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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen.

Damit schließt die Einleitung. Den weitern Stoff zerlegt der Verfasser
nach den vier Familien, die in der Hauptsache die Mark Meißen während der
von ihm behandelten Zeit verwaltet haben -- den Ekkchardinern, dem Hause Weimar-
Orlmnünde, den Brnnonen und den Wettinern -- in vier Hauptabschnitte: in
jedem derselben behandelt er einerseits die HanSgcschichte der betreffenden Familie,
andrerseits die Geschichte des Landes während der Zeit ihrer Regierung und
ihr Eingreifen in die Neichsgcschichte.

Nach Geros Tode zerfiel das große Gebiet, das seiner Aufsicht unterstellt
war, in verschiedne Theile. In unsern Landen wurden die drei im Jahre 968
angelegten Bisthümer Meißen, Zeitz und Merseburg Mittelpunkte von drei Mark-
grnfschaften. Als Inhaber der Mark Meißen werden Wigbert, dann Thictmar
(s 978), endlich der Wettiner Rikdag (s 98b) genannt. Die Marken Zeitz und
Merseburg wurden nach und nach mit Meißen vereinigt, so daß Rikdag bereits
ein stattliches Gebiet besaß. Noch aber galt dies Gebiet lediglich als Amtsbezirk;
nicht auf Nikdags Sohn, sondern auf den Sohn Günthers, des ehemaligen Mark¬
grafen der Merseburger Mark, aus EKehard I., ging die Mark Meißen über.
Dieser kraftvolle Abkömmling eines edlen thüringischen Geschlechts, als dessen
Stammsitz Großjena am Zusammenfluß von Unstrut und Saale nachgewiesen
wird und dein Burg und Collegiatstift Nciumburg ihren Ursprung verdanken, ist
der erste Markgraf von Meißen, der uns ein persönliches Interesse einzuflößen
vermag. Ein Günstling der Kaiserin Theophcmo und Ottos III., spielt er eine
Zeit lang eine bedeutende Rolle in der Neichsgeschichte. Er begleitet den Kaiser
997 nach Italien, zahleiche Beneficien werden ihm übertragen, Reichslehen in
erbliches Eigenthum verwandelt; er erhalt das Münzrecht. Wenn freilich Thietmar
von Merseburg berichtet, daß Ekkehard "durch gemeinsame Wahl des ganzen
thüringischen Volks" zum Herzoge von Thüringen ernannt worden sei, so erläutert
Posse dies wohl richtig dahin, daß damit nur die Einwilligung des Volks zur
Führung der Heerbanns gegen die Slaven gemeint sei. Gegen diese, Wenden
und Böhmen, hat EKehard wieder viele Kämpfe zu führen gehabt, bei denen
ihm meist das Glück hold war. Nach Ottos III. frühem Tode konnte Ekkehard
selbst an die königliche Krone denken; dann trat er auf die Seite der Gegner
Heinrichs II. Vielleicht war dies sein Verhängnis;: am 30. April 1002 fiel
er zu Pöhlde durch Mörderhand.

Es folgten Jahre furchtbaren Ringens zwischen Germanen und Slaven.
Doch sind die Kämpfe zwischen dein Polenkönige Boleslav Chrobry und Heinrich II.,
die nach manchen Wechselfällen 1018 mit dem Bautzner Frieden schlössen, zu
bekannt, als daß wir hier näher darauf eingehen dürften. Schon kurz nach
Ekkehards Tode fiel Meißen an den Polenkönig; freilich mußte er es bald hermis-


Ämizbote" II. 1881. 4ö
Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen.

Damit schließt die Einleitung. Den weitern Stoff zerlegt der Verfasser
nach den vier Familien, die in der Hauptsache die Mark Meißen während der
von ihm behandelten Zeit verwaltet haben — den Ekkchardinern, dem Hause Weimar-
Orlmnünde, den Brnnonen und den Wettinern — in vier Hauptabschnitte: in
jedem derselben behandelt er einerseits die HanSgcschichte der betreffenden Familie,
andrerseits die Geschichte des Landes während der Zeit ihrer Regierung und
ihr Eingreifen in die Neichsgcschichte.

