Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

aufgerufen und der Obmann der betreffenden Delegation verkündet deren Stim¬
men. Die gestimmte Stimmenzahl betrug 756, mithin waren zur Ernennung
379 Stimmen nothwendig. Als beim 36. Ballot der Stimmenaufruf bis zum
Staate Wisconsin gekommen war, hatte Garfield 361 Stimmen auf sich ver¬
einigt; es fehlten ihm mithin zum Siege noch 18 Stimmen, Wisconsin aber
verfügt über 20. Die Aufregung erreichte daher ihren Höhepunkt. Garfield
selbst saß, wie ein Augenzeuge berichtet, still und ruhig auf seinem Platze, mit
der Aufzählung der Stimmen beschäftigt. Da erhob sich der Obmann der
Wisconsin-Delegation und verkündete, daß dieser Staat, der La.6Mr Le^es ge¬
nannt, seine 20 Stimmen für Garfield in die Wagschale werfe. Der Jubel,
welcher nun erfolgte, spottet aller Beschreibung. Das Orchester spielte die
Nationalhymne "Heil Columbia", und vom Ufer des Michigan - Sees her, an
welchem Chicago liegt, ertönten die Freudenschüsse der Kanonen. Durch die auf
Wisconsin folgenden Territorien und den Distrikt von Columbia erreichte Gar-
fields Votum die Hohe von 399 Stimmen; er war mithin nominirt. Granes
Stimmenzahl betrug 306, Blaines 42, Shermans 3 und Washburnes 5.

Die Unmöglichkeit einer Vereinigung der Amel-Grantmänner auf Blaine
hatte sich im Verlauf der Abstimmungen deutlich herausgestellt. Ebenso war
klar geworden, daß die Blaine-Leute nicht gewillt waren, Sherman zu unter¬
stützen. Unter diesen Umständen war nur ein Ausweg übrig, um die Nomi-
nation Granes zu verhindern. Es mußte ein neuer Candidat, ein clark dorss,
in die Schranken gebracht werden. Diese Ueberzeugung hatte sich allen Conven¬
tionsmitgliedern aufgedrängt. Als daher in dieser Beziehung einmal der Anfang
gemacht war, gab es auch kein Halten mehr. Wie ein Sturmwind brauste
es durch die mächtige Versammlung, und wie der Wind oft die auf weitem
Felde verstreut gewesenen Blätter auf einer Stelle zusammenweht, so wurden
hier die bisher vertheilten und zersplitterten Stimmen auf einen Candidaten
vereinigt. Nur die Great - Colonnen hatten uuter ihren Führern Conkling,
Cameron und Logan dem Sturm widerstanden und ihre Stellung behauptet.
Das Grantvotum war bei der letzten Abstimmung noch um zwei Stimmen
größer, als bei der ersten. Als aber der Kampf entschieden war, stellte Con¬
kling selbst den Antrag, Garfields Nomination zu einer einstimmigen zu machen.
Logan von Illinois, Hale von Maine, Harrison von Indiana und andere Dele-
gaten unterstützten diesen Antrag, und so wurde er denn auch von der Versamm¬
lung einstimmig angenommen.

Am 8. Juni, Uhr Nachmittags, trat die Convention zu einer zweiten
Sitzung zusammen, um die Nomiuatiou des Vice-Präsidenten zu vollziehen. Eine
große Anzahl von Candidaten wurde in Vorschlag gebracht, doch waren die be¬
deutendsten El ihn B. Washburne von Illinois und General Ehester A.


aufgerufen und der Obmann der betreffenden Delegation verkündet deren Stim¬
men. Die gestimmte Stimmenzahl betrug 756, mithin waren zur Ernennung
379 Stimmen nothwendig. Als beim 36. Ballot der Stimmenaufruf bis zum
Staate Wisconsin gekommen war, hatte Garfield 361 Stimmen auf sich ver¬
einigt; es fehlten ihm mithin zum Siege noch 18 Stimmen, Wisconsin aber
verfügt über 20. Die Aufregung erreichte daher ihren Höhepunkt. Garfield
selbst saß, wie ein Augenzeuge berichtet, still und ruhig auf seinem Platze, mit
der Aufzählung der Stimmen beschäftigt. Da erhob sich der Obmann der
Wisconsin-Delegation und verkündete, daß dieser Staat, der La.6Mr Le^es ge¬
nannt, seine 20 Stimmen für Garfield in die Wagschale werfe. Der Jubel,
welcher nun erfolgte, spottet aller Beschreibung. Das Orchester spielte die
Nationalhymne „Heil Columbia", und vom Ufer des Michigan - Sees her, an
welchem Chicago liegt, ertönten die Freudenschüsse der Kanonen. Durch die auf
Wisconsin folgenden Territorien und den Distrikt von Columbia erreichte Gar-
fields Votum die Hohe von 399 Stimmen; er war mithin nominirt. Granes
Stimmenzahl betrug 306, Blaines 42, Shermans 3 und Washburnes 5.

