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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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viel weniger behaupten wir, daß der Unterschied im Werthe der Waaren zwischen
England und Deutschland jedesmal so bedeutend sei. Allein man nehme ein
erfolgreiches Handelsgeschäft mit dem Auslande, welches man wolle, und
man wird, sowie man auf den Kern der Sache geht, stets finden, daß eines
von zwei Dingen stattfindet"): entweder decken sich die eingeführten Waaren,
inclusive Gold und Silber, im Werthe mit den ausgeführten, ebenfalls inclusive
Gold und Silber -- und dies geschieht, wenn der auswärtige Handel aus¬
schließlich in den Händen von Fremden ist, wofür dann aber die Jmportlisten
der betreffenden Länder, wie wir oben im ersten Theile unseres Beispieles bei
den englischen Listen gesehen, um so hoher anschwellen -- oder, im andern
Falle, wenn dieser Handel ganz oder theilweise von Einheimischen ausgeübt
wird, muß der Werth der gesammten Einfuhr den der gesammten Ausfuhr
(beide Male Gold und Silber eingeschlossen) übersteigen, und zwar einfach des¬
halb, weil in diesem Falle in dem Werthe der eingeführten Waaren der Ge¬
winn und sämmtliche Unkosten des einheimischen Kaufmanns stecken.

Abgesehen von einigen scheinbaren Ausnahmen wird also unter gewissen
Bedingungen, die indeß, beiläufig gesagt, in allen civilisirten Ländern mehr oder
weniger zur Geltung kommen, die Einfuhr stets einen größeren Werth besitzen
als die Ausfuhr. Jede Waare, was es auch sei, muß, so lauge nicht mit Ver¬
lust gearbeitet wird, an dem Orte, wo man sie einführt, mehr werth sein als
dort, woher sie ausgeführt wird. Und dieses Mehr des Werthes kommt im
internationalen Handel entweder ganz in den Jmportlisten des einen Landes
zum Vorschein, oder es vertheilt sich auf beide Länder, selbstverständlich unter
der Voraussetzung, daß jene Listen richtig angefertigt werden.

Um welche Summen es sich dabei aber handelt, wird leicht verständlich,
wenn man bedenkt, daß, um nur eines zu nennen, die colossalen Mittel, welche
alljährlich im internationalen Handel für den Transport der Waaren verbraucht
werden, vollständig, mit alleiniger Ausnahme der Verluste, irgendwo als Ein¬
fuhrwerthe erscheinen müssen.

Der Unterschied im Werthe der sich gegenseitig compensirenden aus- und
eingeführten Waaren wird bei Nachbarländern, die in regem Verkehre mit ein¬
ander stehen, und zwischen denen die Geschäfte gewöhnlich rasch und sicher ab¬
gewickelt werden, in der Regel wohl nicht sehr beträchtlich sein, kann dafür aber
leicht bei Handelsunternehmungen nach entfernten Gegenden zu sehr bedeutenden
Dimensionen erwachsen. Wir wollen auch dies mit einem Beispiele veran¬
schaulichen.



Von einigen scheinbaren Ausnahmen wird in einem zweiten Artikel, der die soge¬
nannten "günstigen Handelsbilanzen" besprechen soll, die Rede sein.

viel weniger behaupten wir, daß der Unterschied im Werthe der Waaren zwischen
England und Deutschland jedesmal so bedeutend sei. Allein man nehme ein
erfolgreiches Handelsgeschäft mit dem Auslande, welches man wolle, und
man wird, sowie man auf den Kern der Sache geht, stets finden, daß eines
von zwei Dingen stattfindet"): entweder decken sich die eingeführten Waaren,
inclusive Gold und Silber, im Werthe mit den ausgeführten, ebenfalls inclusive
Gold und Silber — und dies geschieht, wenn der auswärtige Handel aus¬
schließlich in den Händen von Fremden ist, wofür dann aber die Jmportlisten
der betreffenden Länder, wie wir oben im ersten Theile unseres Beispieles bei
den englischen Listen gesehen, um so hoher anschwellen — oder, im andern
Falle, wenn dieser Handel ganz oder theilweise von Einheimischen ausgeübt
wird, muß der Werth der gesammten Einfuhr den der gesammten Ausfuhr
(beide Male Gold und Silber eingeschlossen) übersteigen, und zwar einfach des¬
halb, weil in diesem Falle in dem Werthe der eingeführten Waaren der Ge¬
winn und sämmtliche Unkosten des einheimischen Kaufmanns stecken.

Abgesehen von einigen scheinbaren Ausnahmen wird also unter gewissen
Bedingungen, die indeß, beiläufig gesagt, in allen civilisirten Ländern mehr oder
weniger zur Geltung kommen, die Einfuhr stets einen größeren Werth besitzen
als die Ausfuhr. Jede Waare, was es auch sei, muß, so lauge nicht mit Ver¬
lust gearbeitet wird, an dem Orte, wo man sie einführt, mehr werth sein als
dort, woher sie ausgeführt wird. Und dieses Mehr des Werthes kommt im
internationalen Handel entweder ganz in den Jmportlisten des einen Landes
zum Vorschein, oder es vertheilt sich auf beide Länder, selbstverständlich unter
der Voraussetzung, daß jene Listen richtig angefertigt werden.

Um welche Summen es sich dabei aber handelt, wird leicht verständlich,
wenn man bedenkt, daß, um nur eines zu nennen, die colossalen Mittel, welche
alljährlich im internationalen Handel für den Transport der Waaren verbraucht
werden, vollständig, mit alleiniger Ausnahme der Verluste, irgendwo als Ein¬
fuhrwerthe erscheinen müssen.

Der Unterschied im Werthe der sich gegenseitig compensirenden aus- und
eingeführten Waaren wird bei Nachbarländern, die in regem Verkehre mit ein¬
ander stehen, und zwischen denen die Geschäfte gewöhnlich rasch und sicher ab¬
gewickelt werden, in der Regel wohl nicht sehr beträchtlich sein, kann dafür aber
leicht bei Handelsunternehmungen nach entfernten Gegenden zu sehr bedeutenden
Dimensionen erwachsen. Wir wollen auch dies mit einem Beispiele veran¬
schaulichen.



Von einigen scheinbaren Ausnahmen wird in einem zweiten Artikel, der die soge¬
nannten „günstigen Handelsbilanzen" besprechen soll, die Rede sein.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/10>, abgerufen am 22.07.2024.