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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Gladstone und die Boers.

spvndcuzeu von dort her zu schließen, diese Hoffnung auch nicht gehegt. Der
britische Stolz einerseits, der sich nicht herablassen kann, mit den Boers wie
mit einem freien Volke zu unterhandeln, und der Unwille der holländischen Be¬
völkerung, der gegen die britischen Eindringlinge nie erloschen ist, werden an
Ort und Stelle vielleicht richtiger taxirt als anderswo.

Der erste Erfolg ist den englischen Waffen trotz ihrer Ueberlegenheit an
militärischer Disciplin und an Artillerie durchaus uicht gesichert, wenn ihnen
aufgegeben wird, sich den Zugang zu Transvaal ganz von neuem zu offnen.
Kämen sie selbst hinein, so könnten sie statt blühender Orte leicht eine Verwüstung
und Ruinen finden. Ob ihre Pferde dort brauchbar sein werden, ist sehr zu
bezweifeln, da alle fremden Pferde in Transvaal kranken und rasch zu Grunde
gehen. Von einigen Hundert brachte Sir G. Wvlseleh aus dem kurzdauernden
Feldzuge gegen Svkvkuni nur ein einziges zurück. Ohne Pferde nützen ihnen
aber ihre Geschütze nichts. Dagegen sind die Boers gute Reiter auf kleinen,
aber starken und raschen Pferden und ausgezeichnete Schützen mit guten neuen
Büchsen. Der Weg nach Transvaal von Natal aus geht über das Drachen-
gebirgc auf zum Theil sehr steilen oder engen sumpfigen Straßen, die sich von
guten Schützen gegen jede Truppe leicht vertheidigen lassen. Sei die englische
Armee nun ohne erheblichen Verlust auf das Plateau von Transvaal gelangt,
so hat sie auf einer Ausdehnung zu operiren, die Frankreich gleichkommt, aber
deren Beherrschung nicht von dem Besitz einer Hauptstadt abhängig ist, die es
in Transvaal nicht giebt. Der Krieg nimmt dann die Gestalt eines Parther¬
kriegs an. Den bedrängten Boers wird es allem Anschein nach nicht an Zuzug
ans dem Oranjefreistaat und selbst aus der Capcolvnic fehlen, und wenn die
Engländer eine Schlappe erleiden sollten, so wird leicht in allen AfricanderS
die alte Idee wach werden, daß sie durch solidarisches Zusammenstehen der britischen
Herrschaft in Südafrica ein Ende machen können. Die englische Bevölkerung
von Südafrica, im östlichen Capland und in Natal, wird durch die Zulus,
Pondvs, Basutos u. a. in. im Zaum gehalten, und wenn das westliche Cap¬
land in entschiedener Rebellion gegen Großbritannien stünde, so würde durch seine
Häfen auch ein Zuzug von fremder Hilfe und Zufuhr von Kriegsbedürfnissen
ermöglicht werden, abgesehen davon, daß das Terrain des Kriegs sich vervier¬
fachen würde. Dann würde die Negierung von Großbritannien das abgefallne
Land schon mit Truppen überschwemmen müssen, um es wieder zu unterwerfen,
und sie wird sich fragen müssen, ob sie das kann, und wenn sie es kann, ob
der Preis einer so ungeheuren Anstrengung und so ungeheurer Kosten werth ist.

Andrerseits ist freilich für die Befestigung des transvaalschen Baucrnstacites
nach den Erfahrungen, die er in den letzten Jahren gemacht hat, sehr zu wünschen,


Gladstone und die Boers.

spvndcuzeu von dort her zu schließen, diese Hoffnung auch nicht gehegt. Der
britische Stolz einerseits, der sich nicht herablassen kann, mit den Boers wie
mit einem freien Volke zu unterhandeln, und der Unwille der holländischen Be¬
völkerung, der gegen die britischen Eindringlinge nie erloschen ist, werden an
Ort und Stelle vielleicht richtiger taxirt als anderswo.

