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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Die Enthüllungen über die russische Politik in Asien.

und nach gcschlossuer Freundschaft nach Se. Petersburg zu gehen. Wenn Ihnen
Uebles zustoßen sollte, wird es mir leid thun." An den Obersten Rosgonoff
aber schrieb er im December: "Der Emir weiß sehr wohl, daß es mir un¬
möglich ist, ihm im Winter mit Truppen Beistand zu leisten. Deshalb ist es
nothwendig, daß der Krieg nicht in dieser unpassenden Zeit begonnen werde.
Fangen die Engländer trotz der Bemühungen des Emirs, Krieg zu vermeiden,
einen solchen an, so müssen Sie sich von dein Emir verabschieden und nach Tasch¬
kend" abreisen, weil Ihre Gegenwart in Kabul im Winter nutzlos ist. Außerdem
aber sollten Sie bei einer Gelegenheit, wie ein Krieg in Afghanistan ist, hierher
kommen und mir die ganze Sache erklären, so daß ich dem Kaiser darüber Mit¬
theilung machen kann. Das wird für Afghanistan wie für Rußland von großem
Nutzen sein."

Das also kam aus deu Versprechungen, welche Rußland dem Emir ertheilt,
heraus. Aber wie weit dieselben sich erstreckten, wie definitiver Natur sie waren,
und wie gründlich gerechtfertigt schir Ali war, von den Russen bewaffnete Hilfe
zu erwarten, zeigt folgender Auszug aus einem Briefe, deu letzterer nur 8. December
1878 an den von ihm dem General Stoljcteff beigesellten Gesandten Mirza
Muhammed Hassan Chan abgehen ließ: "Am 22. November wurde das Fort
Ali Masdschid eingenommen, und am 2. December wurde die Stellung bei Peiwar
Kodak im Karmmthale gestürmt und besetzt. Jetzt ist die Zeit zu freundschaftlicher
Unterstützung für Se. Kaiserliche Majestät, den Zaren, gekommen. Ich habe
an meinen lieben Freund, den Gouverneur von Turkestan, einen Brief mit der
Bitte gerichtet, in dieser Zeit der Noth nicht mehr mit der Hilfe von Truppen
zurückzuhalten und seinen Beistand auf eine andre Zeit zu verschieben, sondern
im Einklange mit den Forderungen der Freundschaft, die zwischen den beiden
Regierungen besteht, die 32,000 Mann in Taschkend, von denen General Stoljeteff
mir in Ihrer Gegenwart sagte, daß sie bereit stünden und abgeschickt werden
würden, falls ich sie beanspruche, nach dem afghanischen Turkestan abmarschiren
zu lassen. Ich erlaube Ihnen, die russische Regierung in Turkestan Tag und
Nacht dringend um Hilfe anzugehen, und gebiete Ihnen, in dieser Angelegenheit
nicht zu zögern."

Ein weiteres der in Rede stehenden Documente ist ein Brief schir Ali Chans
an den General v. Kaufmann, datirt vom 8. December 1878. Es heißt darin:
"Die britischen Truppen strömen in Afghanistan herein mit der Absicht, das
Land zu erobern, und sie erwarten, den Krieg in kurzer Zeit zum Schlüsse zu
bringen und die Hauptstadt Kabul einzunehmen. Mein Freund, ich erlaube mir
deshalb, Sie mit dem bekannt zu machen, was ich aus dem Herzen habe, und
Ihnen zu schreiben, daß, da zwischen der erlauchten Regierung Sr. Kaiserlichen


Die Enthüllungen über die russische Politik in Asien.

und nach gcschlossuer Freundschaft nach Se. Petersburg zu gehen. Wenn Ihnen
Uebles zustoßen sollte, wird es mir leid thun." An den Obersten Rosgonoff
aber schrieb er im December: „Der Emir weiß sehr wohl, daß es mir un¬
möglich ist, ihm im Winter mit Truppen Beistand zu leisten. Deshalb ist es
nothwendig, daß der Krieg nicht in dieser unpassenden Zeit begonnen werde.
Fangen die Engländer trotz der Bemühungen des Emirs, Krieg zu vermeiden,
einen solchen an, so müssen Sie sich von dein Emir verabschieden und nach Tasch¬
kend» abreisen, weil Ihre Gegenwart in Kabul im Winter nutzlos ist. Außerdem
aber sollten Sie bei einer Gelegenheit, wie ein Krieg in Afghanistan ist, hierher
kommen und mir die ganze Sache erklären, so daß ich dem Kaiser darüber Mit¬
theilung machen kann. Das wird für Afghanistan wie für Rußland von großem
Nutzen sein."

