Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Die Lnchiillnngen über die russische Politik in Asien, Einmischung Englands in Afghanistan für immer abschneiden, oder die Ereignisse In der Zwischenzeit hatte General v, Kaufmann am 2. Januar 1879 auf Blicken wir nun zurück, so sollte man meinen, daß englische Staatsmänner Die Lnchiillnngen über die russische Politik in Asien, Einmischung Englands in Afghanistan für immer abschneiden, oder die Ereignisse In der Zwischenzeit hatte General v, Kaufmann am 2. Januar 1879 auf Blicken wir nun zurück, so sollte man meinen, daß englische Staatsmänner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0420" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149404"/> <fw type="header" place="top"> Die Lnchiillnngen über die russische Politik in Asien,</fw><lb/> <p xml:id="ID_1141" prev="#ID_1140"> Einmischung Englands in Afghanistan für immer abschneiden, oder die Ereignisse<lb/> werden mit einen: gewaltigen und wichtigen Kriege endigen. Mit dem Beistande<lb/> Gottes wird im Frühlinge nicht ein Zeichen und uicht eine Spur von Sorge und<lb/> Unzufriedenheit in Afghanistan mehr übrig sein,"</p><lb/> <p xml:id="ID_1142"> In der Zwischenzeit hatte General v, Kaufmann am 2. Januar 1879 auf<lb/> den oben angeführten letzten Hilferuf geantwortet und kurz und bündig erklärt,<lb/> daß „es jetzt unthunlich sei, dem Emir mit Truppen Beistand zu leisten", er möge<lb/> auf Allah vertraue» und sich der ewigen Freundschaft des Zaren versichert halten.<lb/> Auf die Nachricht, daß der Emir sich entschlossen, in Se, Petersburg einen Besuch<lb/> abzustatten, rieth der General ihm dringend, das nicht zu thun, sondern in seiner<lb/> Hauptstadt zu verbleiben und mit den britischen Behörden zu temporisiren. Aber<lb/> dieser Rath kam zu spät, schir Ali hatte bereits seine Flucht von Kabul an¬<lb/> getreten und kam bald nachher an der russischen Grenze an, wo er starb.</p><lb/> <p xml:id="ID_1143" next="#ID_1144"> Blicken wir nun zurück, so sollte man meinen, daß englische Staatsmänner<lb/> nach dem Studium dieser geheimen Briefe kein Verlangen mehr haben könnten,<lb/> sich in Betreff mittelasiatischer Fragen mit Rußland zu verständigen; denn die<lb/> gebrannte Katze fürchtet sich vor dem Feuer, und wer einmal lügt, dem glaubt<lb/> man nicht. Es ist nicht der allergeringste Zweifel, daß Rußland die Engländer<lb/> in der afghanischen Sache betrogen und zwar während eS mit ihnen im Frieden<lb/> lebte, betrogen und Arges gegen sie im Schilde geführt hat. Der Vertrag von<lb/> Berlin wurde — wir wiederholen es — am 13, Juli 1878 unterzeichnet. England<lb/> und Rußland waren durch denselben wieder gute Freunde geworden. Der Telegraph<lb/> konnte und mußte diese Thatsache von Petersburg nach Samarkand und Taschkend<lb/> berichten. Aber der Plan Rußlands, durch seinen Einfluß in Afghanistan den<lb/> englischen zu verdrängen, nahm trotz der Verständigung beider Mächte in Europa<lb/> seinen Fortgang. Es wurde noch über fünf Monate um seiner Ausführung ge¬<lb/> arbeitet. Zunächst ging an demselben Tage, wo der Berliner Congreß zusammen¬<lb/> trat, Stoljeteff von Samarkand mit Vollmacht zum Unterhandeln nach Kabul.<lb/> Während der Congreß saß, traf der russische Agent dort ein, und während Ru߬<lb/> land und England an der Spree den Frieden besiegelten, hetzte er am Kabulflusse<lb/> die Afghanen zu feindseligem Verhalten gegen die englischen Nachbarn auf. Ferner<lb/> wolle man sich erinnern, daß Kaiser Alexander sich verpflichtet hatte, „Afghanistan<lb/> werde stets als außerhalb der Sphäre russischen Einflusses gelegen betrachtet<lb/> werden", und nnn damit die Art und Weise vergleichen, wie Kaufmann und<lb/> Stoljeteff dem Emir ein Offensiv- und Defenfivbündniß aufdrängen. „Die Vor¬<lb/> theile eines engen Bündnisses," so schreibt der erstere, „werden allezeit auf der<lb/> Hand liegen." Der zweite setzt, nachdem er die Stadt Kabul gesehen und das<lb/> Gemüth schir Alis mit Versprechungen und Versuchungen erfüllt hat, sein Werk</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0420]
