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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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Adam eine Schlacht schilderte, setzte er sie aus einer Reihe von Einzelkämpfen
und Gruppen zusammen. Er dachte sich das Bild wie aus der Vogelperspec-
tive betrachtet und häufte auf einem großen Plane möglichst viele Menschen und
Pferde zusammen, die im einzelnen durch ihre lebendige und energische Zeich¬
nung höchlich interessieren. Er malte, wenn man so sagen darf, mit dem Auge
des Strategen: eine höhere künstlerische Wirkung, die sich durch die Composition
oder das Colorit ausspräche, beabsichtigte er nicht. Dieses Höhere zu erreichen,
das Schlachtenbild von der rein militärischen Gedenktafel in die Sphäre der
Historienmalerei zu erheben, blieb seinem Sohne vorbehalten, welcher diese Auf¬
gabe mit solcher Genialität gelöst hat, daß ihm der Ruhm des ersten Schlach¬
tenmalers seiner Zeit nicht vorenthalten werden darf.

Ehe wir zu feinen letzten Arbeiten übergehen, durch welche er sich vor¬
nehmlich diesen Ruhm begründet hat, werfen wir noch einen schnellen Blick
auf seinen Entwicklungsgang. Seinen ersten Erfolg errang er schon in seinem
achtzehnten Jahre durch ein Reiterporträt des Feldmnrschalls Wrede. Beständig
unter den Augen des Vaters arbeitend und an dessen Schöpfungen anbelfert,
die namentlich der Zeit der napoleonischen Kriege gewidmet waren, hatte er sich
schon frühzeitig eine vollkommene Beherrschung des militärischen Details ange¬
eignet, so daß er sich später auf Grund des Studienmaterials seines Vaters
selbst an Schlachtenbilder aus dem Franzosenkriege wagen durfte. Das inter¬
essanteste und vielseitigste dieser Gemälde, welches die Berliner Nationalgalerie
besitzt, vollendete er erst Z869. Es stellt den "Rückzug der Franzosen aus Ru߬
land" dar: im Vordergründe einzelne Gruppen, welche zum Theile durch eine
dramatische Action fesseln, Pferde, die vergebens eine Kanone aus dem tiefen
Schnee herauszuziehen suchen, Soldaten, die ermattet zusammengebrochen sind,
Sterbende und Kranke, im Mittelgrunde der Hauptstrom der Fliehende" in
schrecklichem Getümmel, und in der Ferne auftauchend einzelne Reiterschwärme,
vermuthlich die verfolgenden Kosacken, welche den Rückzug der Unglücklichen be¬
drohen. Dies alles wird gehoben und in seinem ergreifenden Eindrucke noch
verstärkt durch die düstere Folie der schneebedeckten Steppenlandschaft, über welche
der Wind, den Schnee auswirbelnd, dahinbraust. Das am Horizont sich zei¬
gende Abendroth, welches die Schrecken der Nacht verkündet, beleuchtet unheim¬
lich die grauenvolle Scene. Adam zeigt sich hier auch als Meister der Land¬
schaft, die er auf mehrern Studienreisen gründlich kennen gelernt hatte.

Im Jahre 1849 wohnte er gemeinschaftlich mit seinen? Vater einen, Theile
des, österreichischen Feldzuges in Italien bei. Seine Studien, welche er während
desselben gesammelt und welche er später lithographieren ließ, erregten die Auf¬
merksamkeit des Kaisers Franz Josef, und dieser ertheilte ihm 1850 den Auftrag,
die Schlachtfelder Ungarns zu bereisen, um mehrere große Gemälde für ihn


Adam eine Schlacht schilderte, setzte er sie aus einer Reihe von Einzelkämpfen
und Gruppen zusammen. Er dachte sich das Bild wie aus der Vogelperspec-
tive betrachtet und häufte auf einem großen Plane möglichst viele Menschen und
Pferde zusammen, die im einzelnen durch ihre lebendige und energische Zeich¬
nung höchlich interessieren. Er malte, wenn man so sagen darf, mit dem Auge
des Strategen: eine höhere künstlerische Wirkung, die sich durch die Composition
oder das Colorit ausspräche, beabsichtigte er nicht. Dieses Höhere zu erreichen,
das Schlachtenbild von der rein militärischen Gedenktafel in die Sphäre der
Historienmalerei zu erheben, blieb seinem Sohne vorbehalten, welcher diese Auf¬
gabe mit solcher Genialität gelöst hat, daß ihm der Ruhm des ersten Schlach¬
tenmalers seiner Zeit nicht vorenthalten werden darf.

