Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.die Fähigkeit, feindliche Batterien zu erstürmen und die Feinde zu Boden zu Schurz schildert nun die schwierige Stellung eines amerikanischen Präsi¬ die Fähigkeit, feindliche Batterien zu erstürmen und die Feinde zu Boden zu Schurz schildert nun die schwierige Stellung eines amerikanischen Präsi¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0425" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147519"/> <p xml:id="ID_1194" prev="#ID_1193"> die Fähigkeit, feindliche Batterien zu erstürmen und die Feinde zu Boden zu<lb/> werfen, nicht von ausschlaggebender Wichtigkeit. Wenn so schwierige Civil¬<lb/> pflichten zu erfüllen find, werden wir als vernünftige Leute fragen müssen, ob<lb/> der große Feldherr, der so glorreich an der Spitze seiner Colonnen erscheint,<lb/> auch mit den complicirten Interessen bekannt ist, denen er in seiner officiellen<lb/> Stellung als Präsident zu entsprechen haben würde; ob seine Kenntniß, Aus¬<lb/> bildung, Erfahrung und geistige Thätigkeit ihn befähigen, auf dem politischen<lb/> Felde Gutes von Schlechtem zu unterscheiden, nicht nur in abstracter Weise,<lb/> sondern unter der verwirrenden Verschiedenheit der Formen, in welchen die<lb/> Dinge in Wirklichkeit erscheinen; ob er genügend ausgerüstet ist, mit den poli¬<lb/> tischen Intriguen und den Conflicten unter den wirklichen oder angeblichen<lb/> Freunden es aufzunehmen, die so oft den höchsten Beamten eines großen Ge¬<lb/> meinwesens umgeben; ob er im Stande ist, sich auf dem Felde der Civilthätig¬<lb/> keit klug und umsichtig zu bewegen, wo die Mannschaften nicht durch die bloße<lb/> Regel des Commandirens und Gehorchens geleitet und bewegt werden, sondern<lb/> durch Festigkeit und weise Mäßigung in der Verfolgung großer Zwecke und<lb/> durch Widerstand gegen schlimme Einflüsse. Ich kann es Ihnen nicht entschieden<lb/> genug ans Herz legen, daß es keinen größeren Unterschied giebt, als denjenigen<lb/> zwischen der Leitung von Truppen in einem Feldzuge und der Leitung der<lb/> politischen Gewalten eines großen Volkes, der Leitung der politischen Angelegen¬<lb/> heiten einer großen Regierung. Außerdem darf nicht vergessen werden, daß die<lb/> jetzige Regierung der Vereinigten Staaten nicht mehr die einfache Maschine ist,<lb/> die sie zu Anfang der Republik war. Das idyllische Zeitalter Amerikas ist<lb/> vorüber. Die Interessen, mit welchen unsere Regierung sich zu befassen hat,<lb/> sind nicht mehr diejenigen kleiner Landgemeinden mit einem Handelsplatze hier<lb/> und dort. Es find die Interessen von'nahezu 50 Millionen Menschen, die über<lb/> einen ungeheueren Landstrich vertheilt sind, mit Gewerben, Erwerbszweigen und<lb/> Industrien von endloser Mannigfaltigkeit und bedeutender Größe, mit Elementen<lb/> der Bevölkerung, wie man sie hier in den früheren Tagen kaum gekannt hat;<lb/> und alle diese Bestrebungen und Interessen in dem Geschäfte der Production<lb/> find so drängend, mächtig und vielfältig in ihrer Natur und wenden sich ge¬<lb/> rechter oder ungerechter Weise so beharrlich um Hilfe an die Regierung, daß<lb/> die Ansprüche an den Staatsmann, die in diesem Zeitalter gemacht werden,<lb/> diejenigen, die man vor einem Jahrhundert machte, weit hinter sich lassen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1195" next="#ID_1196"> Schurz schildert nun die schwierige Stellung eines amerikanischen Präsi¬<lb/> denten dem Lande, dem Ministerium und vor allein den politischen Parteien<lb/> und deren Vertretern im Congresse gegenüber und stellt dann die Frage, ob der<lb/> als Soldat tüchtige General Hancock, der niemals ein politisches Amt bekleidet,<lb/> oder ob der durch jahrelangen Dienst als leitender Congreß - Repräsentant er¬<lb/> probte Garfield sich mehr sür die Stellung eines Präsidenten der Union eigne.<lb/> Was das Aemterwesen betrifft, so weist er mit Recht darauf hin, daß ein Sieg<lb/> der demokratischen Partei nichts anderes bedeute, als die praktische Anwendung<lb/> des von den Demokraten nnter der Präsidentschaft Andreas Jacksons zuerst auf¬<lb/> gestellten Grundsatzes: „Dem Sieger gehört die Beute." Präsident Hayes habe<lb/> manche fähige Demokraten angestellt, sogar ein Minister gehöre der demokrati¬<lb/> schen Partei an; die siegenden Demokraten würden eine solche Unparteilichkeit<lb/> schwerlich beobachten. Das Amt des Präsidenten dürfe niemals als eine Be¬<lb/> lohnung für einen tüchtigen, siegreichen General und Berufssoldaten angesehen<lb/> werden, dem jegliche politische und staatsmännische Erfahrung abgebe. Wolle<lb/> man aber absolut einen ausgezeichneten Soldaten zum Präsidenten haben, so</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0425]