Die Lnchiillnngen über die russische Politik in Asien,
Einmischung Englands in Afghanistan für immer abschneiden, oder die Ereignisse
werden mit einen: gewaltigen und wichtigen Kriege endigen. Mit dem Beistande
Gottes wird im Frühlinge nicht ein Zeichen und uicht eine Spur von Sorge und
Unzufriedenheit in Afghanistan mehr übrig sein,"
In der Zwischenzeit hatte General v, Kaufmann am 2. Januar 1879 auf
den oben angeführten letzten Hilferuf geantwortet und kurz und bündig erklärt,
daß „es jetzt unthunlich sei, dem Emir mit Truppen Beistand zu leisten", er möge
auf Allah vertraue» und sich der ewigen Freundschaft des Zaren versichert halten.
Auf die Nachricht, daß der Emir sich entschlossen, in Se, Petersburg einen Besuch
abzustatten, rieth der General ihm dringend, das nicht zu thun, sondern in seiner
Hauptstadt zu verbleiben und mit den britischen Behörden zu temporisiren. Aber
dieser Rath kam zu spät, schir Ali hatte bereits seine Flucht von Kabul an¬
getreten und kam bald nachher an der russischen Grenze an, wo er starb.
Blicken wir nun zurück, so sollte man meinen, daß englische Staatsmänner
nach dem Studium dieser geheimen Briefe kein Verlangen mehr haben könnten,
sich in Betreff mittelasiatischer Fragen mit Rußland zu verständigen; denn die
gebrannte Katze fürchtet sich vor dem Feuer, und wer einmal lügt, dem glaubt
man nicht. Es ist nicht der allergeringste Zweifel, daß Rußland die Engländer
in der afghanischen Sache betrogen und zwar während eS mit ihnen im Frieden
lebte, betrogen und Arges gegen sie im Schilde geführt hat. Der Vertrag von
Berlin wurde — wir wiederholen es — am 13, Juli 1878 unterzeichnet. England
und Rußland waren durch denselben wieder gute Freunde geworden. Der Telegraph
konnte und mußte diese Thatsache von Petersburg nach Samarkand und Taschkend
berichten. Aber der Plan Rußlands, durch seinen Einfluß in Afghanistan den
englischen zu verdrängen, nahm trotz der Verständigung beider Mächte in Europa
seinen Fortgang. Es wurde noch über fünf Monate um seiner Ausführung ge¬
arbeitet. Zunächst ging an demselben Tage, wo der Berliner Congreß zusammen¬
trat, Stoljeteff von Samarkand mit Vollmacht zum Unterhandeln nach Kabul.
Während der Congreß saß, traf der russische Agent dort ein, und während Ru߬
land und England an der Spree den Frieden besiegelten, hetzte er am Kabulflusse
die Afghanen zu feindseligem Verhalten gegen die englischen Nachbarn auf. Ferner
wolle man sich erinnern, daß Kaiser Alexander sich verpflichtet hatte, „Afghanistan
werde stets als außerhalb der Sphäre russischen Einflusses gelegen betrachtet
werden", und nnn damit die Art und Weise vergleichen, wie Kaufmann und
Stoljeteff dem Emir ein Offensiv- und Defenfivbündniß aufdrängen. „Die Vor¬
theile eines engen Bündnisses," so schreibt der erstere, „werden allezeit auf der
Hand liegen." Der zweite setzt, nachdem er die Stadt Kabul gesehen und das
Gemüth schir Alis mit Versprechungen und Versuchungen erfüllt hat, sein Werk
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