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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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zu erfüllen. Haben wir vorhin gefragt: Sind keine Dichter da? so fragen wir
jetzt: Giebt es wirklich in Deutschland keine wahre,: und wirklichen Aristokraten
mehr? sind sie wirklich schon alle im polnischen Adelselend verkommen, in Ver¬
schuldung und Zersplitterung?

Auch das Geld spielt eine Rolle, oder der entfernte Klang desselben. Wir
kennen ein junges jüdisches Genie, das aus Posen kam und sich von einem
großen Banquier eine Empfehlung verschaffte, die ja so billig war; ein hebräi¬
scher Segen aus einer obscurer Ecke der Mischnah war die ganze Bezahlung,
die der Banquier dafür erhielt. Mit seinem Schriftstück aber wuchert das junge
Genie und macht Carriere. So unzweifelhaft wie der Lnmpenmatz, der mit
einer Karre und einigen Paketen Negietabak in ein ungarisches Dorf zieht,' dort
nach einem Jahrzehnt Gläubiger sämmtlicher Bauern ist und sich alle Gehöfte
verschreiben läßt, so unzweifelhaft wird jener Posener nach zehn Jahren, kraft
jener Zeile des großen Banquiers erster Charakterspieler deutscher Nation sein.
Liegt das an ihm? Er ist der Jude, von dem man nichts anderes erwarten
darf, als daß er "die Macht der Gottlosen" an sich reißen wird. Nein, es liegt
an uns. Warum zischen wir ihn nicht aus? Warum giebt ihm der Inten¬
dant, um dem Quälgeist den Mund zu stopfen, die größte und beste Rolle, und
setzt ihn aufs hohe Pferd, so daß selbst Riesen neben ihm klein erscheinen?
Ans den Schein kommts eben an. Wir, die wir in der Wesen Tiefe trach¬
ten und, weit entfernt von allem Schein, das Wort "so sehr" verachten, erwachen
erschreckt, wenn es zu spät ist und wir uns dessen bewußt werden, wie unrett¬
bar wir dem Schein und dem Irrlicht des Wortes in den Sumpf nachgelaufen
siud. Dann erschrecken wir, wenn der Jude hohnlachend uns unsere Dichter
in Fetzen zerreißt und vor die Füße schleudert.

Bei alleu Mitteln, die der Jude hat und die ihn zur Herrschaft gelangen
lassen, eins fehlt ihm: die Macht, uns zu überzeugen. Der Trieb und die
Gabe, die im germanischen Gemüth unausrottbar sind, sich in den Dienst eines
großen Gedankens, eines Kunstwerks zu stellen, fehlt dem jüdischen Genie. Ja,
es fehlt ihn: die Gabe, ein Kunstwerk auch uur zu begreifen. Es fehlt ihm der
Constructionstrieb. Gehört er doch einem Volke an, das sich sogar seinen
eigenen Tempel von fremden Bauleuten und Zimmerern errichten lassen mußte.
Hier ist die Grenze seiner Macht. Wer erinnert sich nicht der scharfen Charak¬
teristik, welche Heinrich Laube von dem vordränglerischem Wesen Bogumil
Dawisous entwarf? Er erklärte den "großen Mimen" in einem Ensemble, wie es
das Burgtheater damals pflegte, für völlig unmöglich. Laube war ein Intendant,
der sich nicht tyrannisiren ließ; ihn zu beherrschen ist erst später geschickteren
Juden und Nichtjuden, die andere Künste trieben, möglich geworden. Ein
Dawison kannte nur sich. Er besaß nicht die mindeste Pietät gegen Dichter,


zu erfüllen. Haben wir vorhin gefragt: Sind keine Dichter da? so fragen wir
jetzt: Giebt es wirklich in Deutschland keine wahre,: und wirklichen Aristokraten
mehr? sind sie wirklich schon alle im polnischen Adelselend verkommen, in Ver¬
schuldung und Zersplitterung?

Auch das Geld spielt eine Rolle, oder der entfernte Klang desselben. Wir
kennen ein junges jüdisches Genie, das aus Posen kam und sich von einem
großen Banquier eine Empfehlung verschaffte, die ja so billig war; ein hebräi¬
scher Segen aus einer obscurer Ecke der Mischnah war die ganze Bezahlung,
die der Banquier dafür erhielt. Mit seinem Schriftstück aber wuchert das junge
Genie und macht Carriere. So unzweifelhaft wie der Lnmpenmatz, der mit
einer Karre und einigen Paketen Negietabak in ein ungarisches Dorf zieht,' dort
nach einem Jahrzehnt Gläubiger sämmtlicher Bauern ist und sich alle Gehöfte
verschreiben läßt, so unzweifelhaft wird jener Posener nach zehn Jahren, kraft
jener Zeile des großen Banquiers erster Charakterspieler deutscher Nation sein.
Liegt das an ihm? Er ist der Jude, von dem man nichts anderes erwarten
darf, als daß er „die Macht der Gottlosen" an sich reißen wird. Nein, es liegt
an uns. Warum zischen wir ihn nicht aus? Warum giebt ihm der Inten¬
dant, um dem Quälgeist den Mund zu stopfen, die größte und beste Rolle, und
setzt ihn aufs hohe Pferd, so daß selbst Riesen neben ihm klein erscheinen?
Ans den Schein kommts eben an. Wir, die wir in der Wesen Tiefe trach¬
ten und, weit entfernt von allem Schein, das Wort „so sehr" verachten, erwachen
erschreckt, wenn es zu spät ist und wir uns dessen bewußt werden, wie unrett¬
bar wir dem Schein und dem Irrlicht des Wortes in den Sumpf nachgelaufen
siud. Dann erschrecken wir, wenn der Jude hohnlachend uns unsere Dichter
in Fetzen zerreißt und vor die Füße schleudert.

Bei alleu Mitteln, die der Jude hat und die ihn zur Herrschaft gelangen
lassen, eins fehlt ihm: die Macht, uns zu überzeugen. Der Trieb und die
Gabe, die im germanischen Gemüth unausrottbar sind, sich in den Dienst eines
großen Gedankens, eines Kunstwerks zu stellen, fehlt dem jüdischen Genie. Ja,
es fehlt ihn: die Gabe, ein Kunstwerk auch uur zu begreifen. Es fehlt ihm der
Constructionstrieb. Gehört er doch einem Volke an, das sich sogar seinen
eigenen Tempel von fremden Bauleuten und Zimmerern errichten lassen mußte.
Hier ist die Grenze seiner Macht. Wer erinnert sich nicht der scharfen Charak¬
teristik, welche Heinrich Laube von dem vordränglerischem Wesen Bogumil
Dawisous entwarf? Er erklärte den „großen Mimen" in einem Ensemble, wie es
das Burgtheater damals pflegte, für völlig unmöglich. Laube war ein Intendant,
der sich nicht tyrannisiren ließ; ihn zu beherrschen ist erst später geschickteren
Juden und Nichtjuden, die andere Künste trieben, möglich geworden. Ein
Dawison kannte nur sich. Er besaß nicht die mindeste Pietät gegen Dichter,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/85>, abgerufen am 09.01.2025.