Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Sächsische Reactionsgelliste. wenn Bennigsen ausdrücklich erklärt, daß er bei der Begründung der hannoverschen Kaum ist der Gesetzentwurf des Reichskanzlers über die Arbeiter-Unfall¬ Sächsische Reactionsgelliste. wenn Bennigsen ausdrücklich erklärt, daß er bei der Begründung der hannoverschen Kaum ist der Gesetzentwurf des Reichskanzlers über die Arbeiter-Unfall¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0366" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149350"/> <fw type="header" place="top"> Sächsische Reactionsgelliste.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1004" prev="#ID_1003"> wenn Bennigsen ausdrücklich erklärt, daß er bei der Begründung der hannoverschen<lb/> Bahnen sich keinerlei Geschäftsgewinn oder Gründerlohn verschafft habe, so<lb/> flüstert unser freiwilliger HäugegenSdarm: Ueber die Betheiligung Bennigsens an<lb/> jenen Eiseubahngrüuduiigeu steht vielleicht mir wenigen Eingeweihten sichre<lb/> Kenntniß zu Gebote. Pfui über eine solche feige und niederträchtige Ehr¬<lb/> abschneidern, die alleu anständigen Leuten mir die elende Gesinnung des Lästerers<lb/> aufdeckt, die sich aber doch täglich 35000 Leute in Sachsen aus Gefälle» ain<lb/> Klatsch und Scandal in die Ohren blasen lasse»!</p><lb/> <p xml:id="ID_1005" next="#ID_1006"> Kaum ist der Gesetzentwurf des Reichskanzlers über die Arbeiter-Unfall¬<lb/> versicherung dem Bundesrathe vorgelegt, so beeifern sich auch schon die offieiösc»<lb/> und officiellen Organe in Sachsen, denselben als nicht mit dem Geiste der Reichs-<lb/> Verfassung verträglich zu bezeichne», und Herr Jörg in München beeilt sich, die<lb/> bairische Regierung zu einer gleichen Frontstellung aufzurufen. Zwar müsse»<lb/> sie zugestehn, daß der Entwurf unzweifelhaft im Vergleich mit dem bestehende»<lb/> Zustande einen ganz wesentlichen Gewinn für die Arbeiterschaft bedeutet. Aber<lb/> die „staatsrechtliche Seite" der Sache erregt um so mehr Bedenken. Die Ar-<lb/> beitcrvcrsichernng soll nach dem Entwürfe als eine „Reichsanstalt" eingerichtet<lb/> und, wie Post und Telegraphie, mit einer Reichsverwaltung ausgestattet werden.<lb/> Die Anstalt wird deshalb wohl ihren „Sitz in Berlin," sie wird ihren „Vor¬<lb/> stand in Berlin" haben und ein „Netz von Verwaltnugsstellen" über das Reichs¬<lb/> gebiet ausbreiten; Zusammensetzung und Befugnisse des Vorstands dieser Be¬<lb/> hörden werden von Reichswcgen zu normiren sein; es darf vorausgesetzt werden,<lb/> daß die Ernennung des gesummten Beamtenpersouals der Anstalt von oben bis<lb/> unten in die Hände der Reichsgewalt, sei es nun des Kaisers oder des Bundes-<lb/> rathes, gelegt werden wird. So handelt es sich also um die Herstellung einer<lb/> Reichsverwaltung zur Vollziehung einer vom Reich in die Hand genommenen<lb/> Staatsanfgabc! Und zwar ist dies eine neue, bisher noch gar nicht dagewesene<lb/> oder wenigstens nicht anerkannte Aufgabe der socialen Verwaltung, die Staats¬<lb/> pflicht positiver Fürsorge für die Sicherung der Arbeiterexistenz. Nun könne<lb/> man zwar die Competenz des Reichs — so wird von den officiösen Blättern<lb/> weiter ausgeführt —, diese Aufgabe mit seiner Gesetzgebung zu erfassen, still¬<lb/> schweigend anerkennen im Hinblick auf den eminent nationalen Charakter dieser<lb/> Aufgabe. Aber wesentlich anders liege die Sache, sobald es sich um die Aus¬<lb/> führung, die Vollziehung dieses RcichSwillcns, um die wirkliche Thätigkeit und<lb/> Erfüllung der durch denselben vorgezeichneten Aufgaben handle. Diese Art<lb/> eigner vollziehender Gewalt dürfe dem Reiche keinen Zoll breit weiter coneedirt<lb/> inertem, als es die Reichsverfassung bereits ausdrücklich thue. Vielmehr müßten<lb/> ans allen Gebieten der Reichsgesetzgebung die Particularstaateu, die Landes</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0366]
Sächsische Reactionsgelliste.
