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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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hätte sie wohl kaum ihren Namen und ihre Autorität zu dem beabsichtigten
Komplotte Rantzau's hergegeben, wäre es nicht gelungen, ihr den Glauben bei¬
zubringen, Struensee stehe im Begriff, den König zu entthronen. Um das könig¬
liche Haus und den Staat zu retten, trat sie der Verschwörung bei. In ihren
Gemächern wurde der Plan zu der furchtbaren Katastrophe vom 17. Januar
1772 entworfen.

Struensee wie die Königin waren gänzlich ahnungslos hinsichtlich des
Schlages, der sie beide zu gleicher Zeit treffen sollte. Sie tanzten noch mit
einander in der verhängnißvollen Nacht auf einem Ball im Schlosse. Wenige
Stunden darauf waren sie Gefangene. In ihren Schlafzimmern wurden sie über¬
fallen, Struensee nebst dem Grafen Brandt in die Zitadelle von Kopenhagen,
Mathilde nach dem Schlosse Kronborg bei Helsingör gebracht. Christian, den
die Verschwornen im Bette überrascht und durch die Versicherung zittern ge¬
macht hatten, daß sein Leben durch ein Komplot bedroht sei, hatte willenlos und
doch schadenfroh Alles niedergeschrieben und unterzeichnet, was man von ihm
verlangte.

Das Ende für Struensee war da. Er durfte nicht erwarten, daß von
denen, die jetzt die Regierung in die Hand nahmen, Gnade geübt werden würde.
Er wurde vor einen außerordentlichen Gerichtshof gestellt und von diesem ebenso
wie Brandt als Verbrecher an Staat und Majestät zum Tode verurtheilt. Das
Hauptvergehen, das man ihm zur Last legen konnte, war der Ehebruch mit
der Königin. Die gesammelten Zeugenaussagen waren zum Theil gravirendster
Art. Trotzdem versuchte er anfangs, zu leugnen; er berief sich auf seinen Ver¬
trauensposten als Arzt. Als er aber vernehmen mußte, daß auch die Königin
verhaftet sei, brach er zusammen und gestand, was zu leugnen er nicht mehr
den Muth hatte. Er sprach mit diesem Geständnisse, das die Geliebte so tief
erniedrigte/ sich selbst das Urtheil. Nachdem er noch im Kerker, gequält von
Gewissensbissen und unter dem Einfluß der Beredsamkeit des Pastor Münter,
sich wieder zu dem lange verleugneten Christenthume bekannt hatte, starb er am
Morgen des 28. April 1772 eines grausamen Todes. Es wurde ihm erst die
rechte Hand, dann der Kopf abgeschlagen, zuletzt noch der Rumpf zerstückelt.
Das gleiche Schicksal hatte unmittelbar vorher und vor seinen Augen Graf
Brandt erlitten. Mit seinem entsetzlichen Ende büßte Struensee die zahlreichen
Schwächen, die er im Glück wie im Unglück bewiese". Aber wenn er anch der
idealen Aufgabe, die er sich gestellt, sich nicht gewachsen zeigte, in jedem Falle
war er eine außergewöhnliche Erscheinung, der Dänemark für zahlreiche An¬
regungen und Einrichtungen zu stetem Danke verpflichtet bleibt.

Drei Jahre nach Struensee starb auch die Königin Karoline Mathilde, noch
nicht vier und zwanzig Jahre alt. Durch einen Spruch des Gerichtshofes wurde


hätte sie wohl kaum ihren Namen und ihre Autorität zu dem beabsichtigten
Komplotte Rantzau's hergegeben, wäre es nicht gelungen, ihr den Glauben bei¬
zubringen, Struensee stehe im Begriff, den König zu entthronen. Um das könig¬
liche Haus und den Staat zu retten, trat sie der Verschwörung bei. In ihren
Gemächern wurde der Plan zu der furchtbaren Katastrophe vom 17. Januar
1772 entworfen.

Struensee wie die Königin waren gänzlich ahnungslos hinsichtlich des
Schlages, der sie beide zu gleicher Zeit treffen sollte. Sie tanzten noch mit
einander in der verhängnißvollen Nacht auf einem Ball im Schlosse. Wenige
Stunden darauf waren sie Gefangene. In ihren Schlafzimmern wurden sie über¬
fallen, Struensee nebst dem Grafen Brandt in die Zitadelle von Kopenhagen,
Mathilde nach dem Schlosse Kronborg bei Helsingör gebracht. Christian, den
die Verschwornen im Bette überrascht und durch die Versicherung zittern ge¬
macht hatten, daß sein Leben durch ein Komplot bedroht sei, hatte willenlos und
doch schadenfroh Alles niedergeschrieben und unterzeichnet, was man von ihm
verlangte.

Das Ende für Struensee war da. Er durfte nicht erwarten, daß von
denen, die jetzt die Regierung in die Hand nahmen, Gnade geübt werden würde.
Er wurde vor einen außerordentlichen Gerichtshof gestellt und von diesem ebenso
wie Brandt als Verbrecher an Staat und Majestät zum Tode verurtheilt. Das
Hauptvergehen, das man ihm zur Last legen konnte, war der Ehebruch mit
der Königin. Die gesammelten Zeugenaussagen waren zum Theil gravirendster
Art. Trotzdem versuchte er anfangs, zu leugnen; er berief sich auf seinen Ver¬
trauensposten als Arzt. Als er aber vernehmen mußte, daß auch die Königin
verhaftet sei, brach er zusammen und gestand, was zu leugnen er nicht mehr
den Muth hatte. Er sprach mit diesem Geständnisse, das die Geliebte so tief
erniedrigte/ sich selbst das Urtheil. Nachdem er noch im Kerker, gequält von
Gewissensbissen und unter dem Einfluß der Beredsamkeit des Pastor Münter,
sich wieder zu dem lange verleugneten Christenthume bekannt hatte, starb er am
Morgen des 28. April 1772 eines grausamen Todes. Es wurde ihm erst die
rechte Hand, dann der Kopf abgeschlagen, zuletzt noch der Rumpf zerstückelt.
Das gleiche Schicksal hatte unmittelbar vorher und vor seinen Augen Graf
Brandt erlitten. Mit seinem entsetzlichen Ende büßte Struensee die zahlreichen
Schwächen, die er im Glück wie im Unglück bewiese«. Aber wenn er anch der
idealen Aufgabe, die er sich gestellt, sich nicht gewachsen zeigte, in jedem Falle
war er eine außergewöhnliche Erscheinung, der Dänemark für zahlreiche An¬
regungen und Einrichtungen zu stetem Danke verpflichtet bleibt.

Drei Jahre nach Struensee starb auch die Königin Karoline Mathilde, noch
nicht vier und zwanzig Jahre alt. Durch einen Spruch des Gerichtshofes wurde


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/76>, abgerufen am 27.11.2024.