die Fähigkeit, feindliche Batterien zu erstürmen und die Feinde zu Boden zu
werfen, nicht von ausschlaggebender Wichtigkeit. Wenn so schwierige Civil¬
pflichten zu erfüllen find, werden wir als vernünftige Leute fragen müssen, ob
der große Feldherr, der so glorreich an der Spitze seiner Colonnen erscheint,
auch mit den complicirten Interessen bekannt ist, denen er in seiner officiellen
Stellung als Präsident zu entsprechen haben würde; ob seine Kenntniß, Aus¬
bildung, Erfahrung und geistige Thätigkeit ihn befähigen, auf dem politischen
Felde Gutes von Schlechtem zu unterscheiden, nicht nur in abstracter Weise,
sondern unter der verwirrenden Verschiedenheit der Formen, in welchen die
Dinge in Wirklichkeit erscheinen; ob er genügend ausgerüstet ist, mit den poli¬
tischen Intriguen und den Conflicten unter den wirklichen oder angeblichen
Freunden es aufzunehmen, die so oft den höchsten Beamten eines großen Ge¬
meinwesens umgeben; ob er im Stande ist, sich auf dem Felde der Civilthätig¬
keit klug und umsichtig zu bewegen, wo die Mannschaften nicht durch die bloße
Regel des Commandirens und Gehorchens geleitet und bewegt werden, sondern
durch Festigkeit und weise Mäßigung in der Verfolgung großer Zwecke und
durch Widerstand gegen schlimme Einflüsse. Ich kann es Ihnen nicht entschieden
genug ans Herz legen, daß es keinen größeren Unterschied giebt, als denjenigen
zwischen der Leitung von Truppen in einem Feldzuge und der Leitung der
politischen Gewalten eines großen Volkes, der Leitung der politischen Angelegen¬
heiten einer großen Regierung. Außerdem darf nicht vergessen werden, daß die
jetzige Regierung der Vereinigten Staaten nicht mehr die einfache Maschine ist,
die sie zu Anfang der Republik war. Das idyllische Zeitalter Amerikas ist
vorüber. Die Interessen, mit welchen unsere Regierung sich zu befassen hat,
sind nicht mehr diejenigen kleiner Landgemeinden mit einem Handelsplatze hier
und dort. Es find die Interessen von'nahezu 50 Millionen Menschen, die über
einen ungeheueren Landstrich vertheilt sind, mit Gewerben, Erwerbszweigen und
Industrien von endloser Mannigfaltigkeit und bedeutender Größe, mit Elementen
der Bevölkerung, wie man sie hier in den früheren Tagen kaum gekannt hat;
und alle diese Bestrebungen und Interessen in dem Geschäfte der Production
find so drängend, mächtig und vielfältig in ihrer Natur und wenden sich ge¬
rechter oder ungerechter Weise so beharrlich um Hilfe an die Regierung, daß
die Ansprüche an den Staatsmann, die in diesem Zeitalter gemacht werden,
diejenigen, die man vor einem Jahrhundert machte, weit hinter sich lassen."
Schurz schildert nun die schwierige Stellung eines amerikanischen Präsi¬
denten dem Lande, dem Ministerium und vor allein den politischen Parteien
und deren Vertretern im Congresse gegenüber und stellt dann die Frage, ob der
als Soldat tüchtige General Hancock, der niemals ein politisches Amt bekleidet,
oder ob der durch jahrelangen Dienst als leitender Congreß - Repräsentant er¬
probte Garfield sich mehr sür die Stellung eines Präsidenten der Union eigne.
Was das Aemterwesen betrifft, so weist er mit Recht darauf hin, daß ein Sieg
der demokratischen Partei nichts anderes bedeute, als die praktische Anwendung
des von den Demokraten nnter der Präsidentschaft Andreas Jacksons zuerst auf¬
gestellten Grundsatzes: „Dem Sieger gehört die Beute." Präsident Hayes habe
manche fähige Demokraten angestellt, sogar ein Minister gehöre der demokrati¬
schen Partei an; die siegenden Demokraten würden eine solche Unparteilichkeit
schwerlich beobachten. Das Amt des Präsidenten dürfe niemals als eine Be¬
lohnung für einen tüchtigen, siegreichen General und Berufssoldaten angesehen
werden, dem jegliche politische und staatsmännische Erfahrung abgebe. Wolle
man aber absolut einen ausgezeichneten Soldaten zum Präsidenten haben, so
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