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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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war. Natürlich erleiden diese Fremdnamen dieselben Veränderungen, die wir
bei den deutschen Personennamen wahrgenommen haben. Sie erscheinen häufig
im Genetiv, wie Matthäi, Lucä, Pauli, Andreä, Jacobs oder Jacobi, oder mit
der Endung Sohn, sen, wie Jacobssohn, Matthison (Matthias' Sohn),
Marcnsen, Paulsen, Umdrehen. Sie werden zusammengezogen wie Matthäus
zu Matthes und Matz, Johannes zu John, Jahr, Marcus zu Marx, Lucas zu
Laux, Jacobus zu Jack. Bei diesen Koseformen wurden, während bei den
deutschen meist die Endsilben abgeworfen werden, umgekehrt häufig die ersten
Silben weggelassen, ein Unterschied, der sich aus der Verschiedenheit der
Betonung erklärt. So ist Möwes, Mewes die Koseform von Bartholomäus;
Weiterbildungen davon sind Möbius und Mevissen. So wird aus Johannes
neben John und Jahu auch Haus, mit der Verkleinernngsendung Häusel,
Hensel, Häntschel, Henschel, Hänicke, Henke, Hänichen, Hänisch, Handfeste u. a.
Aus Liborius wird Borries, aus Christophorus stosset, aus Jacob Kop oder
Koop (Koppel, Kopie), aus Nicolaus Clas oder Claus, aus Philippus Lips
oder latinisirt Lipsius.

Die zweite Hauptklasse der Familiennamen fassen wir zusammen nnter
dem Begriffe Beinamen. Ursprünglich wurden diese nur zum eigentlichen
Personennamen hinzugefügt, um den Trüger dieses Namens von anderen
Personen desselben Namens zu unterscheiden. Das Nächstliegende hierfür war
die Angabe der Herkunft, des Ortes, welchem der betreffende angehörte. Den
Minnesänger Hartmann unterschied man von anderen Personen Namens Hart¬
mann durch den Zusatz "von Ane". nannten sich seine Nachkommen ebenso nach
ihrem Stammsitz, so lag es nahe, daß sich aus diesem Beinamen allmählich
ein Familienname von Ane entwickelte. Daher stammen ja die eigentlichen
adelichen Namen, die an eine Ortsbezeichnung anknüpften, wie von Bismarck,
von der zum ehemaligen Bisthum Magdeburg gehörigen Stadt Bismark (d. h.
Bischofs- oder Bisthums - Grenze), während das "von" vor anderen Namen,
besonders vor Gewerbsbezeichnungen, wie von Müller, von Schneider, vom
Standpunkte der Sprache betrachtet eine Ungeheuerlichkeit ist.") Neben dem
"von" gibt es auch andere Präpositionen zur Angabe der Herkunft. Bekannt
sind die Familiennamen am Ende, d. h. am Ende der Stadt wohnend, woraus
Meute und Amen geworden ist, Amthor d. h. am Thore wohnend, aus dem



Anm- d. Red.
Jacob Grimm sagte schon in der Frankfurter Nationalversammlung am 1. August
1348: "Immer ist es mir erschienen, daß, was in der Sprache albern und sinnlos scheint,
es auch im Leben ist. Ein Heinrich von Kronberg, ein Heinrich von Weiszenstein, das hat
Sinn; aber es klingt unsinnig: ein Herr von Goethe, ein Herr von Schiller, ein Herr von
Müller; denn Müller, Goethe und Schiller sind niemals Orte gewesen."
Grenzboten III. 1879. 43

war. Natürlich erleiden diese Fremdnamen dieselben Veränderungen, die wir
bei den deutschen Personennamen wahrgenommen haben. Sie erscheinen häufig
im Genetiv, wie Matthäi, Lucä, Pauli, Andreä, Jacobs oder Jacobi, oder mit
der Endung Sohn, sen, wie Jacobssohn, Matthison (Matthias' Sohn),
Marcnsen, Paulsen, Umdrehen. Sie werden zusammengezogen wie Matthäus
zu Matthes und Matz, Johannes zu John, Jahr, Marcus zu Marx, Lucas zu
Laux, Jacobus zu Jack. Bei diesen Koseformen wurden, während bei den
deutschen meist die Endsilben abgeworfen werden, umgekehrt häufig die ersten
Silben weggelassen, ein Unterschied, der sich aus der Verschiedenheit der
Betonung erklärt. So ist Möwes, Mewes die Koseform von Bartholomäus;
Weiterbildungen davon sind Möbius und Mevissen. So wird aus Johannes
neben John und Jahu auch Haus, mit der Verkleinernngsendung Häusel,
Hensel, Häntschel, Henschel, Hänicke, Henke, Hänichen, Hänisch, Handfeste u. a.
Aus Liborius wird Borries, aus Christophorus stosset, aus Jacob Kop oder
Koop (Koppel, Kopie), aus Nicolaus Clas oder Claus, aus Philippus Lips
oder latinisirt Lipsius.

Die zweite Hauptklasse der Familiennamen fassen wir zusammen nnter
dem Begriffe Beinamen. Ursprünglich wurden diese nur zum eigentlichen
Personennamen hinzugefügt, um den Trüger dieses Namens von anderen
Personen desselben Namens zu unterscheiden. Das Nächstliegende hierfür war
die Angabe der Herkunft, des Ortes, welchem der betreffende angehörte. Den
Minnesänger Hartmann unterschied man von anderen Personen Namens Hart¬
mann durch den Zusatz „von Ane". nannten sich seine Nachkommen ebenso nach
ihrem Stammsitz, so lag es nahe, daß sich aus diesem Beinamen allmählich
ein Familienname von Ane entwickelte. Daher stammen ja die eigentlichen
adelichen Namen, die an eine Ortsbezeichnung anknüpften, wie von Bismarck,
von der zum ehemaligen Bisthum Magdeburg gehörigen Stadt Bismark (d. h.
Bischofs- oder Bisthums - Grenze), während das „von" vor anderen Namen,
besonders vor Gewerbsbezeichnungen, wie von Müller, von Schneider, vom
Standpunkte der Sprache betrachtet eine Ungeheuerlichkeit ist.") Neben dem
„von" gibt es auch andere Präpositionen zur Angabe der Herkunft. Bekannt
sind die Familiennamen am Ende, d. h. am Ende der Stadt wohnend, woraus
Meute und Amen geworden ist, Amthor d. h. am Thore wohnend, aus dem



Anm- d. Red.
Jacob Grimm sagte schon in der Frankfurter Nationalversammlung am 1. August
1348: „Immer ist es mir erschienen, daß, was in der Sprache albern und sinnlos scheint,
es auch im Leben ist. Ein Heinrich von Kronberg, ein Heinrich von Weiszenstein, das hat
Sinn; aber es klingt unsinnig: ein Herr von Goethe, ein Herr von Schiller, ein Herr von
Müller; denn Müller, Goethe und Schiller sind niemals Orte gewesen."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/335>, abgerufen am 27.11.2024.