Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.bethauen," "doch," fährt er in übergroßer Bescheidenheit fort, "ich will mein Herz Es würde zuviel Raum erfordern, wenn wir die unvergleichlichen Strophen
Wer es uach solcher Lyrik für unmöglich hält, daß der Dichter sich selbst noch über¬
Man darf wohl gespannt sei", welche Stoffe Herr Reuleciux fernerhin seiner "Harfe Gegen die lawinenartig anwachsende Literatur über Italien, die alljährlich bethauen," „doch," fährt er in übergroßer Bescheidenheit fort, „ich will mein Herz Es würde zuviel Raum erfordern, wenn wir die unvergleichlichen Strophen
Wer es uach solcher Lyrik für unmöglich hält, daß der Dichter sich selbst noch über¬
Man darf wohl gespannt sei», welche Stoffe Herr Reuleciux fernerhin seiner „Harfe Gegen die lawinenartig anwachsende Literatur über Italien, die alljährlich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0509" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150659"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1630" prev="#ID_1629"> bethauen," „doch," fährt er in übergroßer Bescheidenheit fort, „ich will mein Herz<lb/> bezähme», ich will die Schwingen meines Adlers lahmen" n, s, w.</p><lb/> <p xml:id="ID_1631"> Es würde zuviel Raum erfordern, wenn wir die unvergleichlichen Strophen<lb/> citiren wollten, in welchen Varzins „Manen" gepriesen werden, die, in welchen<lb/> der Sänger den rnhmgetränkten Spuren Schillers und Goethes in Jena „die<lb/> Stirne und der Saiten Silber neigen" will, oder die, in denen er das „martyrium-<lb/> umschwebte" Konstanz besingt, wo „zu Asche sänke» die Beiden, die verbriefter Treue<lb/> Wanken mit Dulderschmnck, mit bleibendem, umwunden" und andres. Nur eine<lb/> der duftigsten Blüten sei es noch gestattet, ans dein Strauße zu gebe», den der<lb/> Dichter, um mit seinen Worten (S. 26) zu reden, „Germaniens Koryphäen er¬<lb/> höhte" (!):</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_20" type="poem"> <head> M ü » es e n.</head> <l> Wär' ich gewillt, dem Haufen nachzubeten:<lb/> Ich sähe nimmer, bannerprachtmnflossen,<lb/> Im Bunde mit den Freunden und Genossen,<lb/> Dich in die Reih'n, die liebinnrauschte», treten. Doch nimmer weiche ich den Exegete»,<lb/> Die liegen Dich der Lästrung Bern erschlossen!<lb/> Empor mein Adler!: Kühn und unverdrossen<lb/> Entzünd' Athene» flammende Kometen, Den» ob Du anch Gnmbrinc» Dir züi» Vetter<lb/> Erkürt und zum Knmpnnen, zum. getreue»:<lb/> Ich preise Dich ersah'ner Kunst Erretter, Den Meistersingern gabst Dn kühn die Bretter!<lb/> Und würden Kerker mich und Tod bedräue» —:<lb/> Ich wüßt' an Dir zu tadeln »ur--das Wettern - </l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1632"> Wer es uach solcher Lyrik für unmöglich hält, daß der Dichter sich selbst noch über¬<lb/> treffen könne, der schlage zur Beschämung seiner Kleingläubigkeit die als „Anhang"<lb/> beigefügten drei Sonette gegen die Vivisectionisten auf, in denen der Musenjünger<lb/> ^,das Volk, das jüngst in« schönen Zusammenwirke» Frankreichs Oriflammen zu<lb/> Scherben schlug (!)," „der Erbarmung hehre Kerzen zu zünden" und „Hygieias<lb/> Schwert Schmach zu entmerzcn" auffordert. Er schildert die Qualen, die ein zur<lb/> Section vorbereiteter Hund — den er zur Steigerung des Effects in einem Holz¬<lb/> schnitt vorführt — zu erleiden hat:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_21" type="poem"> <l> das N»g', das funkelt, blitzet,<lb/> Verrath, daß dei» Narkot Empfindung schwächte —<lb/> Doch seht! schon klafft der Leib, geschickt geschlitzet--</l> <l> Aufschwingt sich Blut, das wild zur Decke spritzet--<lb/> Das Opfer schweigt!: Kein Schrei, der Lindrung brächte<lb/> Prometheusqual — — »ur's Auge funkelt, blitzet! —</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1633"> Man darf wohl gespannt sei», welche Stoffe Herr Reuleciux fernerhin seiner „Harfe<lb/> Gold als Ziel erküren" wird, „Opus <>" ist nach einer Notiz auf S, 40 „in<lb/> Vorbereitung."</p><lb/> <p xml:id="ID_1634" next="#ID_1635"> Gegen die lawinenartig anwachsende Literatur über Italien, die alljährlich<lb/> bon schreibseligcn Natur- und Knnstenthusiasten sei es in der harmlosen Form von<lb/> Feuilletons u. s, w. oder in der anspruchsvolleru Buchform in die Welt gesetzt<lb/> wird, hat sich in Deutschland seit gercinmer Zeit ein begreifliches Mißtrauen ent¬<lb/> wickelt. Obwohl die Länder- und Völkerkunde noch empfindliche Lücken genug bei<lb/> uns aufweist und wir beispielsweise bis zum heutigen Tage noch kein Werk über<lb/> Rußland besitzen, das sich mit dem gegenwärtig zu Paris im Erscheinen begriffenen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0509]
bethauen," „doch," fährt er in übergroßer Bescheidenheit fort, „ich will mein Herz
bezähme», ich will die Schwingen meines Adlers lahmen" n, s, w.
