Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.griffe man sich verschiedenes denken konnte, schrieb auch die Puletua-Partei an Um sich aus dieser höchst unerquicklichen Lage zu retten, berief die griffe man sich verschiedenes denken konnte, schrieb auch die Puletua-Partei an Um sich aus dieser höchst unerquicklichen Lage zu retten, berief die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0290" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142787"/> <p xml:id="ID_856" prev="#ID_855"> griffe man sich verschiedenes denken konnte, schrieb auch die Puletua-Partei an<lb/> den Präsidenten der Vereinigten Staaten, erklärte aber ausdrücklich, die Samo-<lb/> aner wünschten weiter nichts als zuverlässige konsularische Vertreter und Gleich¬<lb/> stellung aller Nationen. Es kam denn auch soweit, daß die amerikanische<lb/> Regierung eiuen Freundschaftsvertrag mit den Taimucis abschloß, aber die Pro¬<lb/> tektion ablehnte, da die Vereinigten Staaten nicht daran denken, irgend welche<lb/> Annexionspolitik zu treiben. Während dieser allgemeinen Verwirrung gelang<lb/> es dem energischen Vorgehen des mittleren Distrikts von Upolu, der von der<lb/> Insel Manono und dem größeren Theile Savaii's insgeheim unterstützt wurde,<lb/> in der Person des Onkels des entthronten Königs Malietoa dem Staate ein<lb/> neues Oberhaupt zu geben und ihn in der Regiernngshauptstadt Mulinua,<lb/> nicht weit von Apia gelegen, einzusetzen trotz des lebhaftesten Protestes der<lb/> gegnerischen Partei, die sich nicht stark genug fühlte, die Kriegserklärung ihrer<lb/> Gegner im Falle der Ausweisung anzunehmen. So kam es, daß auf diesen<lb/> Inseln ein Zustand existirte, wie er sonst wohl selten vorkommen dürfte: Der<lb/> König befindet sich unter dem Schutze einer ihm feindlichen Partei, die es ans<lb/> Furcht für ihre eigne Existenz über sich gewinnen muß, ihn in der eignen<lb/> Mitte zu sehen, trotzdem daß sie in einem der früheren Kriege dnrch die Hilfe<lb/> der Tupua ans Unter gekommen. Zum bessern Verständniß dieser Verhältnisse<lb/> sei noch bemerkt, daß seit mehreren Jahrhunderten auf Samoa zwei Königs¬<lb/> familien bestehen, die Tupua und Malietoa. Die erstere ist nach den Tradi¬<lb/> tionen die ältere und glaubt den größeren Anspruch auf den Thron zu haben,<lb/> während die jüngere in den letzten Jahrhunderten bis ans die neuesten Ver¬<lb/> wickelungen den Thron zu behaupten wußte. Diese entstammt übrigens auch<lb/> der Tupua und hat sich von dieser zu der Zeit abgezweigt, wo ein jüngerer<lb/> Sproß Samoa von der Fremdherrschaft der Tonganer befreite und wegen<lb/> seiner Tapferkeit den Namen Malietoa, „starker Hort, tapferer Held", und damit<lb/> zugleich den Thron erhielt. Der Tupua gibt es so viele, daß fast jedes Dorf<lb/> den Thron für einen Tupua haben will, während die Familie der Malietoa<lb/> jetzt nur noch auf vier Augen ruht, und die beiden Repräsentanten derselben sich<lb/> dahin geeinigt haben, daß wenn einer von ihnen an die Spitze des Staates<lb/> gelangt, der andre seine Ansprüche nicht geltend machen will. Einer von ihnen<lb/> hat um so größere Chancen für sich, als ihre Familie sich allgemeiner Achtung<lb/> erfreut, während die Tupua vielfach heruntergekommen sind und keinen Kriegs-<lb/> ruhm aufzuweisen haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_857" next="#ID_858"> Um sich aus dieser höchst unerquicklichen Lage zu retten, berief die<lb/> faktische Regierung einen gewissen General Bartlett, von dem man aller¬<lb/> dings nicht weiß, wo und wann er sich diesen Rang erworben hat, eben¬<lb/> falls einen Amerikaner, auf den dornenvollen Posten eines Premierministers,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0290]
griffe man sich verschiedenes denken konnte, schrieb auch die Puletua-Partei an
den Präsidenten der Vereinigten Staaten, erklärte aber ausdrücklich, die Samo-
aner wünschten weiter nichts als zuverlässige konsularische Vertreter und Gleich¬
stellung aller Nationen. Es kam denn auch soweit, daß die amerikanische
Regierung eiuen Freundschaftsvertrag mit den Taimucis abschloß, aber die Pro¬
tektion ablehnte, da die Vereinigten Staaten nicht daran denken, irgend welche
Annexionspolitik zu treiben. Während dieser allgemeinen Verwirrung gelang
es dem energischen Vorgehen des mittleren Distrikts von Upolu, der von der
Insel Manono und dem größeren Theile Savaii's insgeheim unterstützt wurde,
in der Person des Onkels des entthronten Königs Malietoa dem Staate ein
neues Oberhaupt zu geben und ihn in der Regiernngshauptstadt Mulinua,
nicht weit von Apia gelegen, einzusetzen trotz des lebhaftesten Protestes der
gegnerischen Partei, die sich nicht stark genug fühlte, die Kriegserklärung ihrer
Gegner im Falle der Ausweisung anzunehmen. So kam es, daß auf diesen
Inseln ein Zustand existirte, wie er sonst wohl selten vorkommen dürfte: Der
König befindet sich unter dem Schutze einer ihm feindlichen Partei, die es ans
Furcht für ihre eigne Existenz über sich gewinnen muß, ihn in der eignen
Mitte zu sehen, trotzdem daß sie in einem der früheren Kriege dnrch die Hilfe
der Tupua ans Unter gekommen. Zum bessern Verständniß dieser Verhältnisse
sei noch bemerkt, daß seit mehreren Jahrhunderten auf Samoa zwei Königs¬
familien bestehen, die Tupua und Malietoa. Die erstere ist nach den Tradi¬
tionen die ältere und glaubt den größeren Anspruch auf den Thron zu haben,
während die jüngere in den letzten Jahrhunderten bis ans die neuesten Ver¬
wickelungen den Thron zu behaupten wußte. Diese entstammt übrigens auch
der Tupua und hat sich von dieser zu der Zeit abgezweigt, wo ein jüngerer
Sproß Samoa von der Fremdherrschaft der Tonganer befreite und wegen
seiner Tapferkeit den Namen Malietoa, „starker Hort, tapferer Held", und damit
zugleich den Thron erhielt. Der Tupua gibt es so viele, daß fast jedes Dorf
den Thron für einen Tupua haben will, während die Familie der Malietoa
jetzt nur noch auf vier Augen ruht, und die beiden Repräsentanten derselben sich
dahin geeinigt haben, daß wenn einer von ihnen an die Spitze des Staates
gelangt, der andre seine Ansprüche nicht geltend machen will. Einer von ihnen
hat um so größere Chancen für sich, als ihre Familie sich allgemeiner Achtung
erfreut, während die Tupua vielfach heruntergekommen sind und keinen Kriegs-
ruhm aufzuweisen haben.
Um sich aus dieser höchst unerquicklichen Lage zu retten, berief die
faktische Regierung einen gewissen General Bartlett, von dem man aller¬
dings nicht weiß, wo und wann er sich diesen Rang erworben hat, eben¬
falls einen Amerikaner, auf den dornenvollen Posten eines Premierministers,
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