Die Unmöglichkeit einer Vereinigung der Amel-Grantmänner auf Blaine
hatte sich im Verlauf der Abstimmungen deutlich herausgestellt. Ebenso war
klar geworden, daß die Blaine-Leute nicht gewillt waren, Sherman zu unter¬
stützen. Unter diesen Umständen war nur ein Ausweg übrig, um die Nomi-
nation Granes zu verhindern. Es mußte ein neuer Candidat, ein clark dorss,
in die Schranken gebracht werden. Diese Ueberzeugung hatte sich allen Conven¬
tionsmitgliedern aufgedrängt. Als daher in dieser Beziehung einmal der Anfang
gemacht war, gab es auch kein Halten mehr. Wie ein Sturmwind brauste
es durch die mächtige Versammlung, und wie der Wind oft die auf weitem
Felde verstreut gewesenen Blätter auf einer Stelle zusammenweht, so wurden
hier die bisher vertheilten und zersplitterten Stimmen auf einen Candidaten
vereinigt. Nur die Great - Colonnen hatten uuter ihren Führern Conkling,
Cameron und Logan dem Sturm widerstanden und ihre Stellung behauptet.
Das Grantvotum war bei der letzten Abstimmung noch um zwei Stimmen
größer, als bei der ersten. Als aber der Kampf entschieden war, stellte Con¬
kling selbst den Antrag, Garfields Nomination zu einer einstimmigen zu machen.
Logan von Illinois, Hale von Maine, Harrison von Indiana und andere Dele-
gaten unterstützten diesen Antrag, und so wurde er denn auch von der Versamm¬
lung einstimmig angenommen.

