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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Lauchstädl.

fürstlichen Herrschaften der kurfürstliche Hof von Dresden in Lanchstndt seine
Residenz. Das junge kurfürstliche Paar kam mit großem Gefolge. Der Ober¬
hofmeister Graf Mosezynski, der Oberstallmeister Graf von Lindenau, der Ober-
kmnmerhcrr Graf Marcolini, drei Kammerherren, ein Generaladjutant, zwei Beicht¬
väter, ein Hofcaplan, ein Leibmedieus, ein Hofchirurg, eine Oberhofmeisterin,
zwei Kammerfräulein und zahlreiche andre Dienerschaft waren in der Begleitung
des Hofes, eine Infanterie- und Cavallerieabtheilung war für den Wachtdienst
commandirt. Von dieser Anwesenheit des kurfürstlich sächsischen Hofes, die sich
1776, 1777 und 1780 wiederholte, datirt für Lcmchstädt die Periode des gro߬
artigsten Aufschwunges und seine eigentliche Glanzzeit, die etwa ein Vierteljahr¬
hundert, bis in den Anfang unsres Jahrhunderts herein, gewährt hat.

Es ist begreiflich, daß die vorhandnen Baulichkeiten des Bades den An¬
sprüchen des verwöhnten Dresdner Hofes nicht genügten. Mit fürstlicher Muni-
ficenz übernahm daher Friedrich August eine neue und zeitgemäße Ausstattung
des Bades auf seine Schatulle. Der stiftische Baumeister Chryselius wurde mit
dem Entwurf und der Ausführung neuer Bauten beauftragt, dem Grafen Mnr-
colini die oberste Leitung der Angelegenheit übergeben, und so erhielt denn das
Bad in den nächsten Jahren diejenige architektonische Physiognomie, die es im
wesentlichen noch bis heute bewahrt hat. Zunächst wurde 1776 das Häuschen
vor dem Brunnen abgetragen und statt dessen links von der Quelle, welche 1777
die noch jetzt vorhcmdne steinerne Fassung erhielt, der massive Pavillon gebant,
in dessen Reservoirs das zu deu Hausbädern zu benutzende Wasser aus der Quelle
geleitet wurde. Rechts von der Quelle wurde ein zweiter Pavillon mit einer
Donchebadeinrichtung aufgeführt, der ältere hinter der Quelle liegende noch von
Herzog Heinrich erbaute Pavillon aber abgebrochen und an das Ende der Prome¬
nade versetzt. Ebenso wurde das alte, von Herzog Moritz Wilhelm errichtete,
baufällig gewordne Assemblvehaus abgetragen und an seine Stelle ein neuer Cur-
saal erbaut, der gleichzeitig mit dem nen errichteten Küchengebände 1780 in Gegen¬
wart des kurfürstlichen Hofes eingeweiht wurde. Teich, Garten, Promenade
wurden in den nächsten Jahren planvoll umgestaltet und abgerundet, 1785 endlich
auf die Mauer, mit der man den Bach eingefaßt hatte, eine Reihe von Kram¬
läden mit einem davor hinlaufenden schmalen Laubengang erbaut.

Natürlich mußte diese Verschönerung des Bades auch auf die Preisver¬
hältnisse einen gewissen Einfluß üben. Zwar bewegten sich die wöchentlichen
Preise für Wohnungen, wie bei Dr. Koch zu lesen ist, noch 1790 zwischen 2 Thaler
8 Groschen und 16 Groschen, waren also scheinbar seit 1746 fast um nichts ge¬
stiegen. Dafür wurden aber die Betten jetzt besonders in Rechnung gebracht, und
zwar "ein einschläfrig Herren-Bette" mit 8 Groschen, "ein zweyschläfriges dergl."


Lauchstädl.

fürstlichen Herrschaften der kurfürstliche Hof von Dresden in Lanchstndt seine
Residenz. Das junge kurfürstliche Paar kam mit großem Gefolge. Der Ober¬
hofmeister Graf Mosezynski, der Oberstallmeister Graf von Lindenau, der Ober-
kmnmerhcrr Graf Marcolini, drei Kammerherren, ein Generaladjutant, zwei Beicht¬
väter, ein Hofcaplan, ein Leibmedieus, ein Hofchirurg, eine Oberhofmeisterin,
zwei Kammerfräulein und zahlreiche andre Dienerschaft waren in der Begleitung
des Hofes, eine Infanterie- und Cavallerieabtheilung war für den Wachtdienst
commandirt. Von dieser Anwesenheit des kurfürstlich sächsischen Hofes, die sich
1776, 1777 und 1780 wiederholte, datirt für Lcmchstädt die Periode des gro߬
artigsten Aufschwunges und seine eigentliche Glanzzeit, die etwa ein Vierteljahr¬
hundert, bis in den Anfang unsres Jahrhunderts herein, gewährt hat.

