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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Das Attentat in Washington,

die bösen Leidenschaften, und zwar "in so mehr, als Cvnkling sich nun nach
Albany begab, um bei der dort lagerten Gesetzgebung von New-Dort seine und
seines Collegen Wiedererwählung, wenn auch bisher ansonst, zu betreiben.

Als Conkling wegen der Zolleollcetvrsstelle den Kampf mit Garfield be¬
gann, da erklärte er, er habe zwischen Todtschlag und Selbstmord zu wählen,
und er wähle den Todtschlag. Das konnte und sollte natürlich nichts andres
bedeuten, als daß er entweder den Kampf um das Newyorter Zollhaus auf¬
nehmen und die Administration Garsields vernichten oder sich die Ernennung
Robertsons gefallen lassen und damit in seine eigne politische Vernichtung willigen
müsse. So weit hatte es also das von Great und seinem Anhange so eifrig
betriebene Beuteshstem im politischen Leben der Vereinigten Staaten gebracht,
daß ein Politiker von wirklichen Fähigkeiten, aber maßlosen Ansprüchen, sich nicht
schämte, ein solches Geständniß zu machen. Mit Recht hat Karl Schurz in der
"Westlichen Post", einem zu Se. Louis im Staate Missouri erscheinenden, weit¬
verbreiteten Blatte, diese Handlungsweise Conklings scharf gegeißelt. Hätte Con¬
kling die Ernennung Robertsons aus principiellen Gründen, aus Rücksichten
für den öffentlichen Dienst bekämpft, so hätte er sich ruhig im BuudeSseuate
überstimme" lassen dürfen und würde doch an Ausehen nichts verloren haben;
aber der Beute wegen riskirte er den "Todtschlag" von Garsields Administration
oder seine eigne Vernichtung. Wenn nicht alles trügt, wird jetzt diese Ver¬
nichtung erfolgen.

Die Reden und Handlungen Conklings wurden in allen Zeitungen besprochen
und verbreitet, und der Ex-Präsident Grant trat wiederholt in Wort und Schrift
für Conkling ein. Unter solchen Umständen ist es nicht zu verwundern, daß
ein exaltirter und überspannter Kopf, daß Charles I. Guitean, ein getäuschter
Nemterjäger, ein enrngirter Anhänger Graues, der sich in einem Briefe selbst
als den "Stälwart der Stalwarts" bezeichnete, den Ausdruck "Todtschlag" im
wirklichen Sinne verstand und Garfield aus dem Wege zu räumen suchte, um
dem Bentcshstcme zum Siege zu verhelfen.

Daß Rvseoe Conkling nach der Mordthat Guiteaus dieselbe feierlich ver-
urtheilt. ist selbstverständlich, aber eine andre Frage ist es, ob er, der Haupt-
Prvteetvr des corrumpirenden Stellenjägerthnms, von aller und jeder moralischem
Verantwortlichkeit für Guiteaus Verbrechen freizusprechen ist. Ein angesehenes
amerikanisches Blatt, die in New-York erscheinende läßt sich in dieser

Beziehung also vernehmen: "Wir sind sicherlich weit davon entfernt, irgend eine
Partei oder Parteischicht sür Guiteaus mörderische Handlung verantwortlich zu
machen, aber wir halten es sür unsre Pflicht, hervorzuheben, daß die Handlung
der übertriebne Ausdruck eines bittern Haßgefühls ist. Es ist nicht zu viel ge¬
sagt, wenn man behauptet, daß, wenn Garfield nicht das Haupt eines Staates
gewesen wäre, in welchem Aemter als Preise an Männer von ähnlichem Ver¬
dienst und ähnlicher Laufbahn, wie dieser Mörder, vergeben werden, er niemals


Das Attentat in Washington,

die bösen Leidenschaften, und zwar »in so mehr, als Cvnkling sich nun nach
Albany begab, um bei der dort lagerten Gesetzgebung von New-Dort seine und
seines Collegen Wiedererwählung, wenn auch bisher ansonst, zu betreiben.

Als Conkling wegen der Zolleollcetvrsstelle den Kampf mit Garfield be¬
gann, da erklärte er, er habe zwischen Todtschlag und Selbstmord zu wählen,
und er wähle den Todtschlag. Das konnte und sollte natürlich nichts andres
bedeuten, als daß er entweder den Kampf um das Newyorter Zollhaus auf¬
nehmen und die Administration Garsields vernichten oder sich die Ernennung
Robertsons gefallen lassen und damit in seine eigne politische Vernichtung willigen
müsse. So weit hatte es also das von Great und seinem Anhange so eifrig
betriebene Beuteshstem im politischen Leben der Vereinigten Staaten gebracht,
daß ein Politiker von wirklichen Fähigkeiten, aber maßlosen Ansprüchen, sich nicht
schämte, ein solches Geständniß zu machen. Mit Recht hat Karl Schurz in der
„Westlichen Post", einem zu Se. Louis im Staate Missouri erscheinenden, weit¬
verbreiteten Blatte, diese Handlungsweise Conklings scharf gegeißelt. Hätte Con¬
kling die Ernennung Robertsons aus principiellen Gründen, aus Rücksichten
für den öffentlichen Dienst bekämpft, so hätte er sich ruhig im BuudeSseuate
überstimme» lassen dürfen und würde doch an Ausehen nichts verloren haben;
aber der Beute wegen riskirte er den „Todtschlag" von Garsields Administration
oder seine eigne Vernichtung. Wenn nicht alles trügt, wird jetzt diese Ver¬
nichtung erfolgen.

Die Reden und Handlungen Conklings wurden in allen Zeitungen besprochen
und verbreitet, und der Ex-Präsident Grant trat wiederholt in Wort und Schrift
für Conkling ein. Unter solchen Umständen ist es nicht zu verwundern, daß
ein exaltirter und überspannter Kopf, daß Charles I. Guitean, ein getäuschter
Nemterjäger, ein enrngirter Anhänger Graues, der sich in einem Briefe selbst
als den „Stälwart der Stalwarts" bezeichnete, den Ausdruck „Todtschlag" im
wirklichen Sinne verstand und Garfield aus dem Wege zu räumen suchte, um
dem Bentcshstcme zum Siege zu verhelfen.

Daß Rvseoe Conkling nach der Mordthat Guiteaus dieselbe feierlich ver-
urtheilt. ist selbstverständlich, aber eine andre Frage ist es, ob er, der Haupt-
Prvteetvr des corrumpirenden Stellenjägerthnms, von aller und jeder moralischem
Verantwortlichkeit für Guiteaus Verbrechen freizusprechen ist. Ein angesehenes
amerikanisches Blatt, die in New-York erscheinende läßt sich in dieser

Beziehung also vernehmen: „Wir sind sicherlich weit davon entfernt, irgend eine
Partei oder Parteischicht sür Guiteaus mörderische Handlung verantwortlich zu
machen, aber wir halten es sür unsre Pflicht, hervorzuheben, daß die Handlung
der übertriebne Ausdruck eines bittern Haßgefühls ist. Es ist nicht zu viel ge¬
sagt, wenn man behauptet, daß, wenn Garfield nicht das Haupt eines Staates
gewesen wäre, in welchem Aemter als Preise an Männer von ähnlichem Ver¬
dienst und ähnlicher Laufbahn, wie dieser Mörder, vergeben werden, er niemals


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/99>, abgerufen am 01.09.2024.