Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.werden, und da diese Absicht auf Widerstand stieß, mußte er in das Heimath¬ Sein erstes Bild, "Haspiuger, den Aufruhr predigend", ist in unverkenn¬ werden, und da diese Absicht auf Widerstand stieß, mußte er in das Heimath¬ Sein erstes Bild, „Haspiuger, den Aufruhr predigend", ist in unverkenn¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146663"/> <p xml:id="ID_457" prev="#ID_456"> werden, und da diese Absicht auf Widerstand stieß, mußte er in das Heimath¬<lb/> dorf zurück und sein Brot durch harte Feldarbeit verdienen. Nach anderthalb<lb/> Jahren nahm ihn sein Onkel, der zugleich Krämer war, als Ladendiener auf,<lb/> und nun fand er wenigstens Zeit, sein Talent zu entwickeln. Einige wohlge¬<lb/> lungene Porträtzeichnungen machten ihm Muth, dem Fürstbischof von Brixen,<lb/> Vincenz Gaffer, der gerade in der Nähe eine Kirche einweihte, seine Wünsche<lb/> vorzutragen. Dieser gewährte ihm großmüthig eine jährliche Unterstützung von<lb/> hundert Gulden, bis er von Innsbruck ein Stipendium erhalten würde, und so<lb/> machte sich Gahl nach München auf, wo er in die Akademie aufgenommen<lb/> wurde. Bald erhielt er auch das Stipendium, aber unter derselben Bedingung<lb/> wie Schmid. Er mußte unter Schraudolphs Leitung kirchliche Bilder malen<lb/> nud setzte es erst später durch, daß er in das Atelier Arthur v. Rambergs ein¬<lb/> treten durfte. Seine letzte Ausbildung empfing auch er bei Piloty, dessen colo-<lb/> ristische Vorzüge er sich besser angeeignet hat als Defregger und Schmid.</p><lb/> <p xml:id="ID_458" next="#ID_459"> Sein erstes Bild, „Haspiuger, den Aufruhr predigend", ist in unverkenn¬<lb/> barer Anlehnung an Defreggers Speckbacherbild entstanden. In einer niedrigen<lb/> Dorfschenke steht der leidenschaftliche Pater auf einem Schemel und feuert mit<lb/> erhobenen Händen, in der Linken das Crucifix, die Bauern zum Kampfe an.<lb/> Seine Rede hat bereits gewirkt: seine Zuhörer heben begeistert zum Zeichen<lb/> ihrer Zustimmung Hände und Stutzen empor, und befriedigt blickt Andreas<lb/> Hofer, der mit Speckbacher und dem Freiherrn v. Hormayr links an einem<lb/> Tische sitzt, auf die Kampfeslust seiner Tiroler. Die erregte Scene ist mit<lb/> größter Lebendigkeit veranschaulicht. Die electrisirende Wirkung, die von dem<lb/> feurigen Kapuziner ausgeht, spiegelt sich mit erfreulicher Mannigfaltigkeit in<lb/> den Gesichtern aller Anwesenden, selbst in denen der Frauen, welche gleichfalls<lb/> mit gespannter Aufmerksamkeit dem Redner lauschen. Die darauf folgende<lb/> „Recrutenaushebung in Tirol" that in der Charakteristik des Guten zuviel. Wie<lb/> Defregger, strebt auch Schmid hier nach größtmöglicher Energie und Schärfe,<lb/> geräth aber dabei in Uebertreibung und Carricatur. Das vermied er glücklich,<lb/> ohne die Lebendigkeit der Darstellung zu beeinträchtigen, auf dem „Unterbro¬<lb/> chenen Tanze", der ihn auch als glücklichen Humoristen einführte. Wie der<lb/> geistliche Herr da plötzlich in die Tanzgesellschaft im Wirthshause hineinplatzt,<lb/> vermuthlich zur Fastenzeit, von den einen noch unbemerkt, die lustig weiter<lb/> springen, während andere wie versteinert einhalten, wie ferner das dürre Schul¬<lb/> meisterlein kerzengrade dasteht und die Geige hinter den Rucken zu verbergen<lb/> sucht, das ist mit unübertrefflichem Humor geschildert. Die Beschränkung welt¬<lb/> licher Freuden durch geistlichen Uebereifer findet hier durch die sieghafte Macht<lb/> des Humors eine ebenso vernichtende Kritik, wie schwerere Uebergriffe der Geist¬<lb/> lichkeit auf den Bildern Schmids. Nicht so glücklich war Gahl, als er in der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0158]