Es ist begreiflich, daß die vorhandnen Baulichkeiten des Bades den An¬
sprüchen des verwöhnten Dresdner Hofes nicht genügten. Mit fürstlicher Muni-
ficenz übernahm daher Friedrich August eine neue und zeitgemäße Ausstattung
des Bades auf seine Schatulle. Der stiftische Baumeister Chryselius wurde mit
dem Entwurf und der Ausführung neuer Bauten beauftragt, dem Grafen Mnr-
colini die oberste Leitung der Angelegenheit übergeben, und so erhielt denn das
Bad in den nächsten Jahren diejenige architektonische Physiognomie, die es im
wesentlichen noch bis heute bewahrt hat. Zunächst wurde 1776 das Häuschen
vor dem Brunnen abgetragen und statt dessen links von der Quelle, welche 1777
die noch jetzt vorhcmdne steinerne Fassung erhielt, der massive Pavillon gebant,
in dessen Reservoirs das zu deu Hausbädern zu benutzende Wasser aus der Quelle
geleitet wurde. Rechts von der Quelle wurde ein zweiter Pavillon mit einer
Donchebadeinrichtung aufgeführt, der ältere hinter der Quelle liegende noch von
Herzog Heinrich erbaute Pavillon aber abgebrochen und an das Ende der Prome¬
nade versetzt. Ebenso wurde das alte, von Herzog Moritz Wilhelm errichtete,
baufällig gewordne Assemblvehaus abgetragen und an seine Stelle ein neuer Cur-
saal erbaut, der gleichzeitig mit dem nen errichteten Küchengebände 1780 in Gegen¬
wart des kurfürstlichen Hofes eingeweiht wurde. Teich, Garten, Promenade
wurden in den nächsten Jahren planvoll umgestaltet und abgerundet, 1785 endlich
auf die Mauer, mit der man den Bach eingefaßt hatte, eine Reihe von Kram¬
läden mit einem davor hinlaufenden schmalen Laubengang erbaut.

Natürlich mußte diese Verschönerung des Bades auch auf die Preisver¬
hältnisse einen gewissen Einfluß üben. Zwar bewegten sich die wöchentlichen
Preise für Wohnungen, wie bei Dr. Koch zu lesen ist, noch 1790 zwischen 2 Thaler
8 Groschen und 16 Groschen, waren also scheinbar seit 1746 fast um nichts ge¬
stiegen. Dafür wurden aber die Betten jetzt besonders in Rechnung gebracht, und
zwar „ein einschläfrig Herren-Bette" mit 8 Groschen, „ein zweyschläfriges dergl."


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[0504] Lauchstädl. fürstlichen Herrschaften der kurfürstliche Hof von Dresden in Lanchstndt seine Residenz. Das junge kurfürstliche Paar kam mit großem Gefolge. Der Ober¬ hofmeister Graf Mosezynski, der Oberstallmeister Graf von Lindenau, der Ober- kmnmerhcrr Graf Marcolini, drei Kammerherren, ein Generaladjutant, zwei Beicht¬ väter, ein Hofcaplan, ein Leibmedieus, ein Hofchirurg, eine Oberhofmeisterin, zwei Kammerfräulein und zahlreiche andre Dienerschaft waren in der Begleitung des Hofes, eine Infanterie- und Cavallerieabtheilung war für den Wachtdienst commandirt. Von dieser Anwesenheit des kurfürstlich sächsischen Hofes, die sich 1776, 1777 und 1780 wiederholte, datirt für Lcmchstädt die Periode des gro߬ artigsten Aufschwunges und seine eigentliche Glanzzeit, die etwa ein Vierteljahr¬ hundert, bis in den Anfang unsres Jahrhunderts herein, gewährt hat. Es ist begreiflich, daß die vorhandnen Baulichkeiten des Bades den An¬ sprüchen des verwöhnten Dresdner Hofes nicht genügten. Mit fürstlicher Muni- ficenz übernahm daher Friedrich August eine neue und zeitgemäße Ausstattung des Bades auf seine Schatulle. Der stiftische Baumeister Chryselius wurde mit dem Entwurf und der Ausführung neuer Bauten beauftragt, dem Grafen Mnr- colini die oberste Leitung der Angelegenheit übergeben, und so erhielt denn das Bad in den nächsten Jahren diejenige architektonische Physiognomie, die es im wesentlichen noch bis heute bewahrt hat. Zunächst wurde 1776 das Häuschen vor dem Brunnen abgetragen und statt dessen links von der Quelle, welche 1777 die noch jetzt vorhcmdne steinerne Fassung erhielt, der massive Pavillon gebant, in dessen Reservoirs das zu deu Hausbädern zu benutzende Wasser aus der Quelle geleitet wurde. Rechts von der Quelle wurde ein zweiter Pavillon mit einer Donchebadeinrichtung aufgeführt, der ältere hinter der Quelle liegende noch von Herzog Heinrich erbaute Pavillon aber abgebrochen und an das Ende der Prome¬ nade versetzt. Ebenso wurde das alte, von Herzog Moritz Wilhelm errichtete, baufällig gewordne Assemblvehaus abgetragen und an seine Stelle ein neuer Cur- saal erbaut, der gleichzeitig mit dem nen errichteten Küchengebände 1780 in Gegen¬ wart des kurfürstlichen Hofes eingeweiht wurde. Teich, Garten, Promenade wurden in den nächsten Jahren planvoll umgestaltet und abgerundet, 1785 endlich auf die Mauer, mit der man den Bach eingefaßt hatte, eine Reihe von Kram¬ läden mit einem davor hinlaufenden schmalen Laubengang erbaut. Natürlich mußte diese Verschönerung des Bades auch auf die Preisver¬ hältnisse einen gewissen Einfluß üben. Zwar bewegten sich die wöchentlichen Preise für Wohnungen, wie bei Dr. Koch zu lesen ist, noch 1790 zwischen 2 Thaler 8 Groschen und 16 Groschen, waren also scheinbar seit 1746 fast um nichts ge¬ stiegen. Dafür wurden aber die Betten jetzt besonders in Rechnung gebracht, und zwar „ein einschläfrig Herren-Bette" mit 8 Groschen, „ein zweyschläfriges dergl."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/504>, abgerufen am 25.08.2024.