Es würde zuviel Raum erfordern, wenn wir die unvergleichlichen Strophen
citiren wollten, in welchen Varzins „Manen" gepriesen werden, die, in welchen
der Sänger den rnhmgetränkten Spuren Schillers und Goethes in Jena „die
Stirne und der Saiten Silber neigen" will, oder die, in denen er das „martyrium-
umschwebte" Konstanz besingt, wo „zu Asche sänke» die Beiden, die verbriefter Treue
Wanken mit Dulderschmnck, mit bleibendem, umwunden" und andres. Nur eine
der duftigsten Blüten sei es noch gestattet, ans dein Strauße zu gebe», den der
Dichter, um mit seinen Worten (S. 26) zu reden, „Germaniens Koryphäen er¬
höhte" (!):
M ü » es e n. Wär' ich gewillt, dem Haufen nachzubeten:
Ich sähe nimmer, bannerprachtmnflossen,
Im Bunde mit den Freunden und Genossen,
Dich in die Reih'n, die liebinnrauschte», treten. Doch nimmer weiche ich den Exegete»,
Die liegen Dich der Lästrung Bern erschlossen!
Empor mein Adler!: Kühn und unverdrossen
Entzünd' Athene» flammende Kometen, Den» ob Du anch Gnmbrinc» Dir züi» Vetter
Erkürt und zum Knmpnnen, zum. getreue»:
Ich preise Dich ersah'ner Kunst Erretter, Den Meistersingern gabst Dn kühn die Bretter!
Und würden Kerker mich und Tod bedräue» —:
Ich wüßt' an Dir zu tadeln »ur--das Wettern -
Wer es uach solcher Lyrik für unmöglich hält, daß der Dichter sich selbst noch über¬
treffen könne, der schlage zur Beschämung seiner Kleingläubigkeit die als „Anhang"
beigefügten drei Sonette gegen die Vivisectionisten auf, in denen der Musenjünger
^,das Volk, das jüngst in« schönen Zusammenwirke» Frankreichs Oriflammen zu
Scherben schlug (!)," „der Erbarmung hehre Kerzen zu zünden" und „Hygieias
Schwert Schmach zu entmerzcn" auffordert. Er schildert die Qualen, die ein zur
Section vorbereiteter Hund — den er zur Steigerung des Effects in einem Holz¬
schnitt vorführt — zu erleiden hat:
das N»g', das funkelt, blitzet,
Verrath, daß dei» Narkot Empfindung schwächte —
Doch seht! schon klafft der Leib, geschickt geschlitzet-- Aufschwingt sich Blut, das wild zur Decke spritzet--
Das Opfer schweigt!: Kein Schrei, der Lindrung brächte
Prometheusqual — — »ur's Auge funkelt, blitzet! —
Man darf wohl gespannt sei», welche Stoffe Herr Reuleciux fernerhin seiner „Harfe
Gold als Ziel erküren" wird, „Opus <>" ist nach einer Notiz auf S, 40 „in
Vorbereitung."
Gegen die lawinenartig anwachsende Literatur über Italien, die alljährlich
bon schreibseligcn Natur- und Knnstenthusiasten sei es in der harmlosen Form von
Feuilletons u. s, w. oder in der anspruchsvolleru Buchform in die Welt gesetzt
wird, hat sich in Deutschland seit gercinmer Zeit ein begreifliches Mißtrauen ent¬
wickelt. Obwohl die Länder- und Völkerkunde noch empfindliche Lücken genug bei
uns aufweist und wir beispielsweise bis zum heutigen Tage noch kein Werk über
Rußland besitzen, das sich mit dem gegenwärtig zu Paris im Erscheinen begriffenen
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