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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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In Breslau war die Sache ruchbar geworden, und es erboten sich einige
evangelische Einwohner in einem Schreiben an die Herzogin, die junge Gräfin
heimlich ans dem Hause zu holen und nach Dresden zu bringen. Niemand
solle erfahren, durch wen es geschehen, nur wünsche man einen Empfehlungs¬
brief an einen der Dresdner Geheimräthe. Auf diesen gefährlichen Handel ließ
sich jedoch die Herzogin nicht ein. So reiste denn die junge Gräfin am dritten
Tage uach dem Eintreffen des kaiserlichen Befehls ab, nicht ohne einen Theil
der evangelischen Einwohner Breslaus in Aufregung versetzt zu haben.

In Wien wurde die Gräfin von Promnitz einem Grafen zur Beaufsichti¬
gung überwiesen, und bald wurde mit ihrer Katholisirung der Anfang gemacht.
Zuerst entfernte mau das Fräulein von Hund und die evangelischen Bedienten.
Das Fräulein war noch eine Zeit lang in Wien geblieben, um nach Drehn"
Bericht erstatten zu können, reiste aber später nach Drehna zurück, weil sie ihre
Gräfin nie mehr hatte sehen können. Diese war einem Jesuiten übergeben
worden, der trotz der Abweisung, die er erfahren hatte, die Hoffnung auf die
Bekehrung nicht aufgab, weil die Gräfin in der lutherischen Kirche noch nicht
zum Abendmahl gegangen sei. Schließlich gab sich die Kaiserin selbst Mühe,
die Gräfin zu überreden, zur katholischen Kirche überzutreten, und sie erreichte
es denn anch. Getreu der Vollmacht, welche die Kaiserin von der Mutter der,
schon in einem Schreiben vom 15. December 1724 als "neu rssolvirts Kaiser¬
liche Hofdame" bezeichneten jungen Gräfin erhalten hatte, verheirathete sie die¬
selbe mit dem katholischen Grafen Althan. Doch konnte die Gräfin den ihr
aufgezwungenen Gemahl nicht lieben; sie starb nach einigen Jahren aus Gram.
Ihre Mutter, die Gräfin Callenberg, führte während dieser Zeit ihr früheres
Leben weiter. Von le Favre erzählt man, daß er der Gräfin Callenberg soll
ausgeliefert, von dieser eingemauert und bis kurz vor seinem Tode bei Wasser
und Brod gehalten worden sein. Nach einer anderen Verston wäre er nach der
Festung Olmütz gebracht worden und dort gestorben. Die Acten des ganzen
Verfahrens in Sachen der Entführung der Gräfin von Promnitz hatte man
nach Beendigung der Zeugenvernehmungen vom Oberamte zu Breslau sich nach
Wien schicken lassen. Das Ziel, die protestantische Gräfin der katholischen Kirche
zu gewinnen, hatte man, wenn auch mit Vernichtung ihres Lebensglückes, erreicht.

Nicht so glücklich, wie in diesem Falle bei der reichen Gräfin, war man
in den meisten Fällen bei der armen Bevölkerung Schlesiens. Diese verließ
eher ihr geringes Hab und Gut und floh aus dem Lande, als daß sie von
ihrem Glauben gelassen hätte. Hierfür nur einige wenige Beispiele aus den
Fürstentümern Oppeln und Ratibor.

In Folge einer Verordnung, welche 1732 Aug. Silvius Graf von Pückler,
Freiherr und Landesältester der Fürstentümer Oppeln und Ratibor von dem


Grenzboten III. 1880. 28

In Breslau war die Sache ruchbar geworden, und es erboten sich einige
evangelische Einwohner in einem Schreiben an die Herzogin, die junge Gräfin
heimlich ans dem Hause zu holen und nach Dresden zu bringen. Niemand
solle erfahren, durch wen es geschehen, nur wünsche man einen Empfehlungs¬
brief an einen der Dresdner Geheimräthe. Auf diesen gefährlichen Handel ließ
sich jedoch die Herzogin nicht ein. So reiste denn die junge Gräfin am dritten
Tage uach dem Eintreffen des kaiserlichen Befehls ab, nicht ohne einen Theil
der evangelischen Einwohner Breslaus in Aufregung versetzt zu haben.