wenn Bennigsen ausdrücklich erklärt, daß er bei der Begründung der hannoverschen
Bahnen sich keinerlei Geschäftsgewinn oder Gründerlohn verschafft habe, so
flüstert unser freiwilliger HäugegenSdarm: Ueber die Betheiligung Bennigsens an
jenen Eiseubahngrüuduiigeu steht vielleicht mir wenigen Eingeweihten sichre
Kenntniß zu Gebote. Pfui über eine solche feige und niederträchtige Ehr¬
abschneidern, die alleu anständigen Leuten mir die elende Gesinnung des Lästerers
aufdeckt, die sich aber doch täglich 35000 Leute in Sachsen aus Gefälle» ain
Klatsch und Scandal in die Ohren blasen lasse»!
Kaum ist der Gesetzentwurf des Reichskanzlers über die Arbeiter-Unfall¬
versicherung dem Bundesrathe vorgelegt, so beeifern sich auch schon die offieiösc»
und officiellen Organe in Sachsen, denselben als nicht mit dem Geiste der Reichs-
Verfassung verträglich zu bezeichne», und Herr Jörg in München beeilt sich, die
bairische Regierung zu einer gleichen Frontstellung aufzurufen. Zwar müsse»
sie zugestehn, daß der Entwurf unzweifelhaft im Vergleich mit dem bestehende»
Zustande einen ganz wesentlichen Gewinn für die Arbeiterschaft bedeutet. Aber
die „staatsrechtliche Seite" der Sache erregt um so mehr Bedenken. Die Ar-
beitcrvcrsichernng soll nach dem Entwürfe als eine „Reichsanstalt" eingerichtet
und, wie Post und Telegraphie, mit einer Reichsverwaltung ausgestattet werden.
Die Anstalt wird deshalb wohl ihren „Sitz in Berlin," sie wird ihren „Vor¬
stand in Berlin" haben und ein „Netz von Verwaltnugsstellen" über das Reichs¬
gebiet ausbreiten; Zusammensetzung und Befugnisse des Vorstands dieser Be¬
hörden werden von Reichswcgen zu normiren sein; es darf vorausgesetzt werden,
daß die Ernennung des gesummten Beamtenpersouals der Anstalt von oben bis
unten in die Hände der Reichsgewalt, sei es nun des Kaisers oder des Bundes-
rathes, gelegt werden wird. So handelt es sich also um die Herstellung einer
Reichsverwaltung zur Vollziehung einer vom Reich in die Hand genommenen
Staatsanfgabc! Und zwar ist dies eine neue, bisher noch gar nicht dagewesene
oder wenigstens nicht anerkannte Aufgabe der socialen Verwaltung, die Staats¬
pflicht positiver Fürsorge für die Sicherung der Arbeiterexistenz. Nun könne
man zwar die Competenz des Reichs — so wird von den officiösen Blättern
weiter ausgeführt —, diese Aufgabe mit seiner Gesetzgebung zu erfassen, still¬
schweigend anerkennen im Hinblick auf den eminent nationalen Charakter dieser
Aufgabe. Aber wesentlich anders liege die Sache, sobald es sich um die Aus¬
führung, die Vollziehung dieses RcichSwillcns, um die wirkliche Thätigkeit und
Erfüllung der durch denselben vorgezeichneten Aufgaben handle. Diese Art
eigner vollziehender Gewalt dürfe dem Reiche keinen Zoll breit weiter coneedirt
inertem, als es die Reichsverfassung bereits ausdrücklich thue. Vielmehr müßten
ans allen Gebieten der Reichsgesetzgebung die Particularstaateu, die Landes
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