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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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lebendig gezeichneten Gefechtsmomenten aus dem deutsch-französischen Kriege,
Christian Maki (zwei Landschaften vom Chien- und Starnbergersee). Die
süddeutsche Beweglichkeit, den spezifisch Münchener Humor vertritt unter ihnen
nur ein einziger, Heinrich Schaumann, mit einem ziemlich umfangreichen
Genrebilde, welches einen "schwäbischen Hahnentanz" mit zahlreichen Figuren
in Kostümen der Zopfzeit darstellt. Mit keckem Humor ist das lustige Gewirr
der sich in wilden Sprüngen emporschwenkenden Dirnen und Burschen geschildert,
mit großem Fleiß ist alles Kostümliche behandelt, und eine gesunde, kräftige,
nirgends ins Bunte gehende Färbung verleiht dem Ganzen trotz seines unruhigen
Lebens Haltung und Harmonie.

Wenn wir unter den Genremalern noch eine flüchtige Nachlese halten
wollen, so wären zwei venetianische Bilder von Carl Becker, in seiner bekannten
flotten Manier hingeworfen, vier geistreich gezeichnete und harmonisch gefärbte
dekorative Malereien von Norbert Schrödl in Berlin, welche das Thema
"Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang" variiren, und eine drollige Gebirgsszene
von Hans Da si, eine Sennerin auf der Alp, die vor einem Maler davon
läuft, zwei humoristische Rokokobilder und ein durch höchst subtile Pinselfüh¬
rung und feine Beleuchtung sich auszeichnendes Jeterieur von Fritz Werner
und eine junge Dame im Kostüm des 17. Jahrhunderts, ein Kabinetsstück Z, Is,
Terburg und Netscher von Ernst Anders in Düsseldorf zu erwähnen.

Noch bedeutendere Trümpfe haben die Landschaftsmaler ausgespielt, an
ihrer Spitze das große Brüderpaar in Düsseldorf, Andreas und Oswald
Ueberhand, welche in der Darstellung menschlichen Lebens und Webens den
Kommentar zu der geheimnißvollen Sprache des Naturganzen gefunden haben.
Oswald Achenbachs Blick von Santa Lucia in Neapel auf den Golf und den
Vesuv bei der doppelten Beleuchtung des Mondes und der Flambeaux an dem
menschenbelebten Quai ist ein Wunderwerk poesievollster Lichteffekte. Zu dem
bewegten Treiben des phantastisch gekleideten Volks und der eleganten Touristen,
die sich um einen Jmprovisator schaaren, bildet die schweigende Majestät der
mondbeglänzten Meeresfläche und der in düstrer Hoheit thronende Berg einen
wirksamen Kontrast. Mit welcher Meisterschaft hat der große Realist der
Farbe, der doch im Grunde ein begeisterter Romantiker ist, den Kampf des
silbernen Mondlichts mit der gelbrothen Gluth der Fackeln dargestellt! Und
wie souverän beherrscht derselbe Künstler auf einem zweiten Bilde von nicht
geringerer Wirkung, "Villa bei Rom", alle Effekte des Sonnenlichts, welches
durch die hohen Bäume des Parks dringt, die Figuren mit einem Gespinnste
goldener Fäden umwebt und am Ende die Mauern der Landhäuser in breite
Fluthen von Purpur taucht. Andreas hat wieder in zwei grandiosen Mariner,
deren Motive aus Ostende und von der holländischen Küste entlehnt sind, den


lebendig gezeichneten Gefechtsmomenten aus dem deutsch-französischen Kriege,
Christian Maki (zwei Landschaften vom Chien- und Starnbergersee). Die
süddeutsche Beweglichkeit, den spezifisch Münchener Humor vertritt unter ihnen
nur ein einziger, Heinrich Schaumann, mit einem ziemlich umfangreichen
Genrebilde, welches einen „schwäbischen Hahnentanz" mit zahlreichen Figuren
in Kostümen der Zopfzeit darstellt. Mit keckem Humor ist das lustige Gewirr
der sich in wilden Sprüngen emporschwenkenden Dirnen und Burschen geschildert,
mit großem Fleiß ist alles Kostümliche behandelt, und eine gesunde, kräftige,
nirgends ins Bunte gehende Färbung verleiht dem Ganzen trotz seines unruhigen
Lebens Haltung und Harmonie.

Wenn wir unter den Genremalern noch eine flüchtige Nachlese halten
wollen, so wären zwei venetianische Bilder von Carl Becker, in seiner bekannten
flotten Manier hingeworfen, vier geistreich gezeichnete und harmonisch gefärbte
dekorative Malereien von Norbert Schrödl in Berlin, welche das Thema
„Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang" variiren, und eine drollige Gebirgsszene
von Hans Da si, eine Sennerin auf der Alp, die vor einem Maler davon
läuft, zwei humoristische Rokokobilder und ein durch höchst subtile Pinselfüh¬
rung und feine Beleuchtung sich auszeichnendes Jeterieur von Fritz Werner
und eine junge Dame im Kostüm des 17. Jahrhunderts, ein Kabinetsstück Z, Is,
Terburg und Netscher von Ernst Anders in Düsseldorf zu erwähnen.

Noch bedeutendere Trümpfe haben die Landschaftsmaler ausgespielt, an
ihrer Spitze das große Brüderpaar in Düsseldorf, Andreas und Oswald
Ueberhand, welche in der Darstellung menschlichen Lebens und Webens den
Kommentar zu der geheimnißvollen Sprache des Naturganzen gefunden haben.
Oswald Achenbachs Blick von Santa Lucia in Neapel auf den Golf und den
Vesuv bei der doppelten Beleuchtung des Mondes und der Flambeaux an dem
menschenbelebten Quai ist ein Wunderwerk poesievollster Lichteffekte. Zu dem
bewegten Treiben des phantastisch gekleideten Volks und der eleganten Touristen,
die sich um einen Jmprovisator schaaren, bildet die schweigende Majestät der
mondbeglänzten Meeresfläche und der in düstrer Hoheit thronende Berg einen
wirksamen Kontrast. Mit welcher Meisterschaft hat der große Realist der
Farbe, der doch im Grunde ein begeisterter Romantiker ist, den Kampf des
silbernen Mondlichts mit der gelbrothen Gluth der Fackeln dargestellt! Und
wie souverän beherrscht derselbe Künstler auf einem zweiten Bilde von nicht
geringerer Wirkung, „Villa bei Rom", alle Effekte des Sonnenlichts, welches
durch die hohen Bäume des Parks dringt, die Figuren mit einem Gespinnste
goldener Fäden umwebt und am Ende die Mauern der Landhäuser in breite
Fluthen von Purpur taucht. Andreas hat wieder in zwei grandiosen Mariner,
deren Motive aus Ostende und von der holländischen Küste entlehnt sind, den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/38>, abgerufen am 23.07.2024.