Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.lich besorgte Männer beschäftigt und eine fast unübersehbare Fülle von Schriften Die Schul-Hygiene nahm lange Zeit vorwiegend nur auf die leibliche Mit noch größerem Nachdruck und mit weit schneidigerer Schärfe ist seit¬ lich besorgte Männer beschäftigt und eine fast unübersehbare Fülle von Schriften Die Schul-Hygiene nahm lange Zeit vorwiegend nur auf die leibliche Mit noch größerem Nachdruck und mit weit schneidigerer Schärfe ist seit¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0019" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147666"/> <p xml:id="ID_44" prev="#ID_43"> lich besorgte Männer beschäftigt und eine fast unübersehbare Fülle von Schriften<lb/> hervorgerufen. Es ist viel Gutes durch die Bewegung auf diesem Gebiete ins<lb/> Leben gerufen worden, und wir Lehrer sind Lorinser und seinen Nachfolgern zu<lb/> aufrichtigem Danke verpflichtet dafür, daß unsere Schulen sich immer mehr und<lb/> mehr gesunder, hoher, gut ventilirter und genügend erleuchteter Unterrichts¬<lb/> zimmer, geräumiger Spielplätze, praktisch construirter Subsellien und dergleichen<lb/> zu erfreuen haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_45"> Die Schul-Hygiene nahm lange Zeit vorwiegend nur auf die leibliche<lb/> Wohlfahrt der Jugend Rücksicht. Seit einigen Jahren aber tritt mehr und<lb/> mehr das geistige Gedeihen derselben in den Vordergrund, und die sogenannte<lb/> Ueberbürdung ist auch nach dieser Seite hin zu einer brennenden und vielbe¬<lb/> handelten Frage geworden. So hat z. B. im Jahre 1877 auf der Versamm-<lb/> lung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege zu Nürnberg der<lb/> Geh. Reg.-Rath Dr. Finkelnburg in einem Referate über „den Einfluß der heu¬<lb/> tigen Unterrichtsgrundsätze in den Schulen" nachdrücklich ans die Gefahr hin¬<lb/> gewiesen, welche aus einer Ueberlastung mit Arbeit der Jugend für die Ge¬<lb/> sundheit ihres Seelenlebens erwächst, und der Gymnasialdirector Alexi aus<lb/> Saargemünd verstieg sich auf der Versammlung desselben Vereins zu Dresden<lb/> im Jahre 1878 sogar zu der fragwürdigen Behauptung, daß man in den jetzigen<lb/> Schulen durch die geistige Ueberfüllung ganze Generationen geistig und leiblich<lb/> zu Grunde richte.</p><lb/> <p xml:id="ID_46" next="#ID_47"> Mit noch größerem Nachdruck und mit weit schneidigerer Schärfe ist seit¬<lb/> dem Herr Medicinalrath Dr. Hasse, der langjährige Leiter der Irrenanstalt<lb/> zu Königslutter, dieser Frage näher getreten. Derselbe veröffentlichte im vorigen<lb/> Herbst in Ur. 262 und 263 der „Braunschweigischen Anzeigen" einen Aufsatz<lb/> über „die Zunahme der Geistesstörungen und ihre Ursachen". Er<lb/> sucht die Ursachen der in der bedenklichsten Weise steigenden Zunahme der Gei¬<lb/> steskrankheiten in dem Umsichgreifen der nervösen Constitution des lebenden Ge¬<lb/> schlechts, die ihrerseits wieder hervorgerufen und gefördert werde nicht bloß<lb/> durch die immer mehr um sich greifende Genußsucht und Frivolität, sowie durch<lb/> die schweren Sorgen, welche die Noth des Lebens hervorruft, sondern wesent¬<lb/> lich mit durch die unnatürliche und ungesunde Schulerziehung der<lb/> Jugend, insbesondere durch die Ueberbürdung der heranwachsenden<lb/> Gymnasiasten und der Schülerinnen der höheren Töchterschulen.<lb/> In ähnlicher Weise hat sich dann Dr. Hasse im vergangenen Frühjahr in der<lb/> Zeitschrift „Gegenwart" über „die Ueberbürdung der Schüler mit häuslicher<lb/> Arbeit" ausgesprochen, und sein Aufsatz hat von da aus, wie es scheint, die<lb/> Runde durch die Tagespresse gemacht. „Es ist hier uicht der Ort," sagt er, „alle<lb/> die Ursachen aufzuzählen, welche zum Irrsinn führen. Aber die Ueberbürdung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0019]
lich besorgte Männer beschäftigt und eine fast unübersehbare Fülle von Schriften
hervorgerufen. Es ist viel Gutes durch die Bewegung auf diesem Gebiete ins
Leben gerufen worden, und wir Lehrer sind Lorinser und seinen Nachfolgern zu
aufrichtigem Danke verpflichtet dafür, daß unsere Schulen sich immer mehr und
mehr gesunder, hoher, gut ventilirter und genügend erleuchteter Unterrichts¬
zimmer, geräumiger Spielplätze, praktisch construirter Subsellien und dergleichen
zu erfreuen haben.
