Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Die Düsseldorfer Schule. nur ein bescheidnes Plätzchen einräumen darf. Cornelius war einerseits zu Unter solchen Umständen war es eher ein Glück für die fernere Entwick¬ Cornelius hatte in seinem Entlassnngsgesnch die fortdauernde Kränklichkeit Die Düsseldorfer Schule. nur ein bescheidnes Plätzchen einräumen darf. Cornelius war einerseits zu Unter solchen Umständen war es eher ein Glück für die fernere Entwick¬ Cornelius hatte in seinem Entlassnngsgesnch die fortdauernde Kränklichkeit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0497" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149481"/> <fw type="header" place="top"> Die Düsseldorfer Schule.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1396" prev="#ID_1395"> nur ein bescheidnes Plätzchen einräumen darf. Cornelius war einerseits zu<lb/> subjektiv und zu genial, andrerseits zu autokratisch, um eine.erfolgreiche Lehr¬<lb/> thätigkeit ausüben zu können. Die Kunstgeschichte lehrt uus durch zahlreiche<lb/> Beispiele, daß die höchste Lehrfähigkeit stets mit geringer Genialität gepaart<lb/> war. Rembrandt als Akademiedircetor wäre undenkbar, und selbst Rubens,<lb/> ähnlich subjectiv und gewaltig fortreißend wie Cornelius, hat nur so lange auf<lb/> seine Schuler durch sein Beispiel gewirkt, als er lebte. Auf seinen Tod folgte<lb/> auch mit Riesenschritten der Verfall der Antwerpener Malerschule.</p><lb/> <p xml:id="ID_1397"> Unter solchen Umständen war es eher ein Glück für die fernere Entwick¬<lb/> lung der Düsseldorfer Akademie zu nennen, daß Cornelius dem auf die Dauer<lb/> unerträglichen Dualismus ein Ende machte und seine Entlassung aus preußischen<lb/> Diensten betrieb, nachdem ihm der Kronprinz Ludwig von Baiern, sein damals<lb/> noch begeisterter Protektor, das durch den Tod Peter von Langers verwaiste<lb/> Direetorat der Akademie angeboten hatte. Am 4. September 1824 stellte Cor¬<lb/> nelius seinen Antrag auf Enthebung vou seiner Stelle an den Minister von<lb/> Altenstein, und durch ein Schreiben des letztern vom 1,0. December 1824 er¬<lb/> folgte die Genehmigung seines Gesundes. Alle diese Thatsachen sind bekannt<lb/> und durch das Förstersche Buch von neuem in Erinnerung gebracht. Wenn<lb/> man aber die zwischeu Cornelius und dem Kronprinzen von Baiern einerseits<lb/> »ud dem preußischen Ministerium andrerseits gewechselten Briefe nicht durch die<lb/> Brille des begeisterten Cornelianers, sondern mit den unbefangnen Augen des<lb/> kühl prüfenden Historikers liest, kann mau sich der Ueberzeugung nicht ver¬<lb/> schließen, daß Cornelius der Pflicht der Dankbarkeit nicht genügt hat, welche er<lb/> der preußischen Regierung wegen ihres äußerst eoulanten Entgegenkommens<lb/> schuldig war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1398"> Cornelius hatte in seinem Entlassnngsgesnch die fortdauernde Kränklichkeit<lb/> seiner Frau als eine» der Hauptgründe hervorgehoben, die ihn bewogen hätten,<lb/> dein Rufe nach München zu folgen, und denn Vorschläge gemacht, wie die<lb/> Akademie in seinem Geiste weiter zu leiten sei. Als besonders geeignet für<lb/> seinen Nachfolger im Direetorat hatte er Julius Schmorr namhaft gemacht,<lb/> dessen Fresken in der Villa Massimi in Rom die Bewunderung aller erregt<lb/> hatten. Sein ganzes Streben ging also darauf aus, Düsseldorf auch fernerhin<lb/> zur ausschließlichen Pflegestätte der Freskomalerei im großen Stile zu machen.<lb/> Was nicht zur Historie gehörte, existirte nicht für ihn. Wie die ganze Oel-<lb/> malerei ihm verhaßt war, so hatten auch Genre und Landschaft für ihn keinen<lb/> Sinn. Kann es eine größere Ironie des Zufalls oder vielleicht ^der Noth¬<lb/> wendigkeit geben, daß sich gerade im Genre und in der Landschaft der unver¬<lb/> gängliche Ruhm der Düsseldorfer Malerschule consolidiren sollte?</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0497]
Die Düsseldorfer Schule.
