Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.und so manchen andern kennen, um meinen Schmerz zu theilen." schweren In seinem zweiten Dresdener Aufenthalte beschäftigten Krause neben dem und so manchen andern kennen, um meinen Schmerz zu theilen." schweren In seinem zweiten Dresdener Aufenthalte beschäftigten Krause neben dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0293" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146222"/> <p xml:id="ID_814" prev="#ID_813"> und so manchen andern kennen, um meinen Schmerz zu theilen." schweren<lb/> Herzens langte er am 5. October 1815 wieder in Dresden an.</p><lb/> <p xml:id="ID_815" next="#ID_816"> In seinem zweiten Dresdener Aufenthalte beschäftigten Krause neben dem<lb/> „Urwortthume" verschiedene andre Entwürfe, die aber alle nur zum kleinsten<lb/> Theile zur Ausführung kamen. Insbesondere fesselten ihn sprachliche Studien,<lb/> deren Frucht u. a. ein Aufsatz „Ueber die Würde der deutschen Sprache" war<lb/> (erschienen Ostern 1816); daneben beschäftigten ihn Aufsätze über die Wissenschaft¬<lb/> sprache; über den Begriff des Sprachgebrauchs und dessen Rechte; über die<lb/> sogenannte allgemeine Sprache überhaupt, über die Ton- und Schriftsprache<lb/> insbesondere, u. ahnt. Daß er bei diesen Studien auf dem richtigen Wege war,<lb/> sieht man daraus, daß er, was damals noch ziemlich neu war, das Sanskrit<lb/> „als die Mutter unserer Ursprache" erkannte und fleißig studirte und, wie er<lb/> am 14. Mai 1816 an seinen Vater schreibt, auch das Altpersische zur Vergleichung<lb/> heranzog. Es ist bekannt, daß Krauses Streben dahin ging, die Fremdwörter<lb/> aus der deutschen Sprache auszumerzen und unter entwickelnder Weiterbildung<lb/> deutscher Wurzeln, die er „Urlinge" nannte, durch deutsche zu ersetzen, ins¬<lb/> besondere die in der Wissenschaftsprache üblichen fremden tsrrrnni tsotinioi durch<lb/> deutsche Namen zu verdrängen und so eine deutsche Wissenschaftsprache zu schaffen.<lb/> Auch die Orthographie suchte er, von Adelung ausgehend, zu reformiren. Sein<lb/> Freund Bauer in Potsdam tadelte in feinem Urtheile über das „Urwortthum",<lb/> dessen NichtHerausgabe er für einen unersetzlichen Verlust für die Sprache ansah,<lb/> nur das eine, daß er darin nicht durchaus Adelung folgen wolle, und schrieb:<lb/> „Wenn gleich der Sprachgebrauch kein Tyrann ist, der ewig unbedingt Gehorsam<lb/> heischen kann, so darf man sich ihm doch nicht eigenmächtig ganz entziehen,<lb/> wenn man nicht den Zweck alles Sprechens und Schreibens, bei Hörer und<lb/> Leser Eingang zu finden, wenigstens zum Theil verfehlen will. Darum ist es<lb/> ernste Sache des Sprachforschers, den Gebrauch streng zu untersuchen, auf seine<lb/> Mängel, Fehler und Häßlichkeiten aufmerksam zu machen und Vorschläge zur<lb/> Besserung zu thun. Diese Vorschläge darf aber der Sprachlehrer nicht gleich<lb/> für durchaus nothwendig zur Annahme halten, und ihnen deswegen sofort selbst<lb/> folgen, sondern er muß diese Annahme ungezwungen dem Volke und den be¬<lb/> deutendsten Schriftstellern desselben überlassen, durch welche ja auch, namentlich<lb/> bei uns sehr viele wahre Besserungen des bisherigen Sprach- und Schreib¬<lb/> gebrauchs allgemein oder doch bei einem großen Theile unsers Volkes eingeführt<lb/> worden sind." Hierzu bemerkte Krause: „Diese Sätze drücken genau meine<lb/> Ueberzeugung und Absicht aus; gerade deshalb will ich in dem Urwortthum<lb/> den gewöhnlichen Schreibegebrauch beibehalten, und wenn ich auch aus Ueber¬<lb/> zeugung neugebildete Kunstwörter in meinen Vortrag einwebe, so werden sie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0293]
und so manchen andern kennen, um meinen Schmerz zu theilen." schweren
Herzens langte er am 5. October 1815 wieder in Dresden an.
