Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.rcihmungm zerstreut finden, sind gewiß alle höchst sinnreich erdacht und in In diesem Jahre ist Liezen-Mayer durch seine Berufung als Professor und Ein geborener Ungar ist auch Alexander Wagner, der ausschließlich das ") Die "Grenzboten" haben sich das Verdienst erworben, gegen die leichtfertige Macherei
von Jllustrationswerken energisch zu Felde zu ziehen. In diesem Sinne ist auch die obige Kritik geschrieben. Sie ist jedoch im vorliegenden Falle nur gegen die Künstler gerichtet, nicht auch gegen den Verleger des "Faust" und der "Glocke", der für seinen Theil nichts gespart hat, um die beiden classischen Meisterwerke ihrem Werthe entsprechend auszustatten. rcihmungm zerstreut finden, sind gewiß alle höchst sinnreich erdacht und in In diesem Jahre ist Liezen-Mayer durch seine Berufung als Professor und Ein geborener Ungar ist auch Alexander Wagner, der ausschließlich das ") Die „Grenzboten" haben sich das Verdienst erworben, gegen die leichtfertige Macherei
von Jllustrationswerken energisch zu Felde zu ziehen. In diesem Sinne ist auch die obige Kritik geschrieben. Sie ist jedoch im vorliegenden Falle nur gegen die Künstler gerichtet, nicht auch gegen den Verleger des „Faust" und der „Glocke", der für seinen Theil nichts gespart hat, um die beiden classischen Meisterwerke ihrem Werthe entsprechend auszustatten. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0199" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147846"/> <p xml:id="ID_557" prev="#ID_556"> rcihmungm zerstreut finden, sind gewiß alle höchst sinnreich erdacht und in<lb/> ebenso sinnreiche Beziehungen zum Bilde gebracht. Wenn man aber z. B. in<lb/> der Umrahmung der Composition, welche die vollzählig gebliebene Familie auf<lb/> der Brandstätte darstellt, links eine Laterne als vermuthliche Ursache des Feuers<lb/> und eine sich daraus entwickelnde Flamme und auf der rechten Seite einen<lb/> Feuereimer und einen Spritzenschlauch erblickt, dessen Wasserstrahl oberhalb des<lb/> Bildes den aus der Flamme emporsteigenden Rauch bekämpft, so ist das einfach<lb/> lächerlich. Ebenso stillos ist der Rahmen um das Revolutionsbild, in dessen<lb/> oberer Leiste die Symbole des Königthums, Krone und Scepter, von einer<lb/> hineinplatzenden Granate zerschmettert werden.*) Um vieles glücklicher sind die<lb/> Cartouchen — so kann man füglich diese Umrahmungen nennen —, welche nur<lb/> zur Einschließung des Textes dienen. Hier wird die ernste Thätigkeit des<lb/> Glockengießers durch kleine Flügelknaben, die mit großem Geschick in die schwung¬<lb/> volle Ornamentik eingefügt sind, anmuthig und mit liebenswürdigem Humor glossiert.</p><lb/> <p xml:id="ID_558"> In diesem Jahre ist Liezen-Mayer durch seine Berufung als Professor und<lb/> Director an die Kunstschule in Stuttgart aus dem Kreise der Münchener Maler¬<lb/> schule ausgeschieden.</p><lb/> <p xml:id="ID_559"> Ein geborener Ungar ist auch Alexander Wagner, der ausschließlich das<lb/> ethnographische Genre cultiviert. Als echter Magyar liebt er in Farbe und<lb/> Stoff das Grelle und Uebertriebene, und nirgends findet er schönere Stoffe<lb/> dieser Art als in der römischen Kaiserzeit. Wie Siemiradzki, der auch kurze<lb/> Zeit durch die Schule Pilotys gegangen ist, liebt er es, in Grauen und Ent¬<lb/> setzen zu schwelgen und die wildesten und grausamsten Schauspiele, welche ein<lb/> verkommenes Geschlecht zur Aufreizung seiner abgestumpften Nerven genoß, in<lb/> den glühendsten Farbenextremen zu schildern. Ein „Römisches Wagenrennen"<lb/> und ein „Antikes Stiergefecht" sind die umfangreichsten Compositionen dieses<lb/> Genres. Obwohl Wagner eine ausgesprochene Vorliebe für Pferde hat —<lb/> einmal hat er auch ein „Czikos-Nennen in Debreczin" gemalt - , ist er immer<lb/> noch nicht zu einer vollständigen Beherrschung der Anatomie dieses edlen Thieres<lb/> gelangt. Man begegnet auf seinen Bildern den gröbsten Zeichensehlern, die man<lb/> kaum einem Schüler, geschweige denn einem Professor der Akademie verzeihen<lb/> kann. Seiner Lust an dem Nervenaufregenden konnte er namentlich in der<lb/> Illustration von Theodor Simons' Bildern „Aus altrömischer Zeit" Genüge<lb/> thun, deren Stoffe meist aus der Epoche des sittlichen Verfalls geschöpft waren.