Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

rung aber sei dieser Theil auf die unmittelbar am Wasser liegenden Strecken zu
beschränken, und die eigentliche Stadt müsse in den freien Verkehr mit dem Hinter¬
kante und seinen 42 Millionen Einwohnern eintreten. Man sei auf Seiten des
Reiches bereit, Hamburg entgegenzukommen, nur solle man sich hier nicht der
Einbildung hingeben, daß man warten werde, bis es den Behörden des Frei¬
staats einmal zweckmäßig erscheine, einen Theil seines Gebietes anzuschließen.
Aus diesem Grunde werde Hamburg von jetzt an nicht mehr mit dem Vorschlage
von Enquöten kommen dürfen; denn der kautschukartige Charakter, der den
Gründen und der Zeitdauer solcher Erörterungen und Untersuchungen anhafte,
sei in Berlin vollständig bekannt. Versäume Hamburg, den Anschluß zu bean¬
tragen, und sich für denselben die ihm wünschenswerthen Zugeständnisse zu ver¬
schaffen, so könne das Reich eines Tages genöthigt sein, den Gegenstand selb¬
ständig zu erledigen. Die Angelegenheit der Zollabfertigung auf der unteren
Elbe werde ganz so wie die Freihafenstellung Hamburgs von der Regierung
Preußens und des Reiches auch als Frage der hohen Politik angesehen. Die
Elbe sei ein deutscher und in seinem unteren Laufe preußischer Strom, der
nicht zugleich anderen Nationen gehöre.

In Betreff der staatsrechtlichen Seite der Angelegenheit erklärte der Minister
noch, daß er sich sowohl in einer Unterredung, die er kürzlich in Friedrichsruh
mit dem Reichskanzler gehabt, als auch aus den sich auf die Reichsverfassung
beziehenden Aufzeichnungen desselben überzeugt habe, daß die Freihafeustellung
der Hansestädte zur Zeit der Gewühruug dieses Zugeständnisses von allen Seiten
als eine provisorische aufgefaßt worden sei, daß das einheitliche Reich in zoll¬
politischer Hinsicht das letzte Ziel gewesen, und daß dem Bundesrathe nach der
Verfassung die Befugniß zustehe, die Grenzen des Freihafengebietes festzustellen.
Habe sich in der Zwischenzeit in den Hansestädten die Meinung ausgebildet,
die wirthschaftliche Ausnahmestellung derselben sei von dauerndem Charakter,
so beruhe das auf grober Verkennung der thatsächlichen Verhältnisse. Bei
solcher Lage der Dinge sei das Reich, beziehungsweise Preußen, fest entschlossen,
die ihm aus der Reichsverfassung erwachsenden Rechte durchaus zur Geltung
zu bringen.

Wir haben Ursache, zu glauben, daß das Comite den Minister recht ver¬
standen und seine Aeußerungen in allen wesentlichen Stücken genau wieder¬
gegeben hat, und wir denken, daß dies recht deutlich gesprochen heißt.




rung aber sei dieser Theil auf die unmittelbar am Wasser liegenden Strecken zu
beschränken, und die eigentliche Stadt müsse in den freien Verkehr mit dem Hinter¬
kante und seinen 42 Millionen Einwohnern eintreten. Man sei auf Seiten des
Reiches bereit, Hamburg entgegenzukommen, nur solle man sich hier nicht der
Einbildung hingeben, daß man warten werde, bis es den Behörden des Frei¬
staats einmal zweckmäßig erscheine, einen Theil seines Gebietes anzuschließen.
Aus diesem Grunde werde Hamburg von jetzt an nicht mehr mit dem Vorschlage
von Enquöten kommen dürfen; denn der kautschukartige Charakter, der den
Gründen und der Zeitdauer solcher Erörterungen und Untersuchungen anhafte,
sei in Berlin vollständig bekannt. Versäume Hamburg, den Anschluß zu bean¬
tragen, und sich für denselben die ihm wünschenswerthen Zugeständnisse zu ver¬
schaffen, so könne das Reich eines Tages genöthigt sein, den Gegenstand selb¬
ständig zu erledigen. Die Angelegenheit der Zollabfertigung auf der unteren
Elbe werde ganz so wie die Freihafenstellung Hamburgs von der Regierung
Preußens und des Reiches auch als Frage der hohen Politik angesehen. Die
Elbe sei ein deutscher und in seinem unteren Laufe preußischer Strom, der
nicht zugleich anderen Nationen gehöre.

