Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.stimmt dem Eleaten Parmenides, Xenophanes' Nachfolger, zuschreibt. Die erste Diese Zonenlehre wurde die eigentliche Brücke zur Hereinziehung der Geo¬ Das Interesse für die einmal hereingezogene Geographie bedürfte keiner stimmt dem Eleaten Parmenides, Xenophanes' Nachfolger, zuschreibt. Die erste Diese Zonenlehre wurde die eigentliche Brücke zur Hereinziehung der Geo¬ Das Interesse für die einmal hereingezogene Geographie bedürfte keiner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/148057"/> <p xml:id="ID_1093" prev="#ID_1092"> stimmt dem Eleaten Parmenides, Xenophanes' Nachfolger, zuschreibt. Die erste<lb/> Spur von der Festsetzung der Zonengrenzen nach den Schattenverhältnissen finden<lb/> wir freilich erst in der aristotelischen Meteorologie. Man stellte fest, daß in<lb/> der Tropenzone der Mittagsschatten bald nach Norden, bald nach Süden fallen,<lb/> bei dem jährlich für jeden Punkt innerhalb der Wendekreise zweimal wieder¬<lb/> kehrenden Zenithstande der Sonne aber ganz wegfallen müsse (zweischattige<lb/> Zone); in den Gegenden, die über die Wendekreise hinaus lagen, konnte der<lb/> Mittagsschatten immer nur nach einer Seite, nach Norden oder nach Süden<lb/> fallen (einschattige Zone); endlich vom Polarkreise an, wo der Wendekreis als<lb/> arktischer Kreis den immer sichtbaren Theil des Himmels abschloß, und darüber<lb/> hinaus bis zum Pole mußte dem Mittagsschatten ein Mitternachtsschatten<lb/> gegenübertreten (umschattige Zone). Die tropische und die arktische Zone galten<lb/> anfangs nach Combination der Theorie und der Nachrichten des Verkehrs für<lb/> unbewohnbar und erhielten daher die späterhin beibehaltene Bezeichnung der<lb/> verbrannten und erfrornen Zone. Auch trennte man früher die Grenzen der<lb/> wirklichen Bewohnbarkeit von den theoretischen Grenzen des Schattenwechsels<lb/> und wagte nicht, die erstern bis zu den letztern auszudehnen, bis die erweiterte<lb/> Länderkenntniß erst dies gestattete und schließlich noch über jene Linien hinaus¬<lb/> zugreifen zwang. Aristoteles führte die bewohnbare gemäßigte Zone südlich bis<lb/> zum Wendekreise, im Norden aber schnitt er sie durch eine Linie ab, die etwa<lb/> dem 54" n, Br. entsprechen würde und höchst wahrscheinlich auf Schilderungen<lb/> und Reiseberichten fußte, die man aus den Colonien an der Nordküste des<lb/> Pontus bezog.</p><lb/> <p xml:id="ID_1094"> Diese Zonenlehre wurde die eigentliche Brücke zur Hereinziehung der Geo¬<lb/> graphie in den neuen Gesichtskreis und zur sachgemäßen Umgestaltung dieser<lb/> Wissenschaft. Sie war zunächst für die geographische Darstellung von Einfluß.<lb/> Die unbewohnbaren Zonen setzten im Norden und Süden geradlinige Schran¬<lb/> ken, wodurch für neue Versuche, den bekannten Theil der Erdoberfläche abzu¬<lb/> stecken und darzustellen, ein Zurückgreifen auf die alte Scheibenform unmöglich<lb/> wurde. Herodot tadelt die Jonier, daß sie die bewohnte Erde kreisrund, wie<lb/> mit dem Zirkel gezogen, abbildeten. Nach anderem Zeugnisse sollte Demokrit<lb/> zuerst eingesehen haben, daß die Ländermasse nach Osten und Westen gestreckt<lb/> sein müsse. Eudoxus und Aristoteles bildeten die Lehre weiter, und an Stelle<lb/> des Kreises für den Kartenrand trat als erste Projection das Parallelogramm.</p><lb/> <p xml:id="ID_1095" next="#ID_1096"> Das Interesse für die einmal hereingezogene Geographie bedürfte keiner<lb/> weitern Anregung. Eine Frage drängte die andere und erregte und nährte<lb/> den Streit sich bildender Parteien. Alle Einzelfragen gruppierten sich um die<lb/> Zonenlehre und um die andere Hauptfrage, die man nach ihrem nothwendigen<lb/> Verlaufe die Okeanosfrage nennen kann. Bei dem Bestreben, sich ein Bild</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0410]