werden, und da diese Absicht auf Widerstand stieß, mußte er in das Heimath¬
dorf zurück und sein Brot durch harte Feldarbeit verdienen. Nach anderthalb
Jahren nahm ihn sein Onkel, der zugleich Krämer war, als Ladendiener auf,
und nun fand er wenigstens Zeit, sein Talent zu entwickeln. Einige wohlge¬
lungene Porträtzeichnungen machten ihm Muth, dem Fürstbischof von Brixen,
Vincenz Gaffer, der gerade in der Nähe eine Kirche einweihte, seine Wünsche
vorzutragen. Dieser gewährte ihm großmüthig eine jährliche Unterstützung von
hundert Gulden, bis er von Innsbruck ein Stipendium erhalten würde, und so
machte sich Gahl nach München auf, wo er in die Akademie aufgenommen
wurde. Bald erhielt er auch das Stipendium, aber unter derselben Bedingung
wie Schmid. Er mußte unter Schraudolphs Leitung kirchliche Bilder malen
nud setzte es erst später durch, daß er in das Atelier Arthur v. Rambergs ein¬
treten durfte. Seine letzte Ausbildung empfing auch er bei Piloty, dessen colo-
ristische Vorzüge er sich besser angeeignet hat als Defregger und Schmid.
Sein erstes Bild, „Haspiuger, den Aufruhr predigend", ist in unverkenn¬
barer Anlehnung an Defreggers Speckbacherbild entstanden. In einer niedrigen
Dorfschenke steht der leidenschaftliche Pater auf einem Schemel und feuert mit
erhobenen Händen, in der Linken das Crucifix, die Bauern zum Kampfe an.
Seine Rede hat bereits gewirkt: seine Zuhörer heben begeistert zum Zeichen
ihrer Zustimmung Hände und Stutzen empor, und befriedigt blickt Andreas
Hofer, der mit Speckbacher und dem Freiherrn v. Hormayr links an einem
Tische sitzt, auf die Kampfeslust seiner Tiroler. Die erregte Scene ist mit
größter Lebendigkeit veranschaulicht. Die electrisirende Wirkung, die von dem
feurigen Kapuziner ausgeht, spiegelt sich mit erfreulicher Mannigfaltigkeit in
den Gesichtern aller Anwesenden, selbst in denen der Frauen, welche gleichfalls
mit gespannter Aufmerksamkeit dem Redner lauschen. Die darauf folgende
„Recrutenaushebung in Tirol" that in der Charakteristik des Guten zuviel. Wie
Defregger, strebt auch Schmid hier nach größtmöglicher Energie und Schärfe,
geräth aber dabei in Uebertreibung und Carricatur. Das vermied er glücklich,
ohne die Lebendigkeit der Darstellung zu beeinträchtigen, auf dem „Unterbro¬
chenen Tanze", der ihn auch als glücklichen Humoristen einführte. Wie der
geistliche Herr da plötzlich in die Tanzgesellschaft im Wirthshause hineinplatzt,
vermuthlich zur Fastenzeit, von den einen noch unbemerkt, die lustig weiter
springen, während andere wie versteinert einhalten, wie ferner das dürre Schul¬
meisterlein kerzengrade dasteht und die Geige hinter den Rucken zu verbergen
sucht, das ist mit unübertrefflichem Humor geschildert. Die Beschränkung welt¬
licher Freuden durch geistlichen Uebereifer findet hier durch die sieghafte Macht
des Humors eine ebenso vernichtende Kritik, wie schwerere Uebergriffe der Geist¬
lichkeit auf den Bildern Schmids. Nicht so glücklich war Gahl, als er in der
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