In Betreff der staatsrechtlichen Seite der Angelegenheit erklärte der Minister
noch, daß er sich sowohl in einer Unterredung, die er kürzlich in Friedrichsruh
mit dem Reichskanzler gehabt, als auch aus den sich auf die Reichsverfassung
beziehenden Aufzeichnungen desselben überzeugt habe, daß die Freihafeustellung
der Hansestädte zur Zeit der Gewühruug dieses Zugeständnisses von allen Seiten
als eine provisorische aufgefaßt worden sei, daß das einheitliche Reich in zoll¬
politischer Hinsicht das letzte Ziel gewesen, und daß dem Bundesrathe nach der
Verfassung die Befugniß zustehe, die Grenzen des Freihafengebietes festzustellen.
Habe sich in der Zwischenzeit in den Hansestädten die Meinung ausgebildet,
die wirthschaftliche Ausnahmestellung derselben sei von dauerndem Charakter,
so beruhe das auf grober Verkennung der thatsächlichen Verhältnisse. Bei
solcher Lage der Dinge sei das Reich, beziehungsweise Preußen, fest entschlossen,
die ihm aus der Reichsverfassung erwachsenden Rechte durchaus zur Geltung
zu bringen.

Wir haben Ursache, zu glauben, daß das Comite den Minister recht ver¬
standen und seine Aeußerungen in allen wesentlichen Stücken genau wieder¬
gegeben hat, und wir denken, daß dies recht deutlich gesprochen heißt.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0256" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147350"/>
          <p xml:id="ID_670" prev="#ID_669"> rung aber sei dieser Theil auf die unmittelbar am Wasser liegenden Strecken zu<lb/>
beschränken, und die eigentliche Stadt müsse in den freien Verkehr mit dem Hinter¬<lb/>
kante und seinen 42 Millionen Einwohnern eintreten. Man sei auf Seiten des<lb/>
Reiches bereit, Hamburg entgegenzukommen, nur solle man sich hier nicht der<lb/>
Einbildung hingeben, daß man warten werde, bis es den Behörden des Frei¬<lb/>
staats einmal zweckmäßig erscheine, einen Theil seines Gebietes anzuschließen.<lb/>
Aus diesem Grunde werde Hamburg von jetzt an nicht mehr mit dem Vorschlage<lb/>
von Enquöten kommen dürfen; denn der kautschukartige Charakter, der den<lb/>
Gründen und der Zeitdauer solcher Erörterungen und Untersuchungen anhafte,<lb/>
sei in Berlin vollständig bekannt. Versäume Hamburg, den Anschluß zu bean¬<lb/>
tragen, und sich für denselben die ihm wünschenswerthen Zugeständnisse zu ver¬<lb/>
schaffen, so könne das Reich eines Tages genöthigt sein, den Gegenstand selb¬<lb/>
ständig zu erledigen. Die Angelegenheit der Zollabfertigung auf der unteren<lb/>
Elbe werde ganz so wie die Freihafenstellung Hamburgs von der Regierung<lb/>
Preußens und des Reiches auch als Frage der hohen Politik angesehen. Die<lb/>
Elbe sei ein deutscher und in seinem unteren Laufe preußischer Strom, der<lb/>
nicht zugleich anderen Nationen gehöre.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_671"> In Betreff der staatsrechtlichen Seite der Angelegenheit erklärte der Minister<lb/>
noch, daß er sich sowohl in einer Unterredung, die er kürzlich in Friedrichsruh<lb/>
mit dem Reichskanzler gehabt, als auch aus den sich auf die Reichsverfassung<lb/>
beziehenden Aufzeichnungen desselben überzeugt habe, daß die Freihafeustellung<lb/>
der Hansestädte zur Zeit der Gewühruug dieses Zugeständnisses von allen Seiten<lb/>
als eine provisorische aufgefaßt worden sei, daß das einheitliche Reich in zoll¬<lb/>
politischer Hinsicht das letzte Ziel gewesen, und daß dem Bundesrathe nach der<lb/>
Verfassung die Befugniß zustehe, die Grenzen des Freihafengebietes festzustellen.<lb/>
