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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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Verhandlungen mit dem Diwan ab und zog sich nach Korfu zurück, von wo
er im Februar 1828 über Ancona und Paris nach London abreiste.

Bei Wiederaufnahme des diplomatischen Verkehrs Englands mit der Pforte,
im Jahre 1829 gab ihm das Torymiuisterium Wellington Sir Robert Gordon
zum Nachfolger in Konstantinopel, und erst unter Lord Grey's Verwaltung
wurde er wieder diplomatisch beschäftigt, indem mau ihn in der Eigenschaft
eines außerordentlichen Gesandten mit der Betheiligung an der Bestimmung
der Gebietsgrenzen Griechenlands beauftragte. Nachdem er 1831 in Nauplm,
dem damaligen Sitze der hellenischen Regierung, eingetroffen, bemühte er sich
eifrigst, dem Streite der dortigen Parteien und der Fortsetzung des Kampfes
der Rumelioten ein Ende zu machen. Er überreichte der provisorischen Regierung
der Griechen eine Denkschrift, in welcher er die Nothwendigkeit einer starken
Centralgewalt nachwies, und nach deren Grundgedanken später das Schlu߬
protokoll der vermittelnden Mächte vom 7. Mai 1832 abgefaßt wurde. Nach
seiner Ankunft in Konstantinopel eröffnete er im Verein mit dem russischen
und dem französischen Gesandten die Verhandlungen mit dein Diwan über die
griechische Frage, die im Juli des zuletzt genannten Jahres zur Constituirung
Griechenlands in seiner jetzigen Gestalt im Norden führten. War das hier
erreichte nicht genügend, war das neugeschaffene Königreich ohne Epirus und
Thessalien zu klein, um fröhlich gedeihen zu können, so war dies sicher nicht
Sir Stratford Ccmnings Schuld.

Wieder nach London zurückgekehrt, ging er zunächst in einem besonderen
Auftrage nach Madrid und Lissabon und später als Gesandter an Lord Heytes-
burys Stelle nach Petersburg, wo sich indeß der Kaiser Nikolaus, dem seiue
Persönlichkeit nicht sympathisch war, ihn anzunehmen weigerte, so daß er im
Januar 1834 diesen Posten niederlegte.

Nach seiner Rückkehr in die Heimat wurde er in das Unterhaus gewählt,
doch war seine parlamentarische Thätigkeit kurz und ohne besondere Bedeutung.
Wir wissen nur, daß er zuerst Old Sarum, dann Kings Lynn vertrat, daß er
1836 gegen die Occupation Krakaus durch die Oesterreicher sprach, und daß er
das Jahr darauf den Antrag Hardinges gegen die Einmischung Englands in
die spanischen Wirren unterstützte.

Das Ministerium Peel bot ihm in Anerkennung seiner Eigenschaften und
Verdienste zweimal den Posten eines Generalgouverneurs von Kanada an,
aber beide Male lehnte er ab, hauptsächlich, weil er sich weniger für die west¬
lichen, als für die östlichen Fragen der britischen Politik interessirte und sich
letzteren mehr als ersteren gewachsen fühlte. Aber erst im Jahre 1841 erhielt er
von Sir Robert Peel wieder die Stellung eines Botschafters Großbritanniens
am Hofe des Sultaus.


Verhandlungen mit dem Diwan ab und zog sich nach Korfu zurück, von wo
er im Februar 1828 über Ancona und Paris nach London abreiste.

Bei Wiederaufnahme des diplomatischen Verkehrs Englands mit der Pforte,
im Jahre 1829 gab ihm das Torymiuisterium Wellington Sir Robert Gordon
zum Nachfolger in Konstantinopel, und erst unter Lord Grey's Verwaltung
wurde er wieder diplomatisch beschäftigt, indem mau ihn in der Eigenschaft
eines außerordentlichen Gesandten mit der Betheiligung an der Bestimmung
der Gebietsgrenzen Griechenlands beauftragte. Nachdem er 1831 in Nauplm,
dem damaligen Sitze der hellenischen Regierung, eingetroffen, bemühte er sich
eifrigst, dem Streite der dortigen Parteien und der Fortsetzung des Kampfes
der Rumelioten ein Ende zu machen. Er überreichte der provisorischen Regierung
der Griechen eine Denkschrift, in welcher er die Nothwendigkeit einer starken
Centralgewalt nachwies, und nach deren Grundgedanken später das Schlu߬
protokoll der vermittelnden Mächte vom 7. Mai 1832 abgefaßt wurde. Nach
seiner Ankunft in Konstantinopel eröffnete er im Verein mit dem russischen
und dem französischen Gesandten die Verhandlungen mit dein Diwan über die
griechische Frage, die im Juli des zuletzt genannten Jahres zur Constituirung
Griechenlands in seiner jetzigen Gestalt im Norden führten. War das hier
erreichte nicht genügend, war das neugeschaffene Königreich ohne Epirus und
Thessalien zu klein, um fröhlich gedeihen zu können, so war dies sicher nicht
Sir Stratford Ccmnings Schuld.

Wieder nach London zurückgekehrt, ging er zunächst in einem besonderen
Auftrage nach Madrid und Lissabon und später als Gesandter an Lord Heytes-
burys Stelle nach Petersburg, wo sich indeß der Kaiser Nikolaus, dem seiue
Persönlichkeit nicht sympathisch war, ihn anzunehmen weigerte, so daß er im
Januar 1834 diesen Posten niederlegte.

Nach seiner Rückkehr in die Heimat wurde er in das Unterhaus gewählt,
doch war seine parlamentarische Thätigkeit kurz und ohne besondere Bedeutung.
Wir wissen nur, daß er zuerst Old Sarum, dann Kings Lynn vertrat, daß er
1836 gegen die Occupation Krakaus durch die Oesterreicher sprach, und daß er
das Jahr darauf den Antrag Hardinges gegen die Einmischung Englands in
die spanischen Wirren unterstützte.

Das Ministerium Peel bot ihm in Anerkennung seiner Eigenschaften und
Verdienste zweimal den Posten eines Generalgouverneurs von Kanada an,
aber beide Male lehnte er ab, hauptsächlich, weil er sich weniger für die west¬
lichen, als für die östlichen Fragen der britischen Politik interessirte und sich
letzteren mehr als ersteren gewachsen fühlte. Aber erst im Jahre 1841 erhielt er
von Sir Robert Peel wieder die Stellung eines Botschafters Großbritanniens
am Hofe des Sultaus.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/396>, abgerufen am 23.07.2024.