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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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die Sieger sich nun, nachdem sie eine Anzahl ihrer Krieger in Se. Ignaz
zurückgelassen, um den Rückzug des Hauptkorps zu decken, gleichfalls wendeten.

Die Zahl der Bevölkerung dieser Stadt betrug etwa 700; davon blieben
aber auf die Schreckenskunde vom Heranzuge der wilden Feinde nnr 80 Krieger
und die Kranken und Alten zurück, die nicht fliehen konnten, desgleichen Brebeuf
und Lalemant, deren Posten vor dem Rachen der Gefahr war, wo sie die
Kämpfer anzuspornen und den Sterbenden durch Taufe und Absolution den
Himmel zu öffnen hatten. Kaum waren die Flüchtlinge fort, als die Irokesen
gegen die Palissaden heranstürmten. Die Huronen vertheidigten sich mit der
größten Tapferkeit, todtsten mit ihren Bogen und den wenigen Gewehren, die
sie hatten, 30 der Angreifer und verwundeten eine große Anzahl. Zweimal
wichen die Irokesen zurück, und zweimal kamen sie wieder. Zuletzt zerhieben
sie die Palissaden an mehreren Stellen. Noch wehrten sich die Angegriffenen
eine Zeit lang an diesen Breschen, ermuthigt von den beiden Jesuiten, die immer
da erschienen, wo die Gefahr am größten war. Endlich brachen die stür¬
menden in die Stadt, steckten sie in Brand und nahmen alles, was nicht dabei
verbrannte oder im vorhergehenden Kampfe gefallen war, gefangen, darunter
auch die beiden Priester. Die Gefangenen wurden geknebelt nach Se. Ignaz
abgeführt, um später einen martervollen Tod zu sterben.

Nun zogen die Sieger, in verschiedene Banden getheilt, nach den benach¬
barten Orten, um sie ebenfalls niederzubrennen und sich dann zum Angriff
auf Sa inde Marie, der auf den nächsten Tag festgesetzt wurde, wieder zu
vereinigen. Dort herrschte, als man am Morgen des 17. März die irokesischen
Kundschafter am Saume des Waldes umherschleichen sah, große Beängstigung.
Ragneneau hatte vierzig wohlbewaffnete Franzosen in seiner Burg, aber die
Palissaden und die Holzgebände derselben hätten dem Feuer nicht widerstanden.
Die ganze Nacht hindurch stand man auf Wache. Am Morgen trafen ans
den Städten La Conception und Sainte Madeleine 300 Huronenkrieger ein,
meist Christen, ziemlich gut bewaffnet und voll Kampfbegierde. Andere sollten
bald nachfolgen, und es war hohe Zeit. Denn schon rückte die Vorhut der
Irokesen heran und trieb eine Schnur ihrer Gegner vor sich her. Jetzt aber
wendete sich das Blatt. Die anderen Huronen in und bei Sainte Marie
warfen sich mit solchem Ungestüm auf den Feind, daß er die Flucht ergriff
und sich bis nach den Trümmern von Se. Louis zurückzog, hinter dessen stehen¬
gebliebenen Palissaden er Posto faßte. Von hier durch die Sieger vertrieben,
flohen die Irokesen nach Se. Ignaz zu. Auf dem Wege stießen sie aber auf das
Hauptkorps der Ihrigen, und nun eilte der ganze wilde Schwarm nach Se. Louis
zurück, um die dort stehenden siegreich gewesenen Huronen zu vernichten. Hier
entspann sich ein hartnäckiger, verzweifelungsvoller Kampf. Die innerhalb der


die Sieger sich nun, nachdem sie eine Anzahl ihrer Krieger in Se. Ignaz
zurückgelassen, um den Rückzug des Hauptkorps zu decken, gleichfalls wendeten.

Die Zahl der Bevölkerung dieser Stadt betrug etwa 700; davon blieben
aber auf die Schreckenskunde vom Heranzuge der wilden Feinde nnr 80 Krieger
und die Kranken und Alten zurück, die nicht fliehen konnten, desgleichen Brebeuf
und Lalemant, deren Posten vor dem Rachen der Gefahr war, wo sie die
Kämpfer anzuspornen und den Sterbenden durch Taufe und Absolution den
Himmel zu öffnen hatten. Kaum waren die Flüchtlinge fort, als die Irokesen
gegen die Palissaden heranstürmten. Die Huronen vertheidigten sich mit der
größten Tapferkeit, todtsten mit ihren Bogen und den wenigen Gewehren, die
sie hatten, 30 der Angreifer und verwundeten eine große Anzahl. Zweimal
wichen die Irokesen zurück, und zweimal kamen sie wieder. Zuletzt zerhieben
sie die Palissaden an mehreren Stellen. Noch wehrten sich die Angegriffenen
eine Zeit lang an diesen Breschen, ermuthigt von den beiden Jesuiten, die immer
da erschienen, wo die Gefahr am größten war. Endlich brachen die stür¬
menden in die Stadt, steckten sie in Brand und nahmen alles, was nicht dabei
verbrannte oder im vorhergehenden Kampfe gefallen war, gefangen, darunter
auch die beiden Priester. Die Gefangenen wurden geknebelt nach Se. Ignaz
abgeführt, um später einen martervollen Tod zu sterben.

