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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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liefern kann. Die warme gelbe Farbe des Sandes und das röthlich violette
Kraut weiß er mit einem gewöhnlich melancholisch gestimmten Himmel zu einer
das Gemüth tief ergreifenden Harmonie zusammenzustimmen. Mit der Land¬
schaft steht gewöhnlich eine bedeutsame Staffage in geistigem Zusammenhange.
Paul Flickel, der aus der Düsseldorfer Schule gekommen ist, schwelgt mit
Vorliebe in dem warmen Sonnenbade des italienischen Himmels, welches er
mit vollen Händen über eine üppige Vegetation ergießt. Den denkbar schärfsten
Kontrast zu diesem begeisterten Lichtfreunde bildet Carl Scherres, der nur
selten die Sonne ans seinen tieftraurig gestimmten, melancholisch gefärbten
Bildern scheinen läßt. Er ist der anerkannte Meister der Regenstimmnng, mit
dem kein anderer es innerhalb dieser seiner eigensten Domäne aufzunehmen
wagt. Steht sein "Lichtblick nach dem Gewitter" auch nicht ans gleicher Höhe
mit seiner berühmten "Ueberschwemmung in Ostpreußen", so zeigt der Reflex
des grauen Himmels auf der Oberfläche des leicht bewegten Wassers doch die¬
selbe unvergleichliche Virtuosität malerischer Behandlung, während zwei kleine
märkische Landschaften "Trüber Tag" und "Klarer Abend" dem Beschauer
intime Reize enthüllen, welche an Claude Lorrain erinnern. Mit letzterem ist
auch Bernewitz v. Loefen in der Stimmung verwandt, der die Motive zu
seinen Frühlings- und Herbstlandschaften ebenfalls der mit Unrecht so arg ver¬
ketzerten Mark abgewinnt.

Auch Lutteroth in Hamburg. Flaum in Düsseldorf, Schampheleer
in Brüssel, Hertel und Pape in Berlin sind mit ausgezeichneten Landschaften
vertreten. Den Uebergang von den Landschaftern zu deu Thiermalern bildet
Christian Kron er in Düsseldorf, der seine stimmungsvollen, durch fein abge¬
tönte Lnftperspektiveu fesselnden Landschaftsbilder gewöhnlich mit Hoch- und
Schwarzwild belebt, dessen lebendige und charakteristische Darstellung auf ein
eingehendes und tiefes Studium der Thierwelt zurückweist. Eine "Szene bei
einem eingestellten Jagen auf Wildsauen" -- ein Hirsch setzt mit mächtigem
Sprunge über ein Rudel Sauen und das Drahtgitter des Geheges hinweg --
ist von höchster Lebendigkeit und Wahrheit in der Erfassung des erregten
Momentes. Paul Meyerheim hat mit seinem virtuos gemalten Kuhstall
schon im ersten Artikel Erwähnung gefunden. Brendel, der Schafmaler, und
Steffeck, der Raffael des Sports, sind die tüchtigen Alten geblieben. Unter
den Architekturmalern steht Christian Wilberg mit einem Interieur aus der
Markuskirche in Venedig obenan, obwohl auch Carl Graeb und Adolf Seel
mit Werken erster Qualität vertreten sind. Wilberg beherrscht die Farbe und
das Licht mit größerer Virtuosität als die letzteren beiden, die ihre Kraft be¬
sonders auf liebevolle Ausführung des architektonischen Details richten. Hermann
Krabbes in Karlsruhe, einer unserer bedeutendsten Aquarellisten, reiht sich


liefern kann. Die warme gelbe Farbe des Sandes und das röthlich violette
Kraut weiß er mit einem gewöhnlich melancholisch gestimmten Himmel zu einer
das Gemüth tief ergreifenden Harmonie zusammenzustimmen. Mit der Land¬
schaft steht gewöhnlich eine bedeutsame Staffage in geistigem Zusammenhange.
Paul Flickel, der aus der Düsseldorfer Schule gekommen ist, schwelgt mit
Vorliebe in dem warmen Sonnenbade des italienischen Himmels, welches er
mit vollen Händen über eine üppige Vegetation ergießt. Den denkbar schärfsten
Kontrast zu diesem begeisterten Lichtfreunde bildet Carl Scherres, der nur
selten die Sonne ans seinen tieftraurig gestimmten, melancholisch gefärbten
Bildern scheinen läßt. Er ist der anerkannte Meister der Regenstimmnng, mit
dem kein anderer es innerhalb dieser seiner eigensten Domäne aufzunehmen
wagt. Steht sein „Lichtblick nach dem Gewitter" auch nicht ans gleicher Höhe
mit seiner berühmten „Ueberschwemmung in Ostpreußen", so zeigt der Reflex
des grauen Himmels auf der Oberfläche des leicht bewegten Wassers doch die¬
selbe unvergleichliche Virtuosität malerischer Behandlung, während zwei kleine
märkische Landschaften „Trüber Tag" und „Klarer Abend" dem Beschauer
intime Reize enthüllen, welche an Claude Lorrain erinnern. Mit letzterem ist
auch Bernewitz v. Loefen in der Stimmung verwandt, der die Motive zu
seinen Frühlings- und Herbstlandschaften ebenfalls der mit Unrecht so arg ver¬
ketzerten Mark abgewinnt.

Auch Lutteroth in Hamburg. Flaum in Düsseldorf, Schampheleer
in Brüssel, Hertel und Pape in Berlin sind mit ausgezeichneten Landschaften
vertreten. Den Uebergang von den Landschaftern zu deu Thiermalern bildet
Christian Kron er in Düsseldorf, der seine stimmungsvollen, durch fein abge¬
tönte Lnftperspektiveu fesselnden Landschaftsbilder gewöhnlich mit Hoch- und
Schwarzwild belebt, dessen lebendige und charakteristische Darstellung auf ein
eingehendes und tiefes Studium der Thierwelt zurückweist. Eine „Szene bei
einem eingestellten Jagen auf Wildsauen" — ein Hirsch setzt mit mächtigem
Sprunge über ein Rudel Sauen und das Drahtgitter des Geheges hinweg —
ist von höchster Lebendigkeit und Wahrheit in der Erfassung des erregten
Momentes. Paul Meyerheim hat mit seinem virtuos gemalten Kuhstall
schon im ersten Artikel Erwähnung gefunden. Brendel, der Schafmaler, und
Steffeck, der Raffael des Sports, sind die tüchtigen Alten geblieben. Unter
den Architekturmalern steht Christian Wilberg mit einem Interieur aus der
Markuskirche in Venedig obenan, obwohl auch Carl Graeb und Adolf Seel
mit Werken erster Qualität vertreten sind. Wilberg beherrscht die Farbe und
das Licht mit größerer Virtuosität als die letzteren beiden, die ihre Kraft be¬
sonders auf liebevolle Ausführung des architektonischen Details richten. Hermann
Krabbes in Karlsruhe, einer unserer bedeutendsten Aquarellisten, reiht sich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/40>, abgerufen am 23.07.2024.