Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.Gehalt, verfolgte da ein philosophisches Problem, arbeitete dort wieder mit Mit inimer erneuter Verwunderung betrachte ich mir die Sammlung Neben seinem publizistischen Wirken ging das literarische her. Hat er mit Gehalt, verfolgte da ein philosophisches Problem, arbeitete dort wieder mit Mit inimer erneuter Verwunderung betrachte ich mir die Sammlung Neben seinem publizistischen Wirken ging das literarische her. Hat er mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0281" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/143336"/> <p xml:id="ID_818" prev="#ID_817"> Gehalt, verfolgte da ein philosophisches Problem, arbeitete dort wieder mit<lb/> grausamer Schärfe der Analyse.</p><lb/> <p xml:id="ID_819"> Mit inimer erneuter Verwunderung betrachte ich mir die Sammlung<lb/> politischer und kirchlicher Feuilletons, die Kürnberger unter dem Namen „Siegel¬<lb/> ringe" zusammengestellt hat. Es find da seine vollendetsten Arbeiten politischer<lb/> Gattung beisammen, Arbeiten eines Genres, in welchem er geradezu unerreichter<lb/> Meister ist. Er begleitet den Gang der österreichischen Politik zehn Jahre hin¬<lb/> durch von Belcredi bis Hohenwart. Dies wäre eigentlich wenig erfreulich, er<lb/> überschaut aber auch dabei den ganzen gewaltigen Zeitraum, in welchen solche<lb/> Dinge fallen wie: das Vierteljahr nach Königgrätz — die Publizirung des<lb/> Syllabus — das Concil — die Unfehlbarkeitserklärung — der deutsch-fran¬<lb/> zösische Krieg — der Kampf der Klerikalen gegen die Schulgesetze. Solche<lb/> Themata sind wie für seine Feder geschaffen, und er behandelt sie in einer<lb/> Weise, die bald an Börne, bald an Proudhon erinnert. Die Form verräth die<lb/> höchste schöpferische Phantasie und zeigt dabei vollendete künstlerische Ausge¬<lb/> staltung. Der radikale Zorn, der Grimm gegen die, welche sich die Verdummung<lb/> und Ausbeutung der Massen zum Geschäfte machen, wählt und findet immer<lb/> neue Formen des Angriffs. Fast jedes einzelne Pamphlet ist ein Kunstwerk.<lb/> Der Autor geht auf die verschiedenen Ungethüme der Zeit mit den wunder¬<lb/> barsten Waffen los, mit ciselirten Dolchen und mit Flinten, die mit Elfenbein<lb/> und Rubinen ausgelegt sind. Er schießt und sticht mit einer Eleganz, die zur<lb/> Bewunderung hinreißt. Das Buch ist ein Museum von Damascenerklingen<lb/> und Gewehren, die man noch bewundern wird, wenn die Unthiere, gegen die<lb/> sie gebraucht wurden, bereits mythisch sein werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_820" next="#ID_821"> Neben seinem publizistischen Wirken ging das literarische her. Hat er mit<lb/> diesem die Erwartungen erfüllt, zu denen sein erster Roman berechtigte? Ja und<lb/> nein. Allerdings gab er uns keinen großen Roman mehr, aber wir finden<lb/> unter seinen zahlreichen Novellen eine ganze Reihe kleiner Dichtungen, in denen<lb/> er im knappsten Raume die umfassendste Menschenkenntniß, eine Fülle der fein¬<lb/> sten Reflexionen niedergelegt hat, und wieder größerer Novellen, welche im Fache<lb/> der Naturschilderung das Höchste leisten. Wieder halte ich bewundernd stille<lb/> vor einer Dichtung: Mimet und der Derwisch" (Novellen, 1878, Berlin).<lb/> Es ist eine Kleinigkeit, vielleicht nicht 20 Seiten lang, ein Märchen- Aber es<lb/> ist ein Juwel, und Juwele haben keinen großen Umfang. Es ist ein Kunstwerk,<lb/> in seiner Art so vollendet, so von Gedanken erfüllt, so wunderbar von Licht<lb/> getränkt — es läßt sich keine Idee davon geben. Das ist eine Dichtung, welche<lb/> jeder, der überhaupt liest, kennen sollte, eine Dichtung, die dem, der sie ge¬<lb/> schrieben, UnVergänglichkeit des Namens verleiht, wenn er auch weiter nichts<lb/> geliefert hätte. In einem jetzt kaum mehr üblichen Gewände, in der Form der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0281]
Gehalt, verfolgte da ein philosophisches Problem, arbeitete dort wieder mit
grausamer Schärfe der Analyse.
