Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.rung hatte er dem Kurfürsten zuvor in einem längeren Schriftstücke mitgetheilt, Das Fürstenthum Erfurt war feit 1664 endgiltig dem Stifte Mainz unter¬ Der lange Aufenthalt in Erfurt brachte Dalberg auch in Verbindung mit rung hatte er dem Kurfürsten zuvor in einem längeren Schriftstücke mitgetheilt, Das Fürstenthum Erfurt war feit 1664 endgiltig dem Stifte Mainz unter¬ Der lange Aufenthalt in Erfurt brachte Dalberg auch in Verbindung mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0352" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/143407"/> <p xml:id="ID_1059" prev="#ID_1058"> rung hatte er dem Kurfürsten zuvor in einem längeren Schriftstücke mitgetheilt,<lb/> das, wie allgemein es auch gehalten ist, doch den Geist eifriger Pflichttreue<lb/> und größten Wohlwollens athmet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1060"> Das Fürstenthum Erfurt war feit 1664 endgiltig dem Stifte Mainz unter¬<lb/> worfen, obwohl die Stadt zur Hälfte, das platte Land fast ausschließlich evan¬<lb/> gelisch war. An der Spitze der landesherrlichen Verwaltung stand für die<lb/> Finanzen die Kammer, für die übrigen Ressorts ein Regierungskollegium von<lb/> sieben Räthen, in das erst seit 177? einige Protestanten Aufnahme fanden;<lb/> diesem waren wieder die neun ländlichen Aemter untergeben. Dem Statthalter<lb/> blieb wenig mehr als eine allgemeine Oberleitung, für Dalberg unzweifelhaft<lb/> das Erwünschteste. Während er nun das eigentlich Technische der Verwaltung<lb/> seinen Räthen überließ und seit 1781 besonders an dem Geheimen Rathe von<lb/> Belmont, früher Stadtschultheiß von Erfurt, eine feste Stütze fand, war er<lb/> eifrig bemüht, die ganze Verwaltung mit dem Geiste des aufgeklärten Absolu¬<lb/> tismus zu durchdringen, den Wohlstand zu fördern, die geistige Bildung zu<lb/> heben, und er hat Dankenswertes darin geleistet. Er reorganisirte die seit<lb/> 1755 bestehende Merkantildeputation, sorgte für Erleichterung oder Erlaß der<lb/> Frohnden, für Beschränkung des Wildstandes und den Anbau wüster Stellen,<lb/> gab eine Brandassekuranz- und Bauordnung und gründete ein Polizeihaus für<lb/> Arbeitsscheue oder Arbeitslose und eine Leihanstalt. Dagegen blieb seine Be¬<lb/> mühung, für den ganzen Kurstaat nach dem Vorgange Friedrichs des Großen<lb/> und Maria Theresias die Tortur abzuschaffen, vergeblich. Mit besonderer Vor¬<lb/> liebe widmete sich Dalberg der Aufgabe, die geistige Bildung zu fördern. Die<lb/> schon 1754 gegründete, dann aber in Verfall gerathene Akademie der nützlichen<lb/> Wissenschaften wurde unter seiner Leitung und thätigen Theilnahme reorgani-<lb/> sirt; sie hat ihre Arbeiten, z. Th. Lösung von Preisaufgaben, von 1776 bis<lb/> 1779 in besonderen Akten publizirt. Für die Universität, deren Blüthezeit<lb/> freilich längst vorüber war, die aber 1768 von Emmerich Josef eine neue<lb/> Organisation empfangen hatte, geschah ebenfalls manches, namentlich zur För¬<lb/> derung des medizinischen und staatswissenschaftlicher Studiums; für das letztere<lb/> wurde 1797 eine besondere Prüfungskommission errichtet, für das erstere ein<lb/> chemisches Laboratorium geschaffen, wo zugleich populäre Vorlesungen gehalten<lb/> wurden. Die Universitätsbibliothek erhielt durch die Büchersammlung des auf¬<lb/> gehobenen Jesuitenkollegs eine erhebliche Vermehrung. So konnte i. I. 1792<lb/> mit Hoffnungen für die Zukunft das vierhundertjährige Jubiläum der Anstalt<lb/> gefeiert werden. Selbst für die Entwickelung des geselligen Lebens in Erfurt<lb/> sorgte der Statthalter durch wöchentliche Assemblern, bei denen die Mitglieder<lb/> der verschiedensten Stände sich zwanglos zu anregendem Verkehr vereinigten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1061" next="#ID_1062"> Der lange Aufenthalt in Erfurt brachte Dalberg auch in Verbindung mit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0352]
rung hatte er dem Kurfürsten zuvor in einem längeren Schriftstücke mitgetheilt,
das, wie allgemein es auch gehalten ist, doch den Geist eifriger Pflichttreue
und größten Wohlwollens athmet.
