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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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Theil aus Ziegeln der 13. Legion, sind längs der ganzen Terrainsenkung an
der Rothenthurmgasse gefunden worden, andere von derselben Construction im
Westen an der Salvatorgasse. Die Front der Castra stand natürlich dem
Feinde zugekehrt nach dem Donauccmale; dorthin führte dann auch die via
xrÄötvria, die in der xorrs, xiAstoris, mündete; die via MiioixÄlis lief von
West nach Ost an dem xrg.ötoriuin vorüber, und sie ist dann, da derartige
Hauptlinien nicht verlassen werden, eben weil sie die kürzesten sind, sehr wahr¬
scheinlich im wesentlichen identisch mit der Wipplinger Straße und dem hohen
Markte, welche in ihrer östlichen Fortsetzung schließlich in die alte "Landstraße",
d. h. die große Linie nach Carnuntum auslaufen, westlich aber in die Währinger
Straße und damit die Heerstraße längs der Donau übergehen. Dann lag das
Prätorium südlich vom hohen Markte, und in der That haben sich hier bei den
Arbeiten für die Herstellung der Hochquellenwasserleitung in den Jahren 1871/4
gewaltige Mauerreste aus mächtigen Werkstücken sammt einem Hyvokaustum
aus Legionsziegeln gefunden. Nach diesen wurde der Bau durch die 13. Legion,
also vor Trajan, aufgeführt, ebenso wie andere massive Gebäude, wie die zahl¬
reichen Ziegeln eben dieser Legion im ganzen Umkreise der Castra beweisen,
ohne daß freilich irgendwie Näheres über diese Anlagen sich feststellen ließe.

An Stelle der 13. trat dann seit Trajan die 10. Legion, die nunmehr
dauernd in Vindobona verblieb. Sie restaurirte die Heizungsanlagen des
Prätoriums und muß auch sonst mannigfache Herstellungs- und Ergänzungs¬
bauten geliefert haben, da Ziegel mit ihrem Stempel sehr häufig vorkommen.
Auch Grabsteine und Widmungen an die Götter von Offizieren und Soldaten
dieser Truppe sind in ansehnlicher Zahl vorhanden, während von der 13. Legion
sich nur ein einziges Denkmal zu Meldung gefunden hat.

Auch an dies Lager hat sich eine bürgerliche Niederlassung gelehnt. Analog
der von Carnuntum entstand sie auf Grund einer längst existirenden keltischen
Ansiedlung, wie der Name Vindobona d- h. Weißenfeld, beweist. M. Aurel
verwandelte sie dann in ein Municipium. Wo es gelegen, läßt sich mit Be¬
stimmtheit nicht mehr oder noch nicht feststellen. An die Castra konnte die Stadt
unmittelbar natürlich aus militärischen Gründen sich nicht entschließen; auf dein
Boden der heutigen inneren Stadt konnte sie weder im Süden noch im Osten
des Lagers liegen, denn in der Richtung der Herrengasse zog von Südwest nach
Nordost die Straße nach Scarbcmtia (Oedenburg), welche durch Reste am
Künstlerhause an der Wien und zahlreiche Grabsteine bezeugt ist; andere Steine
derart finden sich in der ganzen Gegend, östlich von der Rothenthurmstraße,
also dicht vor der Ostfront der Castra. Gräber aber wurden stets außerhalb
der Städte angelegt. Erheblichere antike Baureste haben sich nun sowohl in
der Nähe des Schottenthores und der Votivkirche gefunden, wo im Februar 1879


Theil aus Ziegeln der 13. Legion, sind längs der ganzen Terrainsenkung an
der Rothenthurmgasse gefunden worden, andere von derselben Construction im
Westen an der Salvatorgasse. Die Front der Castra stand natürlich dem
Feinde zugekehrt nach dem Donauccmale; dorthin führte dann auch die via
xrÄötvria, die in der xorrs, xiAstoris, mündete; die via MiioixÄlis lief von
West nach Ost an dem xrg.ötoriuin vorüber, und sie ist dann, da derartige
Hauptlinien nicht verlassen werden, eben weil sie die kürzesten sind, sehr wahr¬
scheinlich im wesentlichen identisch mit der Wipplinger Straße und dem hohen
Markte, welche in ihrer östlichen Fortsetzung schließlich in die alte „Landstraße",
d. h. die große Linie nach Carnuntum auslaufen, westlich aber in die Währinger
Straße und damit die Heerstraße längs der Donau übergehen. Dann lag das
Prätorium südlich vom hohen Markte, und in der That haben sich hier bei den
Arbeiten für die Herstellung der Hochquellenwasserleitung in den Jahren 1871/4
gewaltige Mauerreste aus mächtigen Werkstücken sammt einem Hyvokaustum
aus Legionsziegeln gefunden. Nach diesen wurde der Bau durch die 13. Legion,
also vor Trajan, aufgeführt, ebenso wie andere massive Gebäude, wie die zahl¬
reichen Ziegeln eben dieser Legion im ganzen Umkreise der Castra beweisen,
ohne daß freilich irgendwie Näheres über diese Anlagen sich feststellen ließe.

An Stelle der 13. trat dann seit Trajan die 10. Legion, die nunmehr
dauernd in Vindobona verblieb. Sie restaurirte die Heizungsanlagen des
Prätoriums und muß auch sonst mannigfache Herstellungs- und Ergänzungs¬
bauten geliefert haben, da Ziegel mit ihrem Stempel sehr häufig vorkommen.
Auch Grabsteine und Widmungen an die Götter von Offizieren und Soldaten
dieser Truppe sind in ansehnlicher Zahl vorhanden, während von der 13. Legion
sich nur ein einziges Denkmal zu Meldung gefunden hat.

Auch an dies Lager hat sich eine bürgerliche Niederlassung gelehnt. Analog
der von Carnuntum entstand sie auf Grund einer längst existirenden keltischen
Ansiedlung, wie der Name Vindobona d- h. Weißenfeld, beweist. M. Aurel
verwandelte sie dann in ein Municipium. Wo es gelegen, läßt sich mit Be¬
stimmtheit nicht mehr oder noch nicht feststellen. An die Castra konnte die Stadt
unmittelbar natürlich aus militärischen Gründen sich nicht entschließen; auf dein
Boden der heutigen inneren Stadt konnte sie weder im Süden noch im Osten
des Lagers liegen, denn in der Richtung der Herrengasse zog von Südwest nach
Nordost die Straße nach Scarbcmtia (Oedenburg), welche durch Reste am
Künstlerhause an der Wien und zahlreiche Grabsteine bezeugt ist; andere Steine
derart finden sich in der ganzen Gegend, östlich von der Rothenthurmstraße,
also dicht vor der Ostfront der Castra. Gräber aber wurden stets außerhalb
der Städte angelegt. Erheblichere antike Baureste haben sich nun sowohl in
der Nähe des Schottenthores und der Votivkirche gefunden, wo im Februar 1879


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/26>, abgerufen am 03.07.2024.