Am 8. Juni, Uhr Nachmittags, trat die Convention zu einer zweiten
Sitzung zusammen, um die Nomiuatiou des Vice-Präsidenten zu vollziehen. Eine
große Anzahl von Candidaten wurde in Vorschlag gebracht, doch waren die be¬
deutendsten El ihn B. Washburne von Illinois und General Ehester A.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0172" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147266"/>
          <p xml:id="ID_451" prev="#ID_450"> aufgerufen und der Obmann der betreffenden Delegation verkündet deren Stim¬<lb/>
men. Die gestimmte Stimmenzahl betrug 756, mithin waren zur Ernennung<lb/>
379 Stimmen nothwendig. Als beim 36. Ballot der Stimmenaufruf bis zum<lb/>
Staate Wisconsin gekommen war, hatte Garfield 361 Stimmen auf sich ver¬<lb/>
einigt; es fehlten ihm mithin zum Siege noch 18 Stimmen, Wisconsin aber<lb/>
verfügt über 20. Die Aufregung erreichte daher ihren Höhepunkt. Garfield<lb/>
selbst saß, wie ein Augenzeuge berichtet, still und ruhig auf seinem Platze, mit<lb/>
der Aufzählung der Stimmen beschäftigt. Da erhob sich der Obmann der<lb/>
Wisconsin-Delegation und verkündete, daß dieser Staat, der La.6Mr Le^es ge¬<lb/>
nannt, seine 20 Stimmen für Garfield in die Wagschale werfe. Der Jubel,<lb/>
welcher nun erfolgte, spottet aller Beschreibung. Das Orchester spielte die<lb/>
Nationalhymne &#x201E;Heil Columbia", und vom Ufer des Michigan - Sees her, an<lb/>
welchem Chicago liegt, ertönten die Freudenschüsse der Kanonen. Durch die auf<lb/>
Wisconsin folgenden Territorien und den Distrikt von Columbia erreichte Gar-<lb/>
fields Votum die Hohe von 399 Stimmen; er war mithin nominirt. Granes<lb/>
Stimmenzahl betrug 306, Blaines 42, Shermans 3 und Washburnes 5.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_452"> Die Unmöglichkeit einer Vereinigung der Amel-Grantmänner auf Blaine<lb/>
hatte sich im Verlauf der Abstimmungen deutlich herausgestellt. Ebenso war<lb/>
klar geworden, daß die Blaine-Leute nicht gewillt waren, Sherman zu unter¬<lb/>
stützen. Unter diesen Umständen war nur ein Ausweg übrig, um die Nomi-<lb/>
nation Granes zu verhindern. Es mußte ein neuer Candidat, ein clark dorss,<lb/>
in die Schranken gebracht werden. Diese Ueberzeugung hatte sich allen Conven¬<lb/>
tionsmitgliedern aufgedrängt. Als daher in dieser Beziehung einmal der Anfang<lb/>
gemacht war, gab es auch kein Halten mehr. Wie ein Sturmwind brauste<lb/>
es durch die mächtige Versammlung, und wie der Wind oft die auf weitem<lb/>
Felde verstreut gewesenen Blätter auf einer Stelle zusammenweht, so wurden<lb/>
hier die bisher vertheilten und zersplitterten Stimmen auf einen Candidaten<lb/>
vereinigt. Nur die Great - Colonnen hatten uuter ihren Führern Conkling,<lb/>
Cameron und Logan dem Sturm widerstanden und ihre Stellung behauptet.<lb/>
Das Grantvotum war bei der letzten Abstimmung noch um zwei Stimmen<lb/>
größer, als bei der ersten. Als aber der Kampf entschieden war, stellte Con¬<lb/>
kling selbst den Antrag, Garfields Nomination zu einer einstimmigen zu machen.<lb/>
Logan von Illinois, Hale von Maine, Harrison von Indiana und andere Dele-<lb/>
gaten unterstützten diesen Antrag, und so wurde er denn auch von der Versamm¬<lb/>
lung einstimmig angenommen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_453" next="#ID_454"> Am 8. Juni, Uhr Nachmittags, trat die Convention zu einer zweiten<lb/>
Sitzung zusammen, um die Nomiuatiou des Vice-Präsidenten zu vollziehen. Eine<lb/>
große Anzahl von Candidaten wurde in Vorschlag gebracht, doch waren die be¬<lb/>
deutendsten El ihn B. Washburne von Illinois und General Ehester A.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0172] aufgerufen und der Obmann der betreffenden Delegation verkündet deren Stim¬ men. Die gestimmte Stimmenzahl betrug 756, mithin waren zur Ernennung 379 Stimmen nothwendig. Als beim 36. Ballot der Stimmenaufruf bis zum Staate Wisconsin gekommen war, hatte Garfield 361 Stimmen auf sich ver¬ einigt; es fehlten ihm mithin zum Siege noch 18 Stimmen, Wisconsin aber verfügt über 20. Die Aufregung erreichte daher ihren Höhepunkt. Garfield selbst saß, wie ein Augenzeuge berichtet, still und ruhig auf seinem Platze, mit der Aufzählung der Stimmen beschäftigt. Da erhob sich der Obmann der Wisconsin-Delegation und verkündete, daß dieser Staat, der La.6Mr Le^es ge¬ nannt, seine 20 Stimmen für Garfield in die Wagschale werfe. Der Jubel, welcher nun erfolgte, spottet aller Beschreibung. Das Orchester spielte die Nationalhymne „Heil Columbia", und vom Ufer des Michigan - Sees her, an welchem Chicago liegt, ertönten die Freudenschüsse der Kanonen. Durch die auf Wisconsin folgenden Territorien und den Distrikt von Columbia erreichte Gar- fields Votum die Hohe von 399 Stimmen; er war mithin nominirt. Granes Stimmenzahl betrug 306, Blaines 42, Shermans 3 und Washburnes 5. Die Unmöglichkeit einer Vereinigung der Amel-Grantmänner auf Blaine hatte sich im Verlauf der Abstimmungen deutlich herausgestellt. Ebenso war klar geworden, daß die Blaine-Leute nicht gewillt waren, Sherman zu unter¬ stützen. Unter diesen Umständen war nur ein Ausweg übrig, um die Nomi- nation Granes zu verhindern. Es mußte ein neuer Candidat, ein clark dorss, in die Schranken gebracht werden. Diese Ueberzeugung hatte sich allen Conven¬ tionsmitgliedern aufgedrängt. Als daher in dieser Beziehung einmal der Anfang gemacht war, gab es auch kein Halten mehr. Wie ein Sturmwind brauste es durch die mächtige Versammlung, und wie der Wind oft die auf weitem Felde verstreut gewesenen Blätter auf einer Stelle zusammenweht, so wurden hier die bisher vertheilten und zersplitterten Stimmen auf einen Candidaten vereinigt. Nur die Great - Colonnen hatten uuter ihren Führern Conkling, Cameron und Logan dem Sturm widerstanden und ihre Stellung behauptet. Das Grantvotum war bei der letzten Abstimmung noch um zwei Stimmen größer, als bei der ersten. Als aber der Kampf entschieden war, stellte Con¬ kling selbst den Antrag, Garfields Nomination zu einer einstimmigen zu machen. Logan von Illinois, Hale von Maine, Harrison von Indiana und andere Dele- gaten unterstützten diesen Antrag, und so wurde er denn auch von der Versamm¬ lung einstimmig angenommen. Am 8. Juni, Uhr Nachmittags, trat die Convention zu einer zweiten Sitzung zusammen, um die Nomiuatiou des Vice-Präsidenten zu vollziehen. Eine große Anzahl von Candidaten wurde in Vorschlag gebracht, doch waren die be¬ deutendsten El ihn B. Washburne von Illinois und General Ehester A.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/172
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/172>, abgerufen am 23.07.2024.