Nun zogen die Sieger, in verschiedene Banden getheilt, nach den benach¬
barten Orten, um sie ebenfalls niederzubrennen und sich dann zum Angriff
auf Sa inde Marie, der auf den nächsten Tag festgesetzt wurde, wieder zu
vereinigen. Dort herrschte, als man am Morgen des 17. März die irokesischen
Kundschafter am Saume des Waldes umherschleichen sah, große Beängstigung.
Ragneneau hatte vierzig wohlbewaffnete Franzosen in seiner Burg, aber die
Palissaden und die Holzgebände derselben hätten dem Feuer nicht widerstanden.
Die ganze Nacht hindurch stand man auf Wache. Am Morgen trafen ans
den Städten La Conception und Sainte Madeleine 300 Huronenkrieger ein,
meist Christen, ziemlich gut bewaffnet und voll Kampfbegierde. Andere sollten
bald nachfolgen, und es war hohe Zeit. Denn schon rückte die Vorhut der
Irokesen heran und trieb eine Schnur ihrer Gegner vor sich her. Jetzt aber
wendete sich das Blatt. Die anderen Huronen in und bei Sainte Marie
warfen sich mit solchem Ungestüm auf den Feind, daß er die Flucht ergriff
und sich bis nach den Trümmern von Se. Louis zurückzog, hinter dessen stehen¬
gebliebenen Palissaden er Posto faßte. Von hier durch die Sieger vertrieben,
flohen die Irokesen nach Se. Ignaz zu. Auf dem Wege stießen sie aber auf das
Hauptkorps der Ihrigen, und nun eilte der ganze wilde Schwarm nach Se. Louis
zurück, um die dort stehenden siegreich gewesenen Huronen zu vernichten. Hier
entspann sich ein hartnäckiger, verzweifelungsvoller Kampf. Die innerhalb der


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[0420] die Sieger sich nun, nachdem sie eine Anzahl ihrer Krieger in Se. Ignaz zurückgelassen, um den Rückzug des Hauptkorps zu decken, gleichfalls wendeten. Die Zahl der Bevölkerung dieser Stadt betrug etwa 700; davon blieben aber auf die Schreckenskunde vom Heranzuge der wilden Feinde nnr 80 Krieger und die Kranken und Alten zurück, die nicht fliehen konnten, desgleichen Brebeuf und Lalemant, deren Posten vor dem Rachen der Gefahr war, wo sie die Kämpfer anzuspornen und den Sterbenden durch Taufe und Absolution den Himmel zu öffnen hatten. Kaum waren die Flüchtlinge fort, als die Irokesen gegen die Palissaden heranstürmten. Die Huronen vertheidigten sich mit der größten Tapferkeit, todtsten mit ihren Bogen und den wenigen Gewehren, die sie hatten, 30 der Angreifer und verwundeten eine große Anzahl. Zweimal wichen die Irokesen zurück, und zweimal kamen sie wieder. Zuletzt zerhieben sie die Palissaden an mehreren Stellen. Noch wehrten sich die Angegriffenen eine Zeit lang an diesen Breschen, ermuthigt von den beiden Jesuiten, die immer da erschienen, wo die Gefahr am größten war. Endlich brachen die stür¬ menden in die Stadt, steckten sie in Brand und nahmen alles, was nicht dabei verbrannte oder im vorhergehenden Kampfe gefallen war, gefangen, darunter auch die beiden Priester. Die Gefangenen wurden geknebelt nach Se. Ignaz abgeführt, um später einen martervollen Tod zu sterben. Nun zogen die Sieger, in verschiedene Banden getheilt, nach den benach¬ barten Orten, um sie ebenfalls niederzubrennen und sich dann zum Angriff auf Sa inde Marie, der auf den nächsten Tag festgesetzt wurde, wieder zu vereinigen. Dort herrschte, als man am Morgen des 17. März die irokesischen Kundschafter am Saume des Waldes umherschleichen sah, große Beängstigung. Ragneneau hatte vierzig wohlbewaffnete Franzosen in seiner Burg, aber die Palissaden und die Holzgebände derselben hätten dem Feuer nicht widerstanden. Die ganze Nacht hindurch stand man auf Wache. Am Morgen trafen ans den Städten La Conception und Sainte Madeleine 300 Huronenkrieger ein, meist Christen, ziemlich gut bewaffnet und voll Kampfbegierde. Andere sollten bald nachfolgen, und es war hohe Zeit. Denn schon rückte die Vorhut der Irokesen heran und trieb eine Schnur ihrer Gegner vor sich her. Jetzt aber wendete sich das Blatt. Die anderen Huronen in und bei Sainte Marie warfen sich mit solchem Ungestüm auf den Feind, daß er die Flucht ergriff und sich bis nach den Trümmern von Se. Louis zurückzog, hinter dessen stehen¬ gebliebenen Palissaden er Posto faßte. Von hier durch die Sieger vertrieben, flohen die Irokesen nach Se. Ignaz zu. Auf dem Wege stießen sie aber auf das Hauptkorps der Ihrigen, und nun eilte der ganze wilde Schwarm nach Se. Louis zurück, um die dort stehenden siegreich gewesenen Huronen zu vernichten. Hier entspann sich ein hartnäckiger, verzweifelungsvoller Kampf. Die innerhalb der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/420>, abgerufen am 27.11.2024.