Nach Geros Tode zerfiel das große Gebiet, das seiner Aufsicht unterstellt
war, in verschiedne Theile. In unsern Landen wurden die drei im Jahre 968
angelegten Bisthümer Meißen, Zeitz und Merseburg Mittelpunkte von drei Mark-
grnfschaften. Als Inhaber der Mark Meißen werden Wigbert, dann Thictmar
(s 978), endlich der Wettiner Rikdag (s 98b) genannt. Die Marken Zeitz und
Merseburg wurden nach und nach mit Meißen vereinigt, so daß Rikdag bereits
ein stattliches Gebiet besaß. Noch aber galt dies Gebiet lediglich als Amtsbezirk;
nicht auf Nikdags Sohn, sondern auf den Sohn Günthers, des ehemaligen Mark¬
grafen der Merseburger Mark, aus EKehard I., ging die Mark Meißen über.
Dieser kraftvolle Abkömmling eines edlen thüringischen Geschlechts, als dessen
Stammsitz Großjena am Zusammenfluß von Unstrut und Saale nachgewiesen
wird und dein Burg und Collegiatstift Nciumburg ihren Ursprung verdanken, ist
der erste Markgraf von Meißen, der uns ein persönliches Interesse einzuflößen
vermag. Ein Günstling der Kaiserin Theophcmo und Ottos III., spielt er eine
Zeit lang eine bedeutende Rolle in der Neichsgeschichte. Er begleitet den Kaiser
997 nach Italien, zahleiche Beneficien werden ihm übertragen, Reichslehen in
erbliches Eigenthum verwandelt; er erhalt das Münzrecht. Wenn freilich Thietmar
von Merseburg berichtet, daß Ekkehard „durch gemeinsame Wahl des ganzen
thüringischen Volks" zum Herzoge von Thüringen ernannt worden sei, so erläutert
Posse dies wohl richtig dahin, daß damit nur die Einwilligung des Volks zur
Führung der Heerbanns gegen die Slaven gemeint sei. Gegen diese, Wenden
und Böhmen, hat EKehard wieder viele Kämpfe zu führen gehabt, bei denen
ihm meist das Glück hold war. Nach Ottos III. frühem Tode konnte Ekkehard
selbst an die königliche Krone denken; dann trat er auf die Seite der Gegner
Heinrichs II. Vielleicht war dies sein Verhängnis;: am 30. April 1002 fiel
er zu Pöhlde durch Mörderhand.

Es folgten Jahre furchtbaren Ringens zwischen Germanen und Slaven.
Doch sind die Kämpfe zwischen dein Polenkönige Boleslav Chrobry und Heinrich II.,
die nach manchen Wechselfällen 1018 mit dem Bautzner Frieden schlössen, zu
bekannt, als daß wir hier näher darauf eingehen dürften. Schon kurz nach
Ekkehards Tode fiel Meißen an den Polenkönig; freilich mußte er es bald hermis-


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[0365] Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen. Damit schließt die Einleitung. Den weitern Stoff zerlegt der Verfasser nach den vier Familien, die in der Hauptsache die Mark Meißen während der von ihm behandelten Zeit verwaltet haben — den Ekkchardinern, dem Hause Weimar- Orlmnünde, den Brnnonen und den Wettinern — in vier Hauptabschnitte: in jedem derselben behandelt er einerseits die HanSgcschichte der betreffenden Familie, andrerseits die Geschichte des Landes während der Zeit ihrer Regierung und ihr Eingreifen in die Neichsgcschichte. Nach Geros Tode zerfiel das große Gebiet, das seiner Aufsicht unterstellt war, in verschiedne Theile. In unsern Landen wurden die drei im Jahre 968 angelegten Bisthümer Meißen, Zeitz und Merseburg Mittelpunkte von drei Mark- grnfschaften. Als Inhaber der Mark Meißen werden Wigbert, dann Thictmar (s 978), endlich der Wettiner Rikdag (s 98b) genannt. Die Marken Zeitz und Merseburg wurden nach und nach mit Meißen vereinigt, so daß Rikdag bereits ein stattliches Gebiet besaß. Noch aber galt dies Gebiet lediglich als Amtsbezirk; nicht auf Nikdags Sohn, sondern auf den Sohn Günthers, des ehemaligen Mark¬ grafen der Merseburger Mark, aus EKehard I., ging die Mark Meißen über. Dieser kraftvolle Abkömmling eines edlen thüringischen Geschlechts, als dessen Stammsitz Großjena am Zusammenfluß von Unstrut und Saale nachgewiesen wird und dein Burg und Collegiatstift Nciumburg ihren Ursprung verdanken, ist der erste Markgraf von Meißen, der uns ein persönliches Interesse einzuflößen vermag. Ein Günstling der Kaiserin Theophcmo und Ottos III., spielt er eine Zeit lang eine bedeutende Rolle in der Neichsgeschichte. Er begleitet den Kaiser 997 nach Italien, zahleiche Beneficien werden ihm übertragen, Reichslehen in erbliches Eigenthum verwandelt; er erhalt das Münzrecht. Wenn freilich Thietmar von Merseburg berichtet, daß Ekkehard „durch gemeinsame Wahl des ganzen thüringischen Volks" zum Herzoge von Thüringen ernannt worden sei, so erläutert Posse dies wohl richtig dahin, daß damit nur die Einwilligung des Volks zur Führung der Heerbanns gegen die Slaven gemeint sei. Gegen diese, Wenden und Böhmen, hat EKehard wieder viele Kämpfe zu führen gehabt, bei denen ihm meist das Glück hold war. Nach Ottos III. frühem Tode konnte Ekkehard selbst an die königliche Krone denken; dann trat er auf die Seite der Gegner Heinrichs II. Vielleicht war dies sein Verhängnis;: am 30. April 1002 fiel er zu Pöhlde durch Mörderhand. Es folgten Jahre furchtbaren Ringens zwischen Germanen und Slaven. Doch sind die Kämpfe zwischen dein Polenkönige Boleslav Chrobry und Heinrich II., die nach manchen Wechselfällen 1018 mit dem Bautzner Frieden schlössen, zu bekannt, als daß wir hier näher darauf eingehen dürften. Schon kurz nach Ekkehards Tode fiel Meißen an den Polenkönig; freilich mußte er es bald hermis- Ämizbote» II. 1881. 4ö

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/365>, abgerufen am 29.09.2024.