stimmt dem Eleaten Parmenides, Xenophanes' Nachfolger, zuschreibt. Die erste
Spur von der Festsetzung der Zonengrenzen nach den Schattenverhältnissen finden
wir freilich erst in der aristotelischen Meteorologie. Man stellte fest, daß in
der Tropenzone der Mittagsschatten bald nach Norden, bald nach Süden fallen,
bei dem jährlich für jeden Punkt innerhalb der Wendekreise zweimal wieder¬
kehrenden Zenithstande der Sonne aber ganz wegfallen müsse (zweischattige
Zone); in den Gegenden, die über die Wendekreise hinaus lagen, konnte der
Mittagsschatten immer nur nach einer Seite, nach Norden oder nach Süden
fallen (einschattige Zone); endlich vom Polarkreise an, wo der Wendekreis als
arktischer Kreis den immer sichtbaren Theil des Himmels abschloß, und darüber
hinaus bis zum Pole mußte dem Mittagsschatten ein Mitternachtsschatten
gegenübertreten (umschattige Zone). Die tropische und die arktische Zone galten
anfangs nach Combination der Theorie und der Nachrichten des Verkehrs für
unbewohnbar und erhielten daher die späterhin beibehaltene Bezeichnung der
verbrannten und erfrornen Zone. Auch trennte man früher die Grenzen der
wirklichen Bewohnbarkeit von den theoretischen Grenzen des Schattenwechsels
und wagte nicht, die erstern bis zu den letztern auszudehnen, bis die erweiterte
Länderkenntniß erst dies gestattete und schließlich noch über jene Linien hinaus¬
zugreifen zwang. Aristoteles führte die bewohnbare gemäßigte Zone südlich bis
zum Wendekreise, im Norden aber schnitt er sie durch eine Linie ab, die etwa
dem 54" n, Br. entsprechen würde und höchst wahrscheinlich auf Schilderungen
und Reiseberichten fußte, die man aus den Colonien an der Nordküste des
Pontus bezog.
Diese Zonenlehre wurde die eigentliche Brücke zur Hereinziehung der Geo¬
graphie in den neuen Gesichtskreis und zur sachgemäßen Umgestaltung dieser
Wissenschaft. Sie war zunächst für die geographische Darstellung von Einfluß.
Die unbewohnbaren Zonen setzten im Norden und Süden geradlinige Schran¬
ken, wodurch für neue Versuche, den bekannten Theil der Erdoberfläche abzu¬
stecken und darzustellen, ein Zurückgreifen auf die alte Scheibenform unmöglich
wurde. Herodot tadelt die Jonier, daß sie die bewohnte Erde kreisrund, wie
mit dem Zirkel gezogen, abbildeten. Nach anderem Zeugnisse sollte Demokrit
zuerst eingesehen haben, daß die Ländermasse nach Osten und Westen gestreckt
sein müsse. Eudoxus und Aristoteles bildeten die Lehre weiter, und an Stelle
des Kreises für den Kartenrand trat als erste Projection das Parallelogramm.
Das Interesse für die einmal hereingezogene Geographie bedürfte keiner
weitern Anregung. Eine Frage drängte die andere und erregte und nährte
den Streit sich bildender Parteien. Alle Einzelfragen gruppierten sich um die
Zonenlehre und um die andere Hauptfrage, die man nach ihrem nothwendigen
Verlaufe die Okeanosfrage nennen kann. Bei dem Bestreben, sich ein Bild
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