Das Fürstenthum Erfurt war feit 1664 endgiltig dem Stifte Mainz unter¬
worfen, obwohl die Stadt zur Hälfte, das platte Land fast ausschließlich evan¬
gelisch war. An der Spitze der landesherrlichen Verwaltung stand für die
Finanzen die Kammer, für die übrigen Ressorts ein Regierungskollegium von
sieben Räthen, in das erst seit 177? einige Protestanten Aufnahme fanden;
diesem waren wieder die neun ländlichen Aemter untergeben. Dem Statthalter
blieb wenig mehr als eine allgemeine Oberleitung, für Dalberg unzweifelhaft
das Erwünschteste. Während er nun das eigentlich Technische der Verwaltung
seinen Räthen überließ und seit 1781 besonders an dem Geheimen Rathe von
Belmont, früher Stadtschultheiß von Erfurt, eine feste Stütze fand, war er
eifrig bemüht, die ganze Verwaltung mit dem Geiste des aufgeklärten Absolu¬
tismus zu durchdringen, den Wohlstand zu fördern, die geistige Bildung zu
heben, und er hat Dankenswertes darin geleistet. Er reorganisirte die seit
1755 bestehende Merkantildeputation, sorgte für Erleichterung oder Erlaß der
Frohnden, für Beschränkung des Wildstandes und den Anbau wüster Stellen,
gab eine Brandassekuranz- und Bauordnung und gründete ein Polizeihaus für
Arbeitsscheue oder Arbeitslose und eine Leihanstalt. Dagegen blieb seine Be¬
mühung, für den ganzen Kurstaat nach dem Vorgange Friedrichs des Großen
und Maria Theresias die Tortur abzuschaffen, vergeblich. Mit besonderer Vor¬
liebe widmete sich Dalberg der Aufgabe, die geistige Bildung zu fördern. Die
schon 1754 gegründete, dann aber in Verfall gerathene Akademie der nützlichen
Wissenschaften wurde unter seiner Leitung und thätigen Theilnahme reorgani-
sirt; sie hat ihre Arbeiten, z. Th. Lösung von Preisaufgaben, von 1776 bis
1779 in besonderen Akten publizirt. Für die Universität, deren Blüthezeit
freilich längst vorüber war, die aber 1768 von Emmerich Josef eine neue
Organisation empfangen hatte, geschah ebenfalls manches, namentlich zur För¬
derung des medizinischen und staatswissenschaftlicher Studiums; für das letztere
wurde 1797 eine besondere Prüfungskommission errichtet, für das erstere ein
chemisches Laboratorium geschaffen, wo zugleich populäre Vorlesungen gehalten
wurden. Die Universitätsbibliothek erhielt durch die Büchersammlung des auf¬
gehobenen Jesuitenkollegs eine erhebliche Vermehrung. So konnte i. I. 1792
mit Hoffnungen für die Zukunft das vierhundertjährige Jubiläum der Anstalt
gefeiert werden. Selbst für die Entwickelung des geselligen Lebens in Erfurt
sorgte der Statthalter durch wöchentliche Assemblern, bei denen die Mitglieder
der verschiedensten Stände sich zwanglos zu anregendem Verkehr vereinigten.
Der lange Aufenthalt in Erfurt brachte Dalberg auch in Verbindung mit
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