Mit inimer erneuter Verwunderung betrachte ich mir die Sammlung
politischer und kirchlicher Feuilletons, die Kürnberger unter dem Namen „Siegel¬
ringe" zusammengestellt hat. Es find da seine vollendetsten Arbeiten politischer
Gattung beisammen, Arbeiten eines Genres, in welchem er geradezu unerreichter
Meister ist. Er begleitet den Gang der österreichischen Politik zehn Jahre hin¬
durch von Belcredi bis Hohenwart. Dies wäre eigentlich wenig erfreulich, er
überschaut aber auch dabei den ganzen gewaltigen Zeitraum, in welchen solche
Dinge fallen wie: das Vierteljahr nach Königgrätz — die Publizirung des
Syllabus — das Concil — die Unfehlbarkeitserklärung — der deutsch-fran¬
zösische Krieg — der Kampf der Klerikalen gegen die Schulgesetze. Solche
Themata sind wie für seine Feder geschaffen, und er behandelt sie in einer
Weise, die bald an Börne, bald an Proudhon erinnert. Die Form verräth die
höchste schöpferische Phantasie und zeigt dabei vollendete künstlerische Ausge¬
staltung. Der radikale Zorn, der Grimm gegen die, welche sich die Verdummung
und Ausbeutung der Massen zum Geschäfte machen, wählt und findet immer
neue Formen des Angriffs. Fast jedes einzelne Pamphlet ist ein Kunstwerk.
Der Autor geht auf die verschiedenen Ungethüme der Zeit mit den wunder¬
barsten Waffen los, mit ciselirten Dolchen und mit Flinten, die mit Elfenbein
und Rubinen ausgelegt sind. Er schießt und sticht mit einer Eleganz, die zur
Bewunderung hinreißt. Das Buch ist ein Museum von Damascenerklingen
und Gewehren, die man noch bewundern wird, wenn die Unthiere, gegen die
sie gebraucht wurden, bereits mythisch sein werden.
Neben seinem publizistischen Wirken ging das literarische her. Hat er mit
diesem die Erwartungen erfüllt, zu denen sein erster Roman berechtigte? Ja und
nein. Allerdings gab er uns keinen großen Roman mehr, aber wir finden
unter seinen zahlreichen Novellen eine ganze Reihe kleiner Dichtungen, in denen
er im knappsten Raume die umfassendste Menschenkenntniß, eine Fülle der fein¬
sten Reflexionen niedergelegt hat, und wieder größerer Novellen, welche im Fache
der Naturschilderung das Höchste leisten. Wieder halte ich bewundernd stille
vor einer Dichtung: Mimet und der Derwisch" (Novellen, 1878, Berlin).
Es ist eine Kleinigkeit, vielleicht nicht 20 Seiten lang, ein Märchen- Aber es
ist ein Juwel, und Juwele haben keinen großen Umfang. Es ist ein Kunstwerk,
in seiner Art so vollendet, so von Gedanken erfüllt, so wunderbar von Licht
getränkt — es läßt sich keine Idee davon geben. Das ist eine Dichtung, welche
jeder, der überhaupt liest, kennen sollte, eine Dichtung, die dem, der sie ge¬
schrieben, UnVergänglichkeit des Namens verleiht, wenn er auch weiter nichts
geliefert hätte. In einem jetzt kaum mehr üblichen Gewände, in der Form der
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