</p><lb/> <note xml:id="FID_8" place="foot"> ") Die „Grenzboten" haben sich das Verdienst erworben, gegen die leichtfertige Macherei<lb/> von Jllustrationswerken energisch zu Felde zu ziehen. In diesem Sinne ist auch die obige<lb/> Kritik geschrieben. Sie ist jedoch im vorliegenden Falle nur gegen die Künstler gerichtet,<lb/> nicht auch gegen den Verleger des „Faust" und der „Glocke", der für seinen Theil nichts<lb/> gespart hat, um die beiden classischen Meisterwerke ihrem Werthe entsprechend auszustatten.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0199]
rcihmungm zerstreut finden, sind gewiß alle höchst sinnreich erdacht und in
ebenso sinnreiche Beziehungen zum Bilde gebracht. Wenn man aber z. B. in
der Umrahmung der Composition, welche die vollzählig gebliebene Familie auf
der Brandstätte darstellt, links eine Laterne als vermuthliche Ursache des Feuers
und eine sich daraus entwickelnde Flamme und auf der rechten Seite einen
Feuereimer und einen Spritzenschlauch erblickt, dessen Wasserstrahl oberhalb des
Bildes den aus der Flamme emporsteigenden Rauch bekämpft, so ist das einfach
lächerlich. Ebenso stillos ist der Rahmen um das Revolutionsbild, in dessen
oberer Leiste die Symbole des Königthums, Krone und Scepter, von einer
hineinplatzenden Granate zerschmettert werden.*) Um vieles glücklicher sind die
Cartouchen — so kann man füglich diese Umrahmungen nennen —, welche nur
zur Einschließung des Textes dienen. Hier wird die ernste Thätigkeit des
Glockengießers durch kleine Flügelknaben, die mit großem Geschick in die schwung¬
volle Ornamentik eingefügt sind, anmuthig und mit liebenswürdigem Humor glossiert.
In diesem Jahre ist Liezen-Mayer durch seine Berufung als Professor und
Director an die Kunstschule in Stuttgart aus dem Kreise der Münchener Maler¬
schule ausgeschieden.
Ein geborener Ungar ist auch Alexander Wagner, der ausschließlich das
ethnographische Genre cultiviert. Als echter Magyar liebt er in Farbe und
Stoff das Grelle und Uebertriebene, und nirgends findet er schönere Stoffe
dieser Art als in der römischen Kaiserzeit. Wie Siemiradzki, der auch kurze
Zeit durch die Schule Pilotys gegangen ist, liebt er es, in Grauen und Ent¬
setzen zu schwelgen und die wildesten und grausamsten Schauspiele, welche ein
verkommenes Geschlecht zur Aufreizung seiner abgestumpften Nerven genoß, in
den glühendsten Farbenextremen zu schildern. Ein „Römisches Wagenrennen"
und ein „Antikes Stiergefecht" sind die umfangreichsten Compositionen dieses
Genres. Obwohl Wagner eine ausgesprochene Vorliebe für Pferde hat —
einmal hat er auch ein „Czikos-Nennen in Debreczin" gemalt - , ist er immer
noch nicht zu einer vollständigen Beherrschung der Anatomie dieses edlen Thieres
gelangt. Man begegnet auf seinen Bildern den gröbsten Zeichensehlern, die man
kaum einem Schüler, geschweige denn einem Professor der Akademie verzeihen
kann. Seiner Lust an dem Nervenaufregenden konnte er namentlich in der
Illustration von Theodor Simons' Bildern „Aus altrömischer Zeit" Genüge
thun, deren Stoffe meist aus der Epoche des sittlichen Verfalls geschöpft waren.
") Die „Grenzboten" haben sich das Verdienst erworben, gegen die leichtfertige Macherei
von Jllustrationswerken energisch zu Felde zu ziehen. In diesem Sinne ist auch die obige
Kritik geschrieben. Sie ist jedoch im vorliegenden Falle nur gegen die Künstler gerichtet,
nicht auch gegen den Verleger des „Faust" und der „Glocke", der für seinen Theil nichts
gespart hat, um die beiden classischen Meisterwerke ihrem Werthe entsprechend auszustatten.
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