Habe sich in der Zwischenzeit in den Hansestädten die Meinung ausgebildet,<lb/>
die wirthschaftliche Ausnahmestellung derselben sei von dauerndem Charakter,<lb/>
so beruhe das auf grober Verkennung der thatsächlichen Verhältnisse. Bei<lb/>
solcher Lage der Dinge sei das Reich, beziehungsweise Preußen, fest entschlossen,<lb/>
die ihm aus der Reichsverfassung erwachsenden Rechte durchaus zur Geltung<lb/>
zu bringen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_672"> Wir haben Ursache, zu glauben, daß das Comite den Minister recht ver¬<lb/>
standen und seine Aeußerungen in allen wesentlichen Stücken genau wieder¬<lb/>
gegeben hat, und wir denken, daß dies recht deutlich gesprochen heißt.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0256] rung aber sei dieser Theil auf die unmittelbar am Wasser liegenden Strecken zu beschränken, und die eigentliche Stadt müsse in den freien Verkehr mit dem Hinter¬ kante und seinen 42 Millionen Einwohnern eintreten. Man sei auf Seiten des Reiches bereit, Hamburg entgegenzukommen, nur solle man sich hier nicht der Einbildung hingeben, daß man warten werde, bis es den Behörden des Frei¬ staats einmal zweckmäßig erscheine, einen Theil seines Gebietes anzuschließen. Aus diesem Grunde werde Hamburg von jetzt an nicht mehr mit dem Vorschlage von Enquöten kommen dürfen; denn der kautschukartige Charakter, der den Gründen und der Zeitdauer solcher Erörterungen und Untersuchungen anhafte, sei in Berlin vollständig bekannt. Versäume Hamburg, den Anschluß zu bean¬ tragen, und sich für denselben die ihm wünschenswerthen Zugeständnisse zu ver¬ schaffen, so könne das Reich eines Tages genöthigt sein, den Gegenstand selb¬ ständig zu erledigen. Die Angelegenheit der Zollabfertigung auf der unteren Elbe werde ganz so wie die Freihafenstellung Hamburgs von der Regierung Preußens und des Reiches auch als Frage der hohen Politik angesehen. Die Elbe sei ein deutscher und in seinem unteren Laufe preußischer Strom, der nicht zugleich anderen Nationen gehöre. In Betreff der staatsrechtlichen Seite der Angelegenheit erklärte der Minister noch, daß er sich sowohl in einer Unterredung, die er kürzlich in Friedrichsruh mit dem Reichskanzler gehabt, als auch aus den sich auf die Reichsverfassung beziehenden Aufzeichnungen desselben überzeugt habe, daß die Freihafeustellung der Hansestädte zur Zeit der Gewühruug dieses Zugeständnisses von allen Seiten als eine provisorische aufgefaßt worden sei, daß das einheitliche Reich in zoll¬ politischer Hinsicht das letzte Ziel gewesen, und daß dem Bundesrathe nach der Verfassung die Befugniß zustehe, die Grenzen des Freihafengebietes festzustellen. Habe sich in der Zwischenzeit in den Hansestädten die Meinung ausgebildet, die wirthschaftliche Ausnahmestellung derselben sei von dauerndem Charakter, so beruhe das auf grober Verkennung der thatsächlichen Verhältnisse. Bei solcher Lage der Dinge sei das Reich, beziehungsweise Preußen, fest entschlossen, die ihm aus der Reichsverfassung erwachsenden Rechte durchaus zur Geltung zu bringen. Wir haben Ursache, zu glauben, daß das Comite den Minister recht ver¬ standen und seine Aeußerungen in allen wesentlichen Stücken genau wieder¬ gegeben hat, und wir denken, daß dies recht deutlich gesprochen heißt.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/256
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/256>, abgerufen am 23.07.2024.