In seinem zweiten Dresdener Aufenthalte beschäftigten Krause neben dem
„Urwortthume" verschiedene andre Entwürfe, die aber alle nur zum kleinsten
Theile zur Ausführung kamen. Insbesondere fesselten ihn sprachliche Studien,
deren Frucht u. a. ein Aufsatz „Ueber die Würde der deutschen Sprache" war
(erschienen Ostern 1816); daneben beschäftigten ihn Aufsätze über die Wissenschaft¬
sprache; über den Begriff des Sprachgebrauchs und dessen Rechte; über die
sogenannte allgemeine Sprache überhaupt, über die Ton- und Schriftsprache
insbesondere, u. ahnt. Daß er bei diesen Studien auf dem richtigen Wege war,
sieht man daraus, daß er, was damals noch ziemlich neu war, das Sanskrit
„als die Mutter unserer Ursprache" erkannte und fleißig studirte und, wie er
am 14. Mai 1816 an seinen Vater schreibt, auch das Altpersische zur Vergleichung
heranzog. Es ist bekannt, daß Krauses Streben dahin ging, die Fremdwörter
aus der deutschen Sprache auszumerzen und unter entwickelnder Weiterbildung
deutscher Wurzeln, die er „Urlinge" nannte, durch deutsche zu ersetzen, ins¬
besondere die in der Wissenschaftsprache üblichen fremden tsrrrnni tsotinioi durch
deutsche Namen zu verdrängen und so eine deutsche Wissenschaftsprache zu schaffen.
Auch die Orthographie suchte er, von Adelung ausgehend, zu reformiren. Sein
Freund Bauer in Potsdam tadelte in feinem Urtheile über das „Urwortthum",
dessen NichtHerausgabe er für einen unersetzlichen Verlust für die Sprache ansah,
nur das eine, daß er darin nicht durchaus Adelung folgen wolle, und schrieb:
„Wenn gleich der Sprachgebrauch kein Tyrann ist, der ewig unbedingt Gehorsam
heischen kann, so darf man sich ihm doch nicht eigenmächtig ganz entziehen,
wenn man nicht den Zweck alles Sprechens und Schreibens, bei Hörer und
Leser Eingang zu finden, wenigstens zum Theil verfehlen will. Darum ist es
ernste Sache des Sprachforschers, den Gebrauch streng zu untersuchen, auf seine
Mängel, Fehler und Häßlichkeiten aufmerksam zu machen und Vorschläge zur
Besserung zu thun. Diese Vorschläge darf aber der Sprachlehrer nicht gleich
für durchaus nothwendig zur Annahme halten, und ihnen deswegen sofort selbst
folgen, sondern er muß diese Annahme ungezwungen dem Volke und den be¬
deutendsten Schriftstellern desselben überlassen, durch welche ja auch, namentlich
bei uns sehr viele wahre Besserungen des bisherigen Sprach- und Schreib¬
gebrauchs allgemein oder doch bei einem großen Theile unsers Volkes eingeführt
worden sind." Hierzu bemerkte Krause: „Diese Sätze drücken genau meine
Ueberzeugung und Absicht aus; gerade deshalb will ich in dem Urwortthum
den gewöhnlichen Schreibegebrauch beibehalten, und wenn ich auch aus Ueber¬
zeugung neugebildete Kunstwörter in meinen Vortrag einwebe, so werden sie
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