nur ein bescheidnes Plätzchen einräumen darf. Cornelius war einerseits zu
subjektiv und zu genial, andrerseits zu autokratisch, um eine.erfolgreiche Lehr¬
thätigkeit ausüben zu können. Die Kunstgeschichte lehrt uus durch zahlreiche
Beispiele, daß die höchste Lehrfähigkeit stets mit geringer Genialität gepaart
war. Rembrandt als Akademiedircetor wäre undenkbar, und selbst Rubens,
ähnlich subjectiv und gewaltig fortreißend wie Cornelius, hat nur so lange auf
seine Schuler durch sein Beispiel gewirkt, als er lebte. Auf seinen Tod folgte
auch mit Riesenschritten der Verfall der Antwerpener Malerschule.
Unter solchen Umständen war es eher ein Glück für die fernere Entwick¬
lung der Düsseldorfer Akademie zu nennen, daß Cornelius dem auf die Dauer
unerträglichen Dualismus ein Ende machte und seine Entlassung aus preußischen
Diensten betrieb, nachdem ihm der Kronprinz Ludwig von Baiern, sein damals
noch begeisterter Protektor, das durch den Tod Peter von Langers verwaiste
Direetorat der Akademie angeboten hatte. Am 4. September 1824 stellte Cor¬
nelius seinen Antrag auf Enthebung vou seiner Stelle an den Minister von
Altenstein, und durch ein Schreiben des letztern vom 1,0. December 1824 er¬
folgte die Genehmigung seines Gesundes. Alle diese Thatsachen sind bekannt
und durch das Förstersche Buch von neuem in Erinnerung gebracht. Wenn
man aber die zwischeu Cornelius und dem Kronprinzen von Baiern einerseits
»ud dem preußischen Ministerium andrerseits gewechselten Briefe nicht durch die
Brille des begeisterten Cornelianers, sondern mit den unbefangnen Augen des
kühl prüfenden Historikers liest, kann mau sich der Ueberzeugung nicht ver¬
schließen, daß Cornelius der Pflicht der Dankbarkeit nicht genügt hat, welche er
der preußischen Regierung wegen ihres äußerst eoulanten Entgegenkommens
schuldig war.
Cornelius hatte in seinem Entlassnngsgesnch die fortdauernde Kränklichkeit
seiner Frau als eine» der Hauptgründe hervorgehoben, die ihn bewogen hätten,
dein Rufe nach München zu folgen, und denn Vorschläge gemacht, wie die
Akademie in seinem Geiste weiter zu leiten sei. Als besonders geeignet für
seinen Nachfolger im Direetorat hatte er Julius Schmorr namhaft gemacht,
dessen Fresken in der Villa Massimi in Rom die Bewunderung aller erregt
hatten. Sein ganzes Streben ging also darauf aus, Düsseldorf auch fernerhin
zur ausschließlichen Pflegestätte der Freskomalerei im großen Stile zu machen.
Was nicht zur Historie gehörte, existirte nicht für ihn. Wie die ganze Oel-
malerei ihm verhaßt war, so hatten auch Genre und Landschaft für ihn keinen
Sinn. Kann es eine größere Ironie des Zufalls oder vielleicht ^der Noth¬
wendigkeit geben, daß sich gerade im Genre und in der Landschaft der unver¬
gängliche Ruhm der Düsseldorfer Malerschule consolidiren sollte?
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