen, ungemein liebevollen Mvdellirung
und in der Charakteristik der Köpfe noch deutlicher erkennen als das stellenweise
vollkommen geschundene Oelgemälde.

Die Bilder scheinen den vollen Beifall des Herzogs gefunden zu haben,
da derselbe dem Künstler dafür 1300 Doppelducatcn bezahlt haben soll. Im
Archive findet sich allerdings nichts über eine so hohe Zahlung, wohl aber die
Mittheilung, daß Rubens um dieselbe Zeit zwei Kopien nach Correggio malte,
welche der Herzog dem Kaiser Rudolph II. zum Geschenk machte. Man weiß
nicht, was aus diesen Copien geworden ist. Doch liegt ein Zeugniß vor, daß
auch diese Beschäftign»!«, mit Correggio nicht ohne Einfluß auf den empfänglichen
Geist des Künstlers geblieben ist. Ans dem Hochaltar von San Ambrogio in
Genua steht ein großes Bild „Die Beschneidung Christi," mit colossalen Fi¬
guren, welche den Typen der Caracci nachgebildet sind, während die Composition
von Correggios „Nacht" beeinflußt worden ist, die sich damals in der Kirche
San Prosperv in Reggio in Modena befand.

Gegen den Schluß des Jahres 1605 begab sich Rubens zum zweitenmale
nach Rom, um von neuem aus dem bewegten Künstlerleben der Stadt An¬
regungen zu empfangen. Daß dies der ausgesprochene Zweck seiner Reise war,
geht aus einem Briefe vom 29. Juli 1606 hervor, in welchem er seinen Gönner,
Annibale Chieppio, bittet, veranlassen zu wollen, daß ihm sein für vier Monate
rückständiger Gehalt baldigst bezahlt iverde. Der Herzog war also großmüthig
genug, ihm seinen Jahresgehalt zu lassen, obwohl er in Rom seine eignen In¬
teressen verfolgte. Zu den Malern, mit welchen Rubens während dieses zweiten
Aufenthalts in Rom in Berührung kam, gehörte auch Adam Elsheimer ans
Frankfurt am Main. Der Verkehr mit diesem muß ein ziemlich enger gewesen
sein, da Rubens sich noch nach sechzehn Jahren seiner erinnerte. In dem schon
erwähnten Briefe an Peter van Veer vom 19. Juni 1622 gedenkt er eines
eigenthümlichen Verfahrens, die Kupferplatte für deu Stich oder die Rndirung
vorzubereiten, welches ihm Elsheimer mitgetheilt hätte. In Rubens' Nachlasse
befanden sich vier Bilder Elshcimers, ein Beweis, wie hoch er den deutschen
Maler schätzte. Auch hatte er eines seiner Bilder, ein „Opfer," copirt und war
überhaupt durch seine Manier, namentlich durch die eigenthümliche Art seiner
Lichteffectc, so sehr gefesselt worden, daß er sich selbst in diesem kleinen Genre
versuchte. Die Gemäldegalerie in Kassel besitzt die Darstellung einer Flucht nach
Aegypten, eines Nachtstücks unter der Beleuchtung des Mondes, der rechts am
Himmel steht. Links reitet die Madonna mit dem Kinde, von welchem eben¬
falls ein Lichtschein ausgeht. Ein Engel geht als Wegweiser durch eine Furth
voran, ein andrer, der in der Luft schwebt, treibt den Esel zur Eile. Joseph


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[0330] Rubens in Italien. der Breite —, um die Uebertragung der Zeichnung auf die Leinwand zu er¬ leichtern, eine Methode übrigens, die Rubens ebenfalls von der Freskotechnik überkommen hat. Die Zeichnung ist, wie gesagt, sehr sorgsam ausgeführt und läßt die italienischen Studien in der kräftigen, ungemein liebevollen Mvdellirung und in der Charakteristik der Köpfe noch deutlicher erkennen als das stellenweise vollkommen geschundene Oelgemälde. Die Bilder scheinen den vollen Beifall des Herzogs gefunden zu haben, da derselbe dem Künstler dafür 1300 Doppelducatcn bezahlt haben soll. Im Archive findet sich allerdings nichts über eine so hohe Zahlung, wohl aber die Mittheilung, daß Rubens um dieselbe Zeit zwei Kopien nach Correggio malte, welche der Herzog dem Kaiser Rudolph II. zum Geschenk machte. Man weiß nicht, was aus diesen Copien geworden ist. Doch liegt ein Zeugniß vor, daß auch diese Beschäftign»!«, mit Correggio nicht ohne Einfluß auf den empfänglichen Geist des Künstlers geblieben ist. Ans dem Hochaltar von San Ambrogio in Genua steht ein großes Bild „Die Beschneidung Christi," mit colossalen Fi¬ guren, welche den Typen der Caracci nachgebildet sind, während die Composition von Correggios „Nacht" beeinflußt worden ist, die sich damals in der Kirche San Prosperv in Reggio in Modena befand. Gegen den Schluß des Jahres 1605 begab sich Rubens zum zweitenmale nach Rom, um von neuem aus dem bewegten Künstlerleben der Stadt An¬ regungen zu empfangen. Daß dies der ausgesprochene Zweck seiner Reise war, geht aus einem Briefe vom 29. Juli 1606 hervor, in welchem er seinen Gönner, Annibale Chieppio, bittet, veranlassen zu wollen, daß ihm sein für vier Monate rückständiger Gehalt baldigst bezahlt iverde. Der Herzog war also großmüthig genug, ihm seinen Jahresgehalt zu lassen, obwohl er in Rom seine eignen In¬ teressen verfolgte. Zu den Malern, mit welchen Rubens während dieses zweiten Aufenthalts in Rom in Berührung kam, gehörte auch Adam Elsheimer ans Frankfurt am Main. Der Verkehr mit diesem muß ein ziemlich enger gewesen sein, da Rubens sich noch nach sechzehn Jahren seiner erinnerte. In dem schon erwähnten Briefe an Peter van Veer vom 19. Juni 1622 gedenkt er eines eigenthümlichen Verfahrens, die Kupferplatte für deu Stich oder die Rndirung vorzubereiten, welches ihm Elsheimer mitgetheilt hätte. In Rubens' Nachlasse befanden sich vier Bilder Elshcimers, ein Beweis, wie hoch er den deutschen Maler schätzte. Auch hatte er eines seiner Bilder, ein „Opfer," copirt und war überhaupt durch seine Manier, namentlich durch die eigenthümliche Art seiner Lichteffectc, so sehr gefesselt worden, daß er sich selbst in diesem kleinen Genre versuchte. Die Gemäldegalerie in Kassel besitzt die Darstellung einer Flucht nach Aegypten, eines Nachtstücks unter der Beleuchtung des Mondes, der rechts am Himmel steht. Links reitet die Madonna mit dem Kinde, von welchem eben¬ falls ein Lichtschein ausgeht. Ein Engel geht als Wegweiser durch eine Furth voran, ein andrer, der in der Luft schwebt, treibt den Esel zur Eile. Joseph

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/330>, abgerufen am 15.01.2025.