Die Schul-Hygiene nahm lange Zeit vorwiegend nur auf die leibliche
Wohlfahrt der Jugend Rücksicht. Seit einigen Jahren aber tritt mehr und
mehr das geistige Gedeihen derselben in den Vordergrund, und die sogenannte
Ueberbürdung ist auch nach dieser Seite hin zu einer brennenden und vielbe¬
handelten Frage geworden. So hat z. B. im Jahre 1877 auf der Versamm-
lung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege zu Nürnberg der
Geh. Reg.-Rath Dr. Finkelnburg in einem Referate über „den Einfluß der heu¬
tigen Unterrichtsgrundsätze in den Schulen" nachdrücklich ans die Gefahr hin¬
gewiesen, welche aus einer Ueberlastung mit Arbeit der Jugend für die Ge¬
sundheit ihres Seelenlebens erwächst, und der Gymnasialdirector Alexi aus
Saargemünd verstieg sich auf der Versammlung desselben Vereins zu Dresden
im Jahre 1878 sogar zu der fragwürdigen Behauptung, daß man in den jetzigen
Schulen durch die geistige Ueberfüllung ganze Generationen geistig und leiblich
zu Grunde richte.
Mit noch größerem Nachdruck und mit weit schneidigerer Schärfe ist seit¬
dem Herr Medicinalrath Dr. Hasse, der langjährige Leiter der Irrenanstalt
zu Königslutter, dieser Frage näher getreten. Derselbe veröffentlichte im vorigen
Herbst in Ur. 262 und 263 der „Braunschweigischen Anzeigen" einen Aufsatz
über „die Zunahme der Geistesstörungen und ihre Ursachen". Er
sucht die Ursachen der in der bedenklichsten Weise steigenden Zunahme der Gei¬
steskrankheiten in dem Umsichgreifen der nervösen Constitution des lebenden Ge¬
schlechts, die ihrerseits wieder hervorgerufen und gefördert werde nicht bloß
durch die immer mehr um sich greifende Genußsucht und Frivolität, sowie durch
die schweren Sorgen, welche die Noth des Lebens hervorruft, sondern wesent¬
lich mit durch die unnatürliche und ungesunde Schulerziehung der
Jugend, insbesondere durch die Ueberbürdung der heranwachsenden
Gymnasiasten und der Schülerinnen der höheren Töchterschulen.
In ähnlicher Weise hat sich dann Dr. Hasse im vergangenen Frühjahr in der
Zeitschrift „Gegenwart" über „die Ueberbürdung der Schüler mit häuslicher
Arbeit" ausgesprochen, und sein Aufsatz hat von da aus, wie es scheint, die
Runde durch die Tagespresse gemacht. „Es ist hier uicht der Ort," sagt er, „alle
die Ursachen aufzuzählen, welche zum Irrsinn führen. Aber die Ueberbürdung
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