Ehe wir zu feinen letzten Arbeiten übergehen, durch welche er sich vor¬
nehmlich diesen Ruhm begründet hat, werfen wir noch einen schnellen Blick
auf seinen Entwicklungsgang. Seinen ersten Erfolg errang er schon in seinem
achtzehnten Jahre durch ein Reiterporträt des Feldmnrschalls Wrede. Beständig
unter den Augen des Vaters arbeitend und an dessen Schöpfungen anbelfert,
die namentlich der Zeit der napoleonischen Kriege gewidmet waren, hatte er sich
schon frühzeitig eine vollkommene Beherrschung des militärischen Details ange¬
eignet, so daß er sich später auf Grund des Studienmaterials seines Vaters
selbst an Schlachtenbilder aus dem Franzosenkriege wagen durfte. Das inter¬
essanteste und vielseitigste dieser Gemälde, welches die Berliner Nationalgalerie
besitzt, vollendete er erst Z869. Es stellt den „Rückzug der Franzosen aus Ru߬
land" dar: im Vordergründe einzelne Gruppen, welche zum Theile durch eine
dramatische Action fesseln, Pferde, die vergebens eine Kanone aus dem tiefen
Schnee herauszuziehen suchen, Soldaten, die ermattet zusammengebrochen sind,
Sterbende und Kranke, im Mittelgrunde der Hauptstrom der Fliehende» in
schrecklichem Getümmel, und in der Ferne auftauchend einzelne Reiterschwärme,
vermuthlich die verfolgenden Kosacken, welche den Rückzug der Unglücklichen be¬
drohen. Dies alles wird gehoben und in seinem ergreifenden Eindrucke noch
verstärkt durch die düstere Folie der schneebedeckten Steppenlandschaft, über welche
der Wind, den Schnee auswirbelnd, dahinbraust. Das am Horizont sich zei¬
gende Abendroth, welches die Schrecken der Nacht verkündet, beleuchtet unheim¬
lich die grauenvolle Scene. Adam zeigt sich hier auch als Meister der Land¬
schaft, die er auf mehrern Studienreisen gründlich kennen gelernt hatte.

Im Jahre 1849 wohnte er gemeinschaftlich mit seinen? Vater einen, Theile
des, österreichischen Feldzuges in Italien bei. Seine Studien, welche er während
desselben gesammelt und welche er später lithographieren ließ, erregten die Auf¬
merksamkeit des Kaisers Franz Josef, und dieser ertheilte ihm 1850 den Auftrag,
die Schlachtfelder Ungarns zu bereisen, um mehrere große Gemälde für ihn


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[0373] Adam eine Schlacht schilderte, setzte er sie aus einer Reihe von Einzelkämpfen und Gruppen zusammen. Er dachte sich das Bild wie aus der Vogelperspec- tive betrachtet und häufte auf einem großen Plane möglichst viele Menschen und Pferde zusammen, die im einzelnen durch ihre lebendige und energische Zeich¬ nung höchlich interessieren. Er malte, wenn man so sagen darf, mit dem Auge des Strategen: eine höhere künstlerische Wirkung, die sich durch die Composition oder das Colorit ausspräche, beabsichtigte er nicht. Dieses Höhere zu erreichen, das Schlachtenbild von der rein militärischen Gedenktafel in die Sphäre der Historienmalerei zu erheben, blieb seinem Sohne vorbehalten, welcher diese Auf¬ gabe mit solcher Genialität gelöst hat, daß ihm der Ruhm des ersten Schlach¬ tenmalers seiner Zeit nicht vorenthalten werden darf. Ehe wir zu feinen letzten Arbeiten übergehen, durch welche er sich vor¬ nehmlich diesen Ruhm begründet hat, werfen wir noch einen schnellen Blick auf seinen Entwicklungsgang. Seinen ersten Erfolg errang er schon in seinem achtzehnten Jahre durch ein Reiterporträt des Feldmnrschalls Wrede. Beständig unter den Augen des Vaters arbeitend und an dessen Schöpfungen anbelfert, die namentlich der Zeit der napoleonischen Kriege gewidmet waren, hatte er sich schon frühzeitig eine vollkommene Beherrschung des militärischen Details ange¬ eignet, so daß er sich später auf Grund des Studienmaterials seines Vaters selbst an Schlachtenbilder aus dem Franzosenkriege wagen durfte. Das inter¬ essanteste und vielseitigste dieser Gemälde, welches die Berliner Nationalgalerie besitzt, vollendete er erst Z869. Es stellt den „Rückzug der Franzosen aus Ru߬ land" dar: im Vordergründe einzelne Gruppen, welche zum Theile durch eine dramatische Action fesseln, Pferde, die vergebens eine Kanone aus dem tiefen Schnee herauszuziehen suchen, Soldaten, die ermattet zusammengebrochen sind, Sterbende und Kranke, im Mittelgrunde der Hauptstrom der Fliehende» in schrecklichem Getümmel, und in der Ferne auftauchend einzelne Reiterschwärme, vermuthlich die verfolgenden Kosacken, welche den Rückzug der Unglücklichen be¬ drohen. Dies alles wird gehoben und in seinem ergreifenden Eindrucke noch verstärkt durch die düstere Folie der schneebedeckten Steppenlandschaft, über welche der Wind, den Schnee auswirbelnd, dahinbraust. Das am Horizont sich zei¬ gende Abendroth, welches die Schrecken der Nacht verkündet, beleuchtet unheim¬ lich die grauenvolle Scene. Adam zeigt sich hier auch als Meister der Land¬ schaft, die er auf mehrern Studienreisen gründlich kennen gelernt hatte. Im Jahre 1849 wohnte er gemeinschaftlich mit seinen? Vater einen, Theile des, österreichischen Feldzuges in Italien bei. Seine Studien, welche er während desselben gesammelt und welche er später lithographieren ließ, erregten die Auf¬ merksamkeit des Kaisers Franz Josef, und dieser ertheilte ihm 1850 den Auftrag, die Schlachtfelder Ungarns zu bereisen, um mehrere große Gemälde für ihn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/373>, abgerufen am 28.12.2024.