Der erste Erfolg ist den englischen Waffen trotz ihrer Ueberlegenheit an
militärischer Disciplin und an Artillerie durchaus uicht gesichert, wenn ihnen
aufgegeben wird, sich den Zugang zu Transvaal ganz von neuem zu offnen.
Kämen sie selbst hinein, so könnten sie statt blühender Orte leicht eine Verwüstung
und Ruinen finden. Ob ihre Pferde dort brauchbar sein werden, ist sehr zu
bezweifeln, da alle fremden Pferde in Transvaal kranken und rasch zu Grunde
gehen. Von einigen Hundert brachte Sir G. Wvlseleh aus dem kurzdauernden
Feldzuge gegen Svkvkuni nur ein einziges zurück. Ohne Pferde nützen ihnen
aber ihre Geschütze nichts. Dagegen sind die Boers gute Reiter auf kleinen,
aber starken und raschen Pferden und ausgezeichnete Schützen mit guten neuen
Büchsen. Der Weg nach Transvaal von Natal aus geht über das Drachen-
gebirgc auf zum Theil sehr steilen oder engen sumpfigen Straßen, die sich von
guten Schützen gegen jede Truppe leicht vertheidigen lassen. Sei die englische
Armee nun ohne erheblichen Verlust auf das Plateau von Transvaal gelangt,
so hat sie auf einer Ausdehnung zu operiren, die Frankreich gleichkommt, aber
deren Beherrschung nicht von dem Besitz einer Hauptstadt abhängig ist, die es
in Transvaal nicht giebt. Der Krieg nimmt dann die Gestalt eines Parther¬
kriegs an. Den bedrängten Boers wird es allem Anschein nach nicht an Zuzug
ans dem Oranjefreistaat und selbst aus der Capcolvnic fehlen, und wenn die
Engländer eine Schlappe erleiden sollten, so wird leicht in allen AfricanderS
die alte Idee wach werden, daß sie durch solidarisches Zusammenstehen der britischen
Herrschaft in Südafrica ein Ende machen können. Die englische Bevölkerung
von Südafrica, im östlichen Capland und in Natal, wird durch die Zulus,
Pondvs, Basutos u. a. in. im Zaum gehalten, und wenn das westliche Cap¬
land in entschiedener Rebellion gegen Großbritannien stünde, so würde durch seine
Häfen auch ein Zuzug von fremder Hilfe und Zufuhr von Kriegsbedürfnissen
ermöglicht werden, abgesehen davon, daß das Terrain des Kriegs sich vervier¬
fachen würde. Dann würde die Negierung von Großbritannien das abgefallne
Land schon mit Truppen überschwemmen müssen, um es wieder zu unterwerfen,
und sie wird sich fragen müssen, ob sie das kann, und wenn sie es kann, ob
der Preis einer so ungeheuren Anstrengung und so ungeheurer Kosten werth ist.

Andrerseits ist freilich für die Befestigung des transvaalschen Baucrnstacites
nach den Erfahrungen, die er in den letzten Jahren gemacht hat, sehr zu wünschen,


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[0299] Gladstone und die Boers. spvndcuzeu von dort her zu schließen, diese Hoffnung auch nicht gehegt. Der britische Stolz einerseits, der sich nicht herablassen kann, mit den Boers wie mit einem freien Volke zu unterhandeln, und der Unwille der holländischen Be¬ völkerung, der gegen die britischen Eindringlinge nie erloschen ist, werden an Ort und Stelle vielleicht richtiger taxirt als anderswo. Der erste Erfolg ist den englischen Waffen trotz ihrer Ueberlegenheit an militärischer Disciplin und an Artillerie durchaus uicht gesichert, wenn ihnen aufgegeben wird, sich den Zugang zu Transvaal ganz von neuem zu offnen. Kämen sie selbst hinein, so könnten sie statt blühender Orte leicht eine Verwüstung und Ruinen finden. Ob ihre Pferde dort brauchbar sein werden, ist sehr zu bezweifeln, da alle fremden Pferde in Transvaal kranken und rasch zu Grunde gehen. Von einigen Hundert brachte Sir G. Wvlseleh aus dem kurzdauernden Feldzuge gegen Svkvkuni nur ein einziges zurück. Ohne Pferde nützen ihnen aber ihre Geschütze nichts. Dagegen sind die Boers gute Reiter auf kleinen, aber starken und raschen Pferden und ausgezeichnete Schützen mit guten neuen Büchsen. Der Weg nach Transvaal von Natal aus geht über das Drachen- gebirgc auf zum Theil sehr steilen oder engen sumpfigen Straßen, die sich von guten Schützen gegen jede Truppe leicht vertheidigen lassen. Sei die englische Armee nun ohne erheblichen Verlust auf das Plateau von Transvaal gelangt, so hat sie auf einer Ausdehnung zu operiren, die Frankreich gleichkommt, aber deren Beherrschung nicht von dem Besitz einer Hauptstadt abhängig ist, die es in Transvaal nicht giebt. Der Krieg nimmt dann die Gestalt eines Parther¬ kriegs an. Den bedrängten Boers wird es allem Anschein nach nicht an Zuzug ans dem Oranjefreistaat und selbst aus der Capcolvnic fehlen, und wenn die Engländer eine Schlappe erleiden sollten, so wird leicht in allen AfricanderS die alte Idee wach werden, daß sie durch solidarisches Zusammenstehen der britischen Herrschaft in Südafrica ein Ende machen können. Die englische Bevölkerung von Südafrica, im östlichen Capland und in Natal, wird durch die Zulus, Pondvs, Basutos u. a. in. im Zaum gehalten, und wenn das westliche Cap¬ land in entschiedener Rebellion gegen Großbritannien stünde, so würde durch seine Häfen auch ein Zuzug von fremder Hilfe und Zufuhr von Kriegsbedürfnissen ermöglicht werden, abgesehen davon, daß das Terrain des Kriegs sich vervier¬ fachen würde. Dann würde die Negierung von Großbritannien das abgefallne Land schon mit Truppen überschwemmen müssen, um es wieder zu unterwerfen, und sie wird sich fragen müssen, ob sie das kann, und wenn sie es kann, ob der Preis einer so ungeheuren Anstrengung und so ungeheurer Kosten werth ist. Andrerseits ist freilich für die Befestigung des transvaalschen Baucrnstacites nach den Erfahrungen, die er in den letzten Jahren gemacht hat, sehr zu wünschen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/299>, abgerufen am 27.12.2024.