In Wien wurde die Gräfin von Promnitz einem Grafen zur Beaufsichti¬
gung überwiesen, und bald wurde mit ihrer Katholisirung der Anfang gemacht.
Zuerst entfernte mau das Fräulein von Hund und die evangelischen Bedienten.
Das Fräulein war noch eine Zeit lang in Wien geblieben, um nach Drehn«
Bericht erstatten zu können, reiste aber später nach Drehna zurück, weil sie ihre
Gräfin nie mehr hatte sehen können. Diese war einem Jesuiten übergeben
worden, der trotz der Abweisung, die er erfahren hatte, die Hoffnung auf die
Bekehrung nicht aufgab, weil die Gräfin in der lutherischen Kirche noch nicht
zum Abendmahl gegangen sei. Schließlich gab sich die Kaiserin selbst Mühe,
die Gräfin zu überreden, zur katholischen Kirche überzutreten, und sie erreichte
es denn anch. Getreu der Vollmacht, welche die Kaiserin von der Mutter der,
schon in einem Schreiben vom 15. December 1724 als „neu rssolvirts Kaiser¬
liche Hofdame" bezeichneten jungen Gräfin erhalten hatte, verheirathete sie die¬
selbe mit dem katholischen Grafen Althan. Doch konnte die Gräfin den ihr
aufgezwungenen Gemahl nicht lieben; sie starb nach einigen Jahren aus Gram.
Ihre Mutter, die Gräfin Callenberg, führte während dieser Zeit ihr früheres
Leben weiter. Von le Favre erzählt man, daß er der Gräfin Callenberg soll
ausgeliefert, von dieser eingemauert und bis kurz vor seinem Tode bei Wasser
und Brod gehalten worden sein. Nach einer anderen Verston wäre er nach der
Festung Olmütz gebracht worden und dort gestorben. Die Acten des ganzen
Verfahrens in Sachen der Entführung der Gräfin von Promnitz hatte man
nach Beendigung der Zeugenvernehmungen vom Oberamte zu Breslau sich nach
Wien schicken lassen. Das Ziel, die protestantische Gräfin der katholischen Kirche
zu gewinnen, hatte man, wenn auch mit Vernichtung ihres Lebensglückes, erreicht.

Nicht so glücklich, wie in diesem Falle bei der reichen Gräfin, war man
in den meisten Fällen bei der armen Bevölkerung Schlesiens. Diese verließ
eher ihr geringes Hab und Gut und floh aus dem Lande, als daß sie von
ihrem Glauben gelassen hätte. Hierfür nur einige wenige Beispiele aus den
Fürstentümern Oppeln und Ratibor.

In Folge einer Verordnung, welche 1732 Aug. Silvius Graf von Pückler,
Freiherr und Landesältester der Fürstentümer Oppeln und Ratibor von dem


Grenzboten III. 1880. 28
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[0218] In Breslau war die Sache ruchbar geworden, und es erboten sich einige evangelische Einwohner in einem Schreiben an die Herzogin, die junge Gräfin heimlich ans dem Hause zu holen und nach Dresden zu bringen. Niemand solle erfahren, durch wen es geschehen, nur wünsche man einen Empfehlungs¬ brief an einen der Dresdner Geheimräthe. Auf diesen gefährlichen Handel ließ sich jedoch die Herzogin nicht ein. So reiste denn die junge Gräfin am dritten Tage uach dem Eintreffen des kaiserlichen Befehls ab, nicht ohne einen Theil der evangelischen Einwohner Breslaus in Aufregung versetzt zu haben. In Wien wurde die Gräfin von Promnitz einem Grafen zur Beaufsichti¬ gung überwiesen, und bald wurde mit ihrer Katholisirung der Anfang gemacht. Zuerst entfernte mau das Fräulein von Hund und die evangelischen Bedienten. Das Fräulein war noch eine Zeit lang in Wien geblieben, um nach Drehn« Bericht erstatten zu können, reiste aber später nach Drehna zurück, weil sie ihre Gräfin nie mehr hatte sehen können. Diese war einem Jesuiten übergeben worden, der trotz der Abweisung, die er erfahren hatte, die Hoffnung auf die Bekehrung nicht aufgab, weil die Gräfin in der lutherischen Kirche noch nicht zum Abendmahl gegangen sei. Schließlich gab sich die Kaiserin selbst Mühe, die Gräfin zu überreden, zur katholischen Kirche überzutreten, und sie erreichte es denn anch. Getreu der Vollmacht, welche die Kaiserin von der Mutter der, schon in einem Schreiben vom 15. December 1724 als „neu rssolvirts Kaiser¬ liche Hofdame" bezeichneten jungen Gräfin erhalten hatte, verheirathete sie die¬ selbe mit dem katholischen Grafen Althan. Doch konnte die Gräfin den ihr aufgezwungenen Gemahl nicht lieben; sie starb nach einigen Jahren aus Gram. Ihre Mutter, die Gräfin Callenberg, führte während dieser Zeit ihr früheres Leben weiter. Von le Favre erzählt man, daß er der Gräfin Callenberg soll ausgeliefert, von dieser eingemauert und bis kurz vor seinem Tode bei Wasser und Brod gehalten worden sein. Nach einer anderen Verston wäre er nach der Festung Olmütz gebracht worden und dort gestorben. Die Acten des ganzen Verfahrens in Sachen der Entführung der Gräfin von Promnitz hatte man nach Beendigung der Zeugenvernehmungen vom Oberamte zu Breslau sich nach Wien schicken lassen. Das Ziel, die protestantische Gräfin der katholischen Kirche zu gewinnen, hatte man, wenn auch mit Vernichtung ihres Lebensglückes, erreicht. Nicht so glücklich, wie in diesem Falle bei der reichen Gräfin, war man in den meisten Fällen bei der armen Bevölkerung Schlesiens. Diese verließ eher ihr geringes Hab und Gut und floh aus dem Lande, als daß sie von ihrem Glauben gelassen hätte. Hierfür nur einige wenige Beispiele aus den Fürstentümern Oppeln und Ratibor. In Folge einer Verordnung, welche 1732 Aug. Silvius Graf von Pückler, Freiherr und Landesältester der Fürstentümer Oppeln und Ratibor von dem Grenzboten III. 1880. 28

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/218>, abgerufen am 23.07.2024.