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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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vom Torpedowesen.

Am 20. Juli 1866 kam es zur Seeschlacht bei Lissa, für deren Gewinn
der Führer der österreichischen Flotte, von Tcgetthof, durch die Admiralwürde
ausgezeichnet wurde. Der tapfre Admiral war von dem Seegefecht bei Helgo¬
land, welches er im Verein mit einigen unsrer kleinern Kriegsschiffe so rühmlich
gegen die Dänen geführt, bereits durch seine kühne Unternehmungslust bekannt.
Er wählte das neueste Panzerschiff der Flotte, den "Ferdinand Max" zu seinem
Flaggschiffe und begann die Schlacht sehr energisch damit, daß er mit seinem
Schiffe "alles rannte, was er grau angemalt sah." Der feindliche Admiral
Persano hatte ebenfalls sein bestes Schiff für seine Flagge erwählt, den "Affon¬
datore", und dieses Schiff war an allgemeiner maritimer Tüchtigkeit, wie besonders
an Schnelligkeit dem "Ferdinand Max" überlegen. Auch der "Affondatore"
rannte, wo er konnte, beide mit ähnlichen Erfolgen, indem sie einzelne Havarien
verursachten. Da zeigte das mächtige italienische Panzerschiff "Re d'Italia" dem
"Ferdinand Max" seine graue Breitseite. "Zwei Auswege standen dem Re
d'Italia" offen: ein wenig seitwärts zu wenden und damit den Kurs mit dem
des herannahenden Schiffes fast parallel zu machen, indem er den Anprall ab¬
schwächte; oder sich geradezu gegen den "Ferdinand Max" zu wenden und zu
versuche", wer am besten den Stoß beizubringen vermöge; der "Re d'Italia"
wählte jedoch keinen dieser Auswege, sondern zögerte, stoppte und versuchte sich
zu retten, indem er rückwärts ging." So erfolgte der Stoß und der "Re d'Italia"
versank mit voller Besatzung in wenigen Minuten. Der bessre "Affondatore"
hat kein Schiff zum Sinken gebracht. Die italienische Flotte war der öster¬
reichischen übrigens recht erheblich überlegen gewesen.

Von nun an entwickelte sich in den Mariner eine Leidenschaft zum Raumer,
welche vollständig allgemein wurde, aber doch gleichzeitig etwas stark con-
trastirte gegen die so ziemlich ebenso allgemeine Tendenz zum Bau von Panzer¬
schiffen besondrer Größe, die bei einer Wendungsfahrt Kreisdurchmesser von 500,
700 und mehr Meter erfordern. So hieß es 1874: "Der Schwerpunkt des
Angriffs und der Vertheidigung ist aus der Breitseite in den Bug verlegt und
nicht in den Geschützen, sondern im Sporn zu suchen. Die Verhältnisse sind
also gegen früher umgekehrt; die Artillerie ist zwar dadurch nicht überflüssig ge¬
worden, aber aus ihrer bisherige" Rolle verdrängt." Man fragt aber billig,
ob man denn mit einem schweren Widdcrschiff so schnell nach dieser und nach
jener Richtung sich wenden kann. Andern Ortes hieß es nnn nach dem Auf¬
treten der Torpedos: "Wenn die Panzerung, möge sie noch so stark sein, dnrch
Torpedos sicher zerstört werden kann, so erscheint einerseits eine Steigerung ihrer
Stärke nicht mehr gerechtfertigt, während andrerseits kein Grund mehr vorliegt,
zu jenem Zweck die Kaliber noch mehr zu steigern. Es tritt damit auch das


vom Torpedowesen.

Am 20. Juli 1866 kam es zur Seeschlacht bei Lissa, für deren Gewinn
der Führer der österreichischen Flotte, von Tcgetthof, durch die Admiralwürde
ausgezeichnet wurde. Der tapfre Admiral war von dem Seegefecht bei Helgo¬
land, welches er im Verein mit einigen unsrer kleinern Kriegsschiffe so rühmlich
gegen die Dänen geführt, bereits durch seine kühne Unternehmungslust bekannt.
Er wählte das neueste Panzerschiff der Flotte, den „Ferdinand Max" zu seinem
Flaggschiffe und begann die Schlacht sehr energisch damit, daß er mit seinem
Schiffe „alles rannte, was er grau angemalt sah." Der feindliche Admiral
Persano hatte ebenfalls sein bestes Schiff für seine Flagge erwählt, den „Affon¬
datore", und dieses Schiff war an allgemeiner maritimer Tüchtigkeit, wie besonders
an Schnelligkeit dem „Ferdinand Max" überlegen. Auch der „Affondatore"
rannte, wo er konnte, beide mit ähnlichen Erfolgen, indem sie einzelne Havarien
verursachten. Da zeigte das mächtige italienische Panzerschiff „Re d'Italia" dem
„Ferdinand Max" seine graue Breitseite. „Zwei Auswege standen dem Re
d'Italia" offen: ein wenig seitwärts zu wenden und damit den Kurs mit dem
des herannahenden Schiffes fast parallel zu machen, indem er den Anprall ab¬
schwächte; oder sich geradezu gegen den „Ferdinand Max" zu wenden und zu
versuche», wer am besten den Stoß beizubringen vermöge; der „Re d'Italia"
wählte jedoch keinen dieser Auswege, sondern zögerte, stoppte und versuchte sich
zu retten, indem er rückwärts ging." So erfolgte der Stoß und der „Re d'Italia"
versank mit voller Besatzung in wenigen Minuten. Der bessre „Affondatore"
hat kein Schiff zum Sinken gebracht. Die italienische Flotte war der öster¬
reichischen übrigens recht erheblich überlegen gewesen.

Von nun an entwickelte sich in den Mariner eine Leidenschaft zum Raumer,
welche vollständig allgemein wurde, aber doch gleichzeitig etwas stark con-
trastirte gegen die so ziemlich ebenso allgemeine Tendenz zum Bau von Panzer¬
schiffen besondrer Größe, die bei einer Wendungsfahrt Kreisdurchmesser von 500,
700 und mehr Meter erfordern. So hieß es 1874: „Der Schwerpunkt des
Angriffs und der Vertheidigung ist aus der Breitseite in den Bug verlegt und
nicht in den Geschützen, sondern im Sporn zu suchen. Die Verhältnisse sind
also gegen früher umgekehrt; die Artillerie ist zwar dadurch nicht überflüssig ge¬
worden, aber aus ihrer bisherige» Rolle verdrängt." Man fragt aber billig,
ob man denn mit einem schweren Widdcrschiff so schnell nach dieser und nach
jener Richtung sich wenden kann. Andern Ortes hieß es nnn nach dem Auf¬
treten der Torpedos: „Wenn die Panzerung, möge sie noch so stark sein, dnrch
Torpedos sicher zerstört werden kann, so erscheint einerseits eine Steigerung ihrer
Stärke nicht mehr gerechtfertigt, während andrerseits kein Grund mehr vorliegt,
zu jenem Zweck die Kaliber noch mehr zu steigern. Es tritt damit auch das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/113>, abgerufen am 01.07.2024.