Das also kam aus deu Versprechungen, welche Rußland dem Emir ertheilt,
heraus. Aber wie weit dieselben sich erstreckten, wie definitiver Natur sie waren,
und wie gründlich gerechtfertigt schir Ali war, von den Russen bewaffnete Hilfe
zu erwarten, zeigt folgender Auszug aus einem Briefe, deu letzterer nur 8. December
1878 an den von ihm dem General Stoljcteff beigesellten Gesandten Mirza
Muhammed Hassan Chan abgehen ließ: „Am 22. November wurde das Fort
Ali Masdschid eingenommen, und am 2. December wurde die Stellung bei Peiwar
Kodak im Karmmthale gestürmt und besetzt. Jetzt ist die Zeit zu freundschaftlicher
Unterstützung für Se. Kaiserliche Majestät, den Zaren, gekommen. Ich habe
an meinen lieben Freund, den Gouverneur von Turkestan, einen Brief mit der
Bitte gerichtet, in dieser Zeit der Noth nicht mehr mit der Hilfe von Truppen
zurückzuhalten und seinen Beistand auf eine andre Zeit zu verschieben, sondern
im Einklange mit den Forderungen der Freundschaft, die zwischen den beiden
Regierungen besteht, die 32,000 Mann in Taschkend, von denen General Stoljeteff
mir in Ihrer Gegenwart sagte, daß sie bereit stünden und abgeschickt werden
würden, falls ich sie beanspruche, nach dem afghanischen Turkestan abmarschiren
zu lassen. Ich erlaube Ihnen, die russische Regierung in Turkestan Tag und
Nacht dringend um Hilfe anzugehen, und gebiete Ihnen, in dieser Angelegenheit
nicht zu zögern."

Ein weiteres der in Rede stehenden Documente ist ein Brief schir Ali Chans
an den General v. Kaufmann, datirt vom 8. December 1878. Es heißt darin:
„Die britischen Truppen strömen in Afghanistan herein mit der Absicht, das
Land zu erobern, und sie erwarten, den Krieg in kurzer Zeit zum Schlüsse zu
bringen und die Hauptstadt Kabul einzunehmen. Mein Freund, ich erlaube mir
deshalb, Sie mit dem bekannt zu machen, was ich aus dem Herzen habe, und
Ihnen zu schreiben, daß, da zwischen der erlauchten Regierung Sr. Kaiserlichen


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[0418] Die Enthüllungen über die russische Politik in Asien. und nach gcschlossuer Freundschaft nach Se. Petersburg zu gehen. Wenn Ihnen Uebles zustoßen sollte, wird es mir leid thun." An den Obersten Rosgonoff aber schrieb er im December: „Der Emir weiß sehr wohl, daß es mir un¬ möglich ist, ihm im Winter mit Truppen Beistand zu leisten. Deshalb ist es nothwendig, daß der Krieg nicht in dieser unpassenden Zeit begonnen werde. Fangen die Engländer trotz der Bemühungen des Emirs, Krieg zu vermeiden, einen solchen an, so müssen Sie sich von dein Emir verabschieden und nach Tasch¬ kend» abreisen, weil Ihre Gegenwart in Kabul im Winter nutzlos ist. Außerdem aber sollten Sie bei einer Gelegenheit, wie ein Krieg in Afghanistan ist, hierher kommen und mir die ganze Sache erklären, so daß ich dem Kaiser darüber Mit¬ theilung machen kann. Das wird für Afghanistan wie für Rußland von großem Nutzen sein." Das also kam aus deu Versprechungen, welche Rußland dem Emir ertheilt, heraus. Aber wie weit dieselben sich erstreckten, wie definitiver Natur sie waren, und wie gründlich gerechtfertigt schir Ali war, von den Russen bewaffnete Hilfe zu erwarten, zeigt folgender Auszug aus einem Briefe, deu letzterer nur 8. December 1878 an den von ihm dem General Stoljcteff beigesellten Gesandten Mirza Muhammed Hassan Chan abgehen ließ: „Am 22. November wurde das Fort Ali Masdschid eingenommen, und am 2. December wurde die Stellung bei Peiwar Kodak im Karmmthale gestürmt und besetzt. Jetzt ist die Zeit zu freundschaftlicher Unterstützung für Se. Kaiserliche Majestät, den Zaren, gekommen. Ich habe an meinen lieben Freund, den Gouverneur von Turkestan, einen Brief mit der Bitte gerichtet, in dieser Zeit der Noth nicht mehr mit der Hilfe von Truppen zurückzuhalten und seinen Beistand auf eine andre Zeit zu verschieben, sondern im Einklange mit den Forderungen der Freundschaft, die zwischen den beiden Regierungen besteht, die 32,000 Mann in Taschkend, von denen General Stoljeteff mir in Ihrer Gegenwart sagte, daß sie bereit stünden und abgeschickt werden würden, falls ich sie beanspruche, nach dem afghanischen Turkestan abmarschiren zu lassen. Ich erlaube Ihnen, die russische Regierung in Turkestan Tag und Nacht dringend um Hilfe anzugehen, und gebiete Ihnen, in dieser Angelegenheit nicht zu zögern." Ein weiteres der in Rede stehenden Documente ist ein Brief schir Ali Chans an den General v. Kaufmann, datirt vom 8. December 1878. Es heißt darin: „Die britischen Truppen strömen in Afghanistan herein mit der Absicht, das Land zu erobern, und sie erwarten, den Krieg in kurzer Zeit zum Schlüsse zu bringen und die Hauptstadt Kabul einzunehmen. Mein Freund, ich erlaube mir deshalb, Sie mit dem bekannt zu machen, was ich aus dem Herzen habe, und Ihnen zu schreiben, daß, da zwischen der erlauchten Regierung Sr. Kaiserlichen